Die Filmindustrie hat einen ersten Sieg erzielt

Im New Yorker Prozess wurde dem Angeklagten verboten, den Code von DeCSS, dem Umgehungsprogramm für die DVD-Verschlüsselung, zu veröffentlichen oder Hyperlinks auf Websites mit dem Programm zu legen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 152 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Florian Rötzer

Im New Yorker Prozess wurde dem Angeklagten verboten, den Code von DeCSS, dem Umgehungsprogramm für die DVD-Verschlüsselung, zu veröffentlichen oder Hyperlinks auf Websites mit dem Programm zu legen. Der New Yorker Richter Lewis Kaplan begründete das Verbot in seinem über 90 Seiten langen Urteil wesentlich damit, dass Computercode nicht prinzipiell, wie die Angeklagtenseite ins Feld führte, von der amerikanischen Verfassung als Meinungsfreiheit geschützt sei. Code könne für politische oder künstlerische Aussagen benutzt werden, aber ihn zur Verletzung des Urheberrechts zu verwenden, sei schlichtweg illegal.

Der Prozess der Motion Picture Association of America gegen Emmanuel Goldstein bzw. Eric Corley, dem Herausgeber des Magazins 2600 Hacker Quarterly und den Betreiber der entsprechenden Website 2600.com, gilt ebenso wie der Prozess, den die Musikindustrie gegen Napster führt, als entscheidender Schritt für die Auslegung der Urheberrechte im digitalen Zeitalter. Goldstein wurde wegen der Verbreitung von DeCSS verklagt, mit dem sich kopiergeschützte DVD-Videos entschlüsseln lassen, was gegen den Digital Millennium Copyright Act (DMCA) verstoße, der 1998 in Kraft getreten ist. Auch in Europa steht ein dem DMCA vergleichbares Urheberrechtsgesetz an.

Wichtigster Punkt der Anklage und wichtigster Gegenstand des Prozesses ist dabei der Paragraph, der jede "Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen" verbietet. Schon im Januar hatten die Kläger von Richter Kaplan eine einstweilige Verfügung gegen die Verbreitung von DeCSS erwirkt, die jetzt von ihm in seinem Urteil noch einmal bekräftigt wurde.

Vermutlich werden die von der Electronic Frontier Foundation finanzierten Verteidiger in Berufung gehen. Goldstein und seine Verteidiger hatten vor allem darauf abgezielt, dass Computercode von der Verfassung als "speech" geschützt sei und daher nicht in seiner Verbreitung eingeschränkt werden dürfe. Die dafür von der Verteidigung angeführten Argumente bezeichnete der Richter in seinem Urteil allerdings als "grundlos". So schrieb er beispielsweise: "In einem Zeitalter, in dem die Verbreitung von Computerviren ... Systeme stören kann, von denen die Nation abhängig ist, und in dem andere Computerprogramme auch Schaden verursachen können, muss es der Gesellschaft möglich sein, die Verwendung und Verbreitung von Code in angemessenen Umständen zu regulieren." Kaplan verglich die Verbreitung von Computercode über das Netz überdies mit einer Epidemie. Und weil die Verbreitung in Analogie zu einer Epidemie so gefährlich ist, darf nicht nur das Programm oder der Code nicht zum Herunterladen veröffentlicht werden, sondern sind nach Meinung des Richters auch Hyperlinks auf Websites verboten, die dieses Programm anbieten.

Für Martin Garbus, einen Verteidiger von Goldstein, stellt das Urteil eine Bedrohung des freien Informationsaustausches im Internet dar: "Es würde, da es in das freie Verlinken eingereift, eine der größten Hoffnungen des Internet beenden."

Mehr in Telepolis: Computercode ist ansteckend wie ein Virus. (fr)