Dot.Nokia, Dot.Lycos oder Dot.Weltgesundheitsorganisation
45 Bewerber haben sich bis zum 2. Oktober bei der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers ICANN um eine der begehrten neuen generic Top Level Domains (gTLD) beworben.
45 Bewerber haben sich bis zum 2. Oktober bei der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) um eine der begehrten neuen generic Top Level Domains (gTLD) beworben. Die ICANN veröffentlichte jetzt die Liste der Bewerber und der von ihnen vorgeschlagenen Domains. Harte Prüfungen hätten die Bewerber durchgemacht, sagt Werner Staub, Sekretär des in Genf angesiedelten Council of Registrars (CORE), der sich allein, im Konsortium mit einer Gruppe von ICANN-Registraren und als Technik-Provider mehrerer in Genf angesiedelter internationaler Organisationen beworben hat. "Hätte ICANN das Verfahren nicht so kompliziert und teuer gemacht," meint Staub, "hätte man wohl mit Hunderten von Bewerbern rechnen müssen."
Auch so steht ICANN vor einem sehr schwierigen Auswahlprozess. Da nur eine Handvoll neue Domains für die erste Runde ausgewählt werden soll, muss sie sich gute Gründe für die Ablehnung der Mehrzahl der Bewerber überlegen. Allein fünf Bewerbungen für eine gTLD .biz hat die Organisation erhalten, mehrfach stehen auch .kids, .xxx und .tel auf den Wunschlisten der mehrheitlich US-amerikanischen Domain-Provider. Ob die ICANN hier versuchen wird, auf Kooperationen hinzuwirken, ist noch nicht abzusehen und hängt letztlich auch davon ab, ob die einzelnen Registry-Modelle miteinander vereinbar sind. Einige Unternehmen haben sich bereits für ihre Bewerbungen zusammengetan. CORE etwa hat neben einer eigenen Bewerbung für persönliche Domains nach dem Muster lieschen.mueller.nom auch gemeinsam mit einer Gruppe von ICANN-akkreditierten Registraren mehrere Eisen im Feuer: .info, .web und .site. Für den .nom-Vorschlag konkurriert CORE mit einem anderen internationalen Konsortium, in dem sich auch Lycos engagiert. Daneben muss sich ICANN auch mit den Unternehmen auseinander setzen, die bereits alternative Rootserver betreiben. Gleich 118 verschiedene Domains meldete Paul Garrin, der ewige Gegner von Ex-Monopolist Network Solutions Inc. (NSI) und Gründer von Name.Space Inc., an, von .ads bis .zone.
Neben den üblichen Verdächtigen im Domaingeschäft gibt es auch ein paar unerwartete Bewerber. So möchte offensichtlich der Mobilfunkriese Nokia nun auch Registry für Domains wie .mobile, .mas oder .own werden. Novell hätte gerne die gTLD .dir. Dass bei den Bewerbungen aus Europa die Schweiz die Nase vorne hat, liegt an den Bewerbungen der International Air Transport Association (.travel), der Weltgesundheitsorganisation (.health) und des Weltpostvereins (.post), die allesamt ihren Sitz in der neutralen Schweiz haben. Für die beiden letztgenannten liefert CORE die Technik ebenso wie für .museum, der vom Schwedischen Naturkundemuseum in Stockholm koordiniert wird. Ein deutsches Unternehmen ist nicht auf der Liste.
Wie die mit grossen technischen Problemen angelaufene Direktoriums-Wahl durch die ICANN-Mitglieder wird auch dieses Auswahlverfahren ein Prüfstein für das Funktionieren von ICANN sein. Die Organisation wird zumindest versuchen müssen, einigermaßen mehrheitsfähige und gut begründete Entscheidungen zu fällen, warum sie bestimmten Domains den Zuschlag gibt und andere abweist.
Vorerst hat man sich eine "Quiet Period" ausgebeten, in der ICANNs Büro und die Direktoren möglichst keine Anfragen von Bewerbern und der Öffentlichkeit zum Verfahren beantworten wollen. "Mitglieder des Direktoriums haben in der vergangenen Zeit einen Strom von E-Mails zu den Bewerbungen erhalten. Obwohl sie sich der Öffentlichkeit für alle die ICANN betreffenden Fragen zur Verfügung stellen, haben sie uns gebeten, Bewerber, deren Unterstützer und Gegner und alle anderen auf das Diskussionforum aufmerksam zu machen, das am 9. November startet", so die Mahnung auf der ICANN-Seite, die zeigt, dass das Versprechen eines fairen, offenen Prozesses nicht leicht einzuhalten sein wird.
Mit gerichtlichen Auseinandersetzungen von abgewiesenen oder auf spätere Runden vertrösteten Bewerbern wird die ICANN allerdings ohnehin rechnen. Immerhin hat sie ihre Kriegskasse nicht schlecht gefüllt: Jeder der 45 Bewerber hat allein für die Teilnahme am Bewerbungsverfahren 50.000 US-Dollar vorweg bezahlt, macht 2,25 Millionen US-Dollar. (Monika Ermert) (jk)