Chicago: Vergnügungssteuer für Netflix, Spotify, Xbox & Co.

US-Kommunen wollen die Online-Wirtschaft besteuern. Die Steuerbehörde Chicagos hat alle Unterhaltungsdienste der Vergnügungssteuer unterworfen. Sechs Bürger klagen nun dagegen.

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Mann mit Kopfhöhrern und Laptop auf Sofa

Chicago bekämpft die elektronische Vergnügungssucht!

(Bild: dpa, Monique Wüstenhagen)

Lesezeit: 3 Min.

Viele Gebietskörperschaften in den USA erhöhen ihre Einnahmen, indem sie Online-Aktivitäten ihrer Einwohner auf die eine oder andere Weise besteuern. Dabei geht es meistens um Umsatzsteuern. Die Stadt Chicago aber hat nun ihre Vergnügungssteuer auf Online-Streams ausgedehnt und erhofft sich davon zwölf Millionen US-Dollar pro Jahr. Sechs Bürger wehren sich vor Gericht.

Im US-Parlament wird laufend darüber verhandelt, wie das Online-Business umfassender vor Steuern geschützt werden soll.

(Bild: Public Domain )

Neun Prozent Vergnügungssteuer erhebt Chicago, wenn jemand dafür bezahlt, bestimmten Unterhaltungsereignissen beizuwohnen oder daran teilzunehmen. Seit 1. September will die Stadt diese Steuer auch dann kassieren, wenn die Unterhaltung elektronisch übermittelt wird. Erheben müssen Anbieter, die Bewegtbilder, Musik und/oder Spiele gegen Entgelt zu Einwohnern und Betrieben in Chicago streamen. Es geht also um kostenpflichtige Online-Dienste wie Netflix, Xbox Live, Amazon Prime, Hulu, Spotify und Rdio.

Bei Paketpreisen wie bei Amazon Prime und Xbox Live, die neben der Unterhaltung auch anderen Dienste umfassen, ist das gesamte Paket steuerpflichtig – außer der Anbieter weist aus, welcher Anteil für Unterhaltung ist. Steuerbefreit sind Downloads von Dateien, die sich dauerhaft wiedergeben lassen, sowie die Vermietung von Inhalten, wenn sie auf physischen Datenträgern übermittelt werden (etwa DVD-Vermietung über Postversand).

Sechs Bürger, die jeweils einen oder mehrere betroffene Online-Dienste nutzen und daher seit Monatsbeginn neun Prozent mehr zahlen müssen, haben die Stadt und deren obersten Steuerbeamten verklagt. Die Kläger betrachten die neue Steuer als illegal, und zwar sowohl formal als auch inhaltlich.

Zunächst nehmen sie Anstoß daran, dass die Ausdehnung der Vergnügungssteuer nicht vom gewählten Stadtrat beschlossen wurde. Vielmehr hat der oberste Steuerbeamte die Ausdehnung verfügt. Dazu sei er aber nicht berechtigt, meinen die Kläger.

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(Bild: Tom Harpel CC-BY 2.0)

Aber selbst wenn der Stadtrat die einschlägigen Normen formal korrekt novelliert hätte, wäre das rechtswidrig. Denn das Bundesgesetz Internet Tax Freedom Act verbietet die steuerliche Diskriminierung von Onlinetransaktionen.

Und solch eine Diskriminierung haben die Chicagoer Bürger gefunden: Die klassische Vergnügungssteuer der Stadt sieht Ermäßigungen für Live-Veranstaltungen wie Theater und Konzerte vor. Lokalitäten mit weniger als 750 Plätzen müssen überhaupt nicht zahlen, größere zahlen fünf Prozent. Bei der Onlineunterhaltung fehlen solche Steuervergünstigungen aber. Es werden immer die vollen neun Prozent fällig.

Die Klage wurde am 9. September bei einem Gericht des Staates Illinois eingebracht und ist als Labell vs City of Chicago bekannt (2015-CH-13399, Circuit Court of Cook County, Illinois). Die Aufmerksamkeit in den USA ist groß; sollte Chicago das Verfahren gewinnen, würde die Steuererhöhung landesweit Schule machen. (ds)