Programmierte DNA baut künstliche Organe
US-Forscher haben eine neue Methode entwickelt, mit der sich dreidimensionales Gewebe im Reagenzglas erzeugen lassen soll.
- Mike Orcutt
US-Forscher haben eine neue Methode entwickelt, mit der sich dreidimensionales Gewebe im Reagenzglas erzeugen lassen soll.
Bevor es Wissenschaftlern gelingen kann, vollständige menschliche Organe im Labor zu züchten, müssen sie zunächst ein Verfahren finden, mit dem sich einzelne Gewebearten zuverlässig herstellen lassen. Eine neue Methode, bei der DNA als eine Art Klebstoff arbeitet, der Zellen miteinander verbindet, weckt nun erste Hoffnungen hierauf, berichten Forscher an der University of California in San Francisco (UCSF).
In der Natur bauen sich Zellen bekanntlich selbst zu komplexen dreidimensionalen Architekturen zusammen. Die biologische Funktion folgt aus dieser Struktur und hängt von der spezifischen Anordnung verschiedener zellulärer Typen ab, die zueinander in Relation stehen. Das Verhalten einer individuellen Zelle hängt wiederum von den Signalen ab, die sie von ihren Nachbarzellen erhält. Organe können nur funktionieren, wenn diese Kommunikation möglich ist.
Die neue Methode der UCSF-Forscher verwendet nun DNA-Stränge, die an der Außenseite individueller Zellen sitzen und ihnen so erlauben, an verschiedenartigen Oberflächen zu haften, die ihr Gegenstück enthalten – zumeist andere Zellen. So lassen sich zuvor vorherbestimmte Arrangements zusammensetzen. Die Forscher nutzen diesen Effekt, um Gewebe Schicht für Schicht aufzubauen – quasi programmiert.
Konkurrierende Wissenschaftler testen auch noch andere Ansätze zum Aufbau funktionalen Gewebes im Labor. Doch im Vergleich zu existieren 3D-Kulturmethoden erlaubt die neue Variante eine deutlich bessere Kontrolle, sagt Zev Gartner, Professor für pharmazeutische Chemie und Leiter der Studie. Die Idee sei es, die "ultimative Gewebearchitektur" zu schaffen.
Der 3D-Druck von Zellen gilt als eine der interessanten Methoden, Gewebe aufzubauen. Das Hauptproblem dabei: Es ist schwer, die Zellen gesund zu erhalten, während der Druckprozess läuft. Zudem ist es schwierig, sie genau genug zu platzieren. Gartner will mit dem DNA-Verfahren eine Genauigkeit bis auf einzelne Zellen hinunter erreichen.
Lisa Freed, leitende Forscherin am Draper Laboratory und Expertin für Tissue Engineering, sieht einige Vorteile in der UCSF-Methode. Allerdings steht das Verfahren noch ganz am Anfang: Aktuell kann es nur dazu genutzt werden, Strukturen zu erstellen, die wenige Hundert Mikrometer dick und mehrere Zentimeter breit sind.
Sie bestehen aus dem Gewebe und einem Gel, das es umgibt – und die Atmosphäre simuliert, in der das Gewebe auch im Körper leben würde. Sollen dickere Gewebsschichten aufgebaut werden, muss erst eine große Hürde genommen werden: Derzeit fehlt es an einer Methode, Zellen adäquat mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen, wie das im Körper über die Blutgefäße erfolgt.
Gartner plant daher die Nutzung spezieller Mikrofluidik-Geräte, wie man sie aus der "Organ-on-a-Chip"-Technik kennt. Langzeitziel ist es, Zellen und andere Gewebekomponenten als Baumaterial zu verwenden, das sich dann selbst zu funktionalen Organen zusammensetzt. ()