Hacker starten Stratosphärenballon, um Drohnen-Funk mitzuschneiden

Mit der geeigneten Technik kann man große Teile des Spektrums scannen und Funkverkehr aufspüren – vom Boden aus fehlt aber das, was in großen Höhen gefunkt wird, zum Beispiel von Drohnen zu Satelliten.

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DeepSweep

Die Sonde DeepSweep, direkt vor dem Start

(Bild: criticalengineering.org)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Peter König

Die Critical Engineering Working Group rund um den Medienkünstler Julian Oliver hat eine Sonde konstruiert, die unter einen Gasballon gehängt bis in die Stratosphäre aufsteigt und unterwegs den Funkverkehr mitschneidet – auch den zwischen Drohnen (Unmanned Aerial Vehicles, UAV) und Satelliten. Die Hülle der Sonde namens DeepSweep besteht aus zwei aneinandergefügten Halbkugelspiegeln, die normalerweise dazu verwendet werden, um den Blickwinkel von Überwachungskameras zu vergrößern. Im Inneren stecken unter anderem ein Arduino und ein Intel Edison, eine GoPro-Kamera, GPS-Tracker und diverse Antennen, die Signale in den drei Frequenzbereichen zwischen 10 kHz und 30 MHz, 650 MHz und 1650 MHz sowie 10 GHz bis 12 GHz empfangen.

Geplant ist ein DeepSweep-Flug wie folgt: Die Sonde wird an einen Heliumballon gehängt und empfängt während des Aufstiegs die Funksignale. Durch den stetig sinkenden Luftdruck dehnt sich das Helium im Ballon mit zunehmender Höhe aus, bis die Hülle irgendwo zwischen 24 km und 30 km über dem Erdboden platzt. Die Sonde sinkt dann an einem Fallschirm zu Boden und verschickt per SMS ihre Position, sodass sie zurückgeholt werden kann.

Die Sonde DeepSweep unter dem Wetterballon beim Start in Magdeburg.

(Bild: criticalengineering.org)

Während DeepSweep in der Luft ist, überträgt sie keinerlei Daten, die sie mit ihren Antennen empfängt – wie die Critical Engineers schreiben, wäre solcher Funkverkehr nicht nur illegal, sondern auch leicht zu entdecken. Dass da jemand mit einem privaten Stratosphärenballon dem Funkverkehr zwischen Drohnen und Satelliten mitschneidet, wird sicher nicht jedem recht sein – noch dazu, da die Gruppe ihre Daten nach der Landung aus der Sonde extrahiert und im Web veröffentlicht, um jedem Interessiertem die Analyse und Visualisierung zu erlauben. Das Ziel der Gruppe: Ihre Konstruktion soll Informationen über den Funkverkehr in großen Höhen liefern, der für Funkamateure vom Erdboden aus nicht zu empfangen ist – getreu Punkt 1 ihres Manifests: "Der Critical Engineer erachtet jede Technologie, welche Abhängigkeit und Hörigkeit vermittelt, zugleich als Herausforderung und Bedrohung. Je größer die Dependenz von Technologie, desto größer das Verlangen, ihr Innenleben ohne Rücksicht auf Inhaberschaft oder gesetzliche Zulässigkeit zu erforschen und zu enthüllen."

Die Gruppe hat nach eigenen Angaben die Sonde DeepSweep bisher zweimal auf die Reise geschickt: Der Jungfernflug startete in Frankfurt (Oder) und endete auf einem Acker in Polen. Die Analyse der Daten ergab, dass die Sonde bei diesem Flug nur während der ersten sieben Minuten Daten aufgezeichnet hatte. Der zweite Flug startete am 27. August in Magdeburg. Diesmal empfing und speicherte DeepSweep Daten zum Funkverkehr, erreichte allerdings nur 10 Kilometer Höhe, ehe die Batterie leer war. Statt wie geplant zu steigen, wurde der Ballon mit über hundert Stundenkilometern über Grund sehr weit nach Osten abgetrieben. Nach einem Flug von über 1000 Kilometern landete die Sonde schließlich in der Nähe von Minsk in Weißrussland.

Die Flugroute des Stratosphärenballons nach Weißrussland.

(Bild: criticalengineering.org)

  • Einen ausführlichen Erfahrungsbericht, wie man einen eigenen Stratosphäreballon startet und auch heil wieder herunterbekommt, lesen Sie auch in der Make-Ausgabe 3/15 ab Seite 86.

(pek)