Smart Home: US-Hersteller Wink ist insolvent

Wink, der zusammen mit seinem Mutterkonzern Quirky nun Gläubigerschutz beantragt hat, wurde international durch eine Panne mit seinen Schaltzentralen bekannt. Schuld an der Misere soll aber auch ein verheerendes Missmanagement bei Quirky sein.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 21 Kommentare lesen
Smart Home: US-Hersteller Wink ist insolvent

(Bild: Wink)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Nico Jurran

Das US-Unternehmen Wink, das in den USA eine preiswerte Steuerzentrale für das smarte Heim anbietet, hat am gestrigen Dienstag (Ortszeit) in New York zusammen mit seinem Mutterkonzern Quirky Gläubigerschutz nach Kapitel 11 beantragt. Dies geht aus einem Blog-Eintrag von Quirky hervor. Laut Wink soll die Insolvenz für die Kunden keine spürbaren Auswirkungen haben. Die US-Baumarktkette Home Depot bewirbt Wink als "seine" Smart-Home-Plattform.

Quirky will Wink nun verkaufen, um aus seinen Schulden herauszukommen. Nach eigenen Angaben liegt ein Angebot von Flextronics International USA in Höhe von 15 Millionen US-Dollar vor; sollte kein höheres Gebot eingehen, soll der Verkauf in circa 60 Tagen vollzogen werden.

Flextronics mit Firmensitz in Singapur und einer weiteren Verwaltungszentrale in San José (Kalifornien) ist der breiten Öffentlichkeit vor allem als Auftragsfertiger – unter anderem für Apple – bekannt. Aus der Forderungsaufstellung zum Insolvenzantrag geht hervor, dass Quirky der Flextronics-Tochter Flex Sales & Marketing North Asia sowieso fast 19 Millionen US-Dollar schuldet.

Die Smart-Home-Hubs von Wink verweigerten an einem Wochenende im April plötzlich die Zusammenarbeit.

(Bild: Wink)

Wink geriet Mitte April dieses Jahres international in die Schlagzeilen, als ihre an die Kunden ausgelieferten Smart-Home-Hubs plötzlich ihren Dienst einstellten. Auslöser für die Misere war seinerzeit eine Fehlfunktion auf Seiten der Wink-Server, die die Steuerzentralen vom Internet und damit vom Dienst trennte. Zwar ließen sich viele Geräte nach einiger Zeit wieder reanimieren, Wink musste für die übrigen allerdings eine Rückrufaktion starten. Wink wurde damit für viele Kritiker zum Paradebeispiel, weshalb das Funktionieren eines Smart-Home-Systems nicht von einer Internetverbindung abhängig sein sollte.

Kritiker sind jedoch der Ansicht, dass die aktuelle Krise auch und vor allem auf Missmanagement bei Quirky zurückzuführen ist. So kaufte der Konzern im April die mit Design und Consulting befasste Firma Undercurrent, um in das B2B-Geschäft einzusteigen – und entließ vier Monate später deren komplette Belegschaft. Laut oben genannter Insolvenzaufstellung steht Quirky bei Undercurrent noch mit rund 14 Millionen US-Dollar in der Kreide.

Quirky-Gründer Ben Kaufmann, der es 2007 noch mit seiner damaligen Firma Mophie auf Platz 1 der "Top 30 Under 30"-Liste von Inc. geschafft hatte, konnte in den vergangenen Jahren zwar den Umsatz steigern. Zugleich stiegen aber auch die Ausgaben rasant an. Schuld daran sollen unter anderem recht schräge Erfindungen sein, die entwickelt, aber nie realisiert wurden – wie ein "Bluetooth-Reifensatz", der jedes Objekt in ein ferngesteuertes Fahrzeug verwandeln sollte, oder einen Badezimmer-Spiegel, auf dem sich kein Wasserdampf absetzen sollte. In diese Entwicklungen sollen alleine über 800.000 US-Dollar geflossen sein.

Undercurrent machte wenige Monate nach der Übernahme durch Quirky dicht.

(Bild: Undercurrent)

Selbst wenn einmal ein Gerät auf den Markt kam, verkaufte es sich selten gut. Zu den Flop-Produkten zählte etwa der "Beat Booster", ein drahtloser Bluetooth-Lautsprecher mit integrierter Ladestation fürs Smartphone. Er kostete in der Entwicklung rund 388.000 US-Dollar; verkauft wurden im regulären Handel aber angeblich weniger als 30 Exemplare.

Andere Produkte, wie die per Wink-App steuerbare Klimaanlage "Aros", verkauften sich zwar ordentlich, erwiesen sich in der Praxis aber als fehlerhaft. Nach Angaben eines früheren Mitarbeiters habe Kaufmann entgegen Warnungen seiner Angestellten Produkttests vor der Auslieferung öfter abgelehnt, um früher mit dieser beginnen zu können. (nij)