Falsche Fragen bei Projektentscheidungen

Bei "go/no go"-Entscheidungen für Projekte, Produkte und Features werden meist Fragen gestellt, die nicht weiterhelfen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jutta Eckstein

Bei "go/no go"-Entscheidungen für Projekte, Produkte und Features werden meist Fragen gestellt, die nicht weiterhelfen.

Vor dem Start eines Projekts, einer Produktentwicklung oder eines (größeren) Features muss erst mal die Entscheidung für ein solches gefällt werden. Meist tritt das Produktmanagement oder auch der Vertrieb an einen der erfahrensten Architekten oder Entwickler heran und bittet diesen um eine Schätzung:

"Was meinst du denn, wie lange das dauert? Wir wissen, dass du das jetzt nicht solide schätzen kannst, da ganz viele Informationen fehlen. Wir werden von daher die Zahlen auch nicht weiter ernstnehmen, aber sag mal, was schätzt du denn?"

Wie wir alle aus Erfahrung wissen, dienen natürlich diese Zahlen nachher als Basis für den Projektplan und werden durchaus für bare Münze genommen. Das ist meiner Meinung nach jedoch nicht wirklich das Problem. Und selbst wenn diese erste Schätzung nicht von einem Einzelnen, sondern von einem Team und vielleicht auch mit Schätztechniken wie Planning Poker ermittelt wird, beantwortet sie nicht die Frage, die eigentlich gestellt werden muss.

Denn das eigentliche Problem ist, dass die Frage falsch ist. Vielmehr müsste sich Produktmanagement / Vertrieb selbst fragen:

  • Wie hoch schätzen wir denn den Geschäftswert dieses Produkts/Projekts/Features?

Und basierend darauf muss die nächste Frage, die sich dieselben Personen stellen müssen, lauten:

  • Welche Investition ist uns dieser Geschäftswert wert?

Die Antworten auf diese beiden Fragen, die nach dem Projektstart idealerweise noch weiter auf Release-Ebene oder auch Feature-/Epic- und unter Umständen sogar auf Story-Ebene heruntergebrochen werden (d.h., was ist der Geschäftswert für dieses Epic und welche Investition sind wir bereit, in es zu stecken), bilden dann den Entwicklungsrahmen. Das heißt, das Wissen über Investition und Geschäftswert leitet dann auch die Art der Umsetzung (z.B. kommt noch ein Goldrahmen um das Ganze, oder reicht es gerade mal für eine schnelle Lösung?). Und natürlich sollte das Ganze dann im Dialog stattfinden, das heißt, dass die Entwicklungsabteilung auf die Konsequenzen eines entsprechenden Investitionsrahmen hinweist. Aber die letztliche Entscheidung, welche Investition zu welchem Geschäftswert passt, muss strategisch und nicht technisch getroffen werden.

Hingegen vor Projektstart nach einer Schätzung zu fragen trägt, wenn wir ehrlich sind, weder dazu bei, eine solide Entscheidung für oder gegen ein Projekt/Produkt zu treffen, noch kann diese Schätzung dann als vernünftige Basis für die Entwicklung dienen. ()