Plagiatsvorwürfe: Hochschule überprüft von der Leyens Doktorarbeit

Es geht um Geburtsvorbereitung und Blasensprung: Ursula von der Leyen wird von ihrer 25 Jahre alten Dissertation eingeholt. Die Hochschule prüft Plagiatsvorwürfe. Andere kostete das schon den Ministerposten.

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Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf der ILA Berlin Air Show. Mai 2014.

(Bild: heise online/pmz)

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  • dpa
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Plagiatsjäger werfen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (56) Regelverstöße in deren medizinischer Doktorarbeit vor. Die 1990 erschienene Arbeit zur Frauenheilkunde enthalte "zahlreiche wörtliche und sinngemäße Textübernahmen, die nicht als solche kenntlich gemacht sind", heißt es im VroniPlag Wiki, wo Nutzer (darunter auch Wissenschaftler) ihre Erkenntnisse zusammentragen. Bisher seien auf 27 der insgesamt 62 Textseiten Plagiatsfundstellen dokumentiert. Die Medizinische Hochschule Hannover überprüft auf Wunsch der Ministerin die Arbeit. Erste interne Ergebnisse werden für die nächsten Tage erwartet.

Von der Leyen wehrte sich gegen die Kritik. "Den Vorwurf des Plagiats kann ich zurückweisen", sagte die CDU-Vizevorsitzende den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Sie habe Ende August "von den Aktivitäten im Netz" erfahren. Noch am selben Tag habe sie die Hochschule gebeten, die Dissertation "durch eine fachkundige und neutrale Ombudsstelle überprüfen zu lassen". Über die Vorwürfe hatte zuerst Spiegel Online berichtet.

Ein Sprecher der Hochschule sagte, dass die Ombudsperson die Arbeit den gültigen Verfahrensregeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis (GWP) gemäß prüfe. "Mit dem vertraulichen Bericht über die Ergebnisse der Vorprüfung an die Hochschulleitung ist in den nächsten Tagen zu rechnen", kündigte er an. Danach sei mit der Einleitung einer förmlichen Untersuchung durch die GWP-Kommission zu rechnen.

Von der Leyen sagte weiter: "Es ist nicht neu, dass Aktivisten im Internet versuchen, Zweifel an Dissertationen von Politikern zu streuen." Das ist allerdings eine etwas seltsame Formulierung: Denn tatsächlich haben Plagiatsvorwürfe, die auch von Wissenschaftlern und Hochschul-Mitarbeitern untermauert wurden, schon mehrere Spitzenpolitiker in Bedrängnis gebracht – bis hin zum Rücktritt.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) musste 2011 sein Amt niederlegen, nachdem ihm die Universität Bayreuth den Doktortitel aberkannt hatte. 2013 trat Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) nach dem Entzug ihres Titels durch die Uni Düsseldorf zurück. Plagiatsvorwürfe gab es auch gegen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Die Uni Gießen stellte in seinem Fall 2013 weder wissenschaftliches Fehlverhalten noch Täuschungsabsicht fest.

Aus den Auswertungen auf "VroniPlag Wiki" zu von der Leyens Arbeit geht hervor, dass drei der beanstandeten Seiten zwischen 50 und 75 Prozent Plagiatstext enthalten und fünf Seiten mehr als 75 Prozent.

Der Juraprofessor Gerhard Dannemann von der Berliner Humboldt-Universität, der seit Jahren bei "VroniPlag" mitarbeitet, sagte Spiegel Online, die Arbeit sei "eher ein mittelschwerer als ein schwerer Fall". Der Süddeutschen Zeitung sagte er dagegen, er halte "die Mängel für schwerwiegender als bei Frau Schavan". Es gehe nicht um einen Grenzfall. "Die Häufigkeit und leichte Vermeidbarkeit der Fehler spricht für grobes Schlampen."

Von der Leyen promovierte im Bereich Frauenheilkunde. Der Titel der Arbeit lautet: "C-reaktives Protein als diagnostischer Parameter zur Erfassung eines Amnioninfektionssyndroms bei vorzeitigem Blasensprung und therapeutischem Entspannungsbad in der Geburtsvorbereitung".

Die Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger forderte sofortige Aufklärung. "Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit", sagte sie der Mitteldeutschen Zeitung. Ihr Fraktionskollege Kai Gehring wies darauf hin, dass von der Leyen als Verteidigungsministerin auch oberste Dienstherrin der Bundeswehr-Universitäten sei. "Daraus erwächst eine ganz besondere Verantwortung." (jk)