Der erste Deutsche im All: Ein Ruhm, der bleibt
Sigmund Jähn flog vor 37 Jahren als erster Deutscher ins All. In seiner Heimat Morgenröthe-Rautenkranz begründete er die Deutsche Raumfahrtausstellung. Ein Höhepunkt ist es dort immer noch, wenn der Kosmonaut selbst zu Besuch kommt.
(Bild: Commander-pirx, CC BY-SA 2.0)
Er ist Berater, pflegt Netzwerke, leistet Öffentlichkeitsarbeit: Sigmund Jähn ist mit seinen 78 Jahren ein vielbeschäftigter Mann. "Ich werde mit meiner Arbeit nicht fertig", sagt Jähn, der als erster Deutscher im All in die Geschichte einging. Schon lange lebt er im brandenburgischen Strausberg. Trotzdem kommt er mehrmals im Jahr in seine Heimat: In das vogtländische Örtchen Morgenröthe-Rautenkranz und in die dortige Deutsche Raumfahrtausstellung, die mit ihm ihren Anfang nahm.
"Ohne ihn gäbe es uns nicht."
Museumsleiterin Romy Mothes übergibt ihm Fan-Briefe, neue Exemplare seiner Biografie, die signiert werden müssen – dann bemerken ihn die Besucher: Es folgen Umarmungen, Händeschütteln und gemeinsame Fotos. Mothes erklärt: "Viele Gäste wollen gleich am Eingang wissen, ob zufällig Sigmund Jähn da ist. Ohne ihn gäbe es uns nicht. Und er unterstützt uns ungemein." Der erste Deutsche im All lässt den Rummel über sich ergehen. Seit seinem Start am 26. August 1978 zur sowjetischen Raumstation Salut 6 kennt er das.
(Bild:Â Bundesarchiv, Bild 183-T0709-148 / Peter Koard / CC-BY-SA 3.0 )
Als Sigmund Jähn ein kleiner Junge in Morgenröthe-Rautenkranz war, träumte er nicht davon, Kosmonaut zu werden. "Den Beruf gab es noch nicht", lacht er heute. Auch während seines Studiums bis 1970 an der Militärakademie der Luftstreitkräfte bei Moskau war davon keine Rede. "Ich wollte Flugzeugführer werden. Dass ich als Deutscher diese Chance bekomme, dachte ich nicht." Nach seiner Studienzeit kehrte Jähn in die DDR zurück, arbeitete bei der Jagdfliegerausbildung der Nationalen Volksarmee (NVA) mit. Bis zum Jahr 1976.
Vorbereitung in Moskau
"Plötzlich ging alles sehr schnell", erinnert er sich. Die Sowjetunion ließ nun Kandidaten aus verbrüderten Ländern zur Kosmonauten-Ausbildung zu. "Sie sollten möglichst unter den Jagdfliegern sein und perfekte Russisch-Kenntnisse haben." Zur Endauswahl stand der Vogtländer bereits im Dezember 1976 im sogenannten Sternenstädtchen bei Moskau: Das Trainingszentrum für Kosmonauten bereitete ihn auf die Mission vor, die acht Tage dauerte.
"Kurz vor dem Start kam ein Arzt und rieb mich komplett mit Alkohol ein. Zwei Leute befanden sich bereits im All auf der Station und wir sollten sie nicht mit Bakterien infizieren." Platzangst habe er nicht gekannt. "Dann wäre man dort falsch." Und das Essen? "Man gewöhnt sich an alles."
Der Medienrummel begann mit der ersten Live-Übertragung von der Raumstation zur Erde: Ein Foto in der Ausstellung zeigt diesen Moment. Nun kannte jeder DDR-Bürger, jede Schulklasse Sigmund Jähn, den gelernten Buchdrucker und Sohn einfacher Arbeitereltern. Auf dem Foto schaut er lächelnd in die Kamera, an der Wand hängt ein Bild Lenins, im Vordergrund liegt die DDR-Fahne. Und in der Hand hält er eine beliebte Kinder-Figur: den Sandmann, im Kosmonauten-Anzug.
"Seine Popularität ist geblieben."
Ausstellungsleiterin Mothes erklärt: "Die Politik hat sich geändert, seine Popularität ist geblieben. Die Leute waren von ihm als Mensch begeistert." Bereits 1978 seien Neugierige in den vogtländischen Heimatort des Kosmonauten gereist. Der Bürgermeister hatte damals "ein paar Sachen" in seinem Zimmer aufgestellt, wie Jähn sagt. Ein Jahr später nahm die Raumfahrtausstellung in Morgenröthe-Rautenkranz ihren Anfang, 2007 eröffnete sie in der jetzigen Form. "Mir war wichtig, dass sie das Modell der Mir-Raumstation hier haben. Sonst hänge ich mich nicht in das Tagesgeschäft", erklärt Jähn.
Sieben Mitarbeiter kümmern sich um die 60.000 Besucher im Jahr. Auf 950 Quadratmetern stehen mehr als tausend Exponate. Einen neuen Schwerpunkt bildet neben der bemannten Raumfahrt seit diesem Jahr die Satellitentechnik. Sigmund Jähn flog zur Salut 6, danach kam die Mir, inzwischen ist es die ISS. Lange Zeit begleitete er die Ausbildung weiterer deutscher Raumfahrer im russischen Sternenstädtchen, elf sind ihm inzwischen gefolgt. Den 26. August als seinen Flug-Jahrestag vergesse er nie: "Irgendjemand ruft immer an und erinnert mich daran." (mho)