AT&T erwägt Spin-Off der Ferngesprächssparte
AT&T will wohl seine Ferngesprächssparte nicht mehr verkaufen, sondern an die Börse bringen.
Nachdem die Branche lange Zeit davon ausgegangen ist, dass der US-Telekommunikationsgigant AT&T seine Ferngesprächssparte komplett an einen anderen Telekommunikationsanbieter verkaufen wird, erwägt die Geschäftsführung nach Informationen des Wall Street Journal jetzt eine Verselbstständigung dieses Bereichs. Unklar ist allerdings, was zu dem Sinneswandel geführt hat. Das Blatt vermutet, dass der Konzern durch einen Verkauf nicht den Preis hätte erzielen können, der ihm vorschwebte. Offensichtlich rechnet sich das Management mit einem Börsengang bessere Einnahmen aus.
Der Festnetzgeschäft mit Privatkunden ist seit einiger Zeit ein Geschäftssegment mit rückläufigen Umsätzen. Der gute Gewinn, den das Unternehmen im zweiten Geschäftsquartal 2000 vermelden konnte, ist vor allem auf den Mobilfunk- und den Breitbandbereich zuzrückzuführen. Wenn AT&T seine Ferngesprächssparte ausgliedert, könnte sich das Unternehmen auf die profitablen Geschäfte mit dem Mobilfunk und dem Breitband-Internet konzentrieren. Allerdings hat der Konzern auch hier zu kämpfen: Für das dritte Geschäftsquartal 2000 erwartet AT&T weniger Gewinn als ursprünglich angenommen, was dem Vernehmen nach unter anderem auf den Verlust von Firmenkunden zurückzuführen ist.
Eine weitere Struktur-Veränderung könnte zustande kommen, wenn die Verhandlungen mit British Telecom zu einem positiven Resultat führen. Schon seit einigen Wochen verhandeln die beiden Telekommunikationsgesellschaften über eine Zusammenlegung bestimmter Geschäftsbereiche. Allerdings sind noch keine Details über eine mögliche Teilfusion bekannt. Auch mit Nextel sollen Fusionsverhandlungen am Laufen sein.
Der schwache Börsenkurs und die weltweit schwierige Lage für Telefongesellschaften setzt den US-Riesen aber immer mehr unter Druck. Vieles deutet darauf hin, dass eine große Umstrukturierung den Konzern wieder einmal stark verändern wird: Die letzten Umwälzungen waren die Abspaltung der so genannten Baby-Bells 1984 und die Ausgliederung von Lucent und NCR 1996. Sollte AT&T wirklich die Ferngesprächssparte an die Börse bringen, wäre dies der Abschied vom klassischen Telefongeschäft, mit dem der Konzern zu seiner heutigen Größe gewachsen ist. (chr)