ProzessorgeflĂĽster

HP stellt den langerwarteten Prozessor PA-8000 vor, AMD trennt sich von einer ganzen Prozessorfamilie und NexGen vervollständigt ihr Sortiment mit PCI, FPU und 133-MHz- Prozessoren. Überall tut sich was, allein Intel rückt die für dieses Quartal versprochenen 200- MHz-Pentium-Pro-Prozessoren noch nicht raus - aber ein paar Tage haben sie ja noch.

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Von
  • Andreas Stiller
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PRO-Mitglieder - nein das sind nicht solche, die den damit verzierten Pentium besitzen, sondern Mitglieder der Precision RISC Organisation - haben nun die Muster der ersten PA-8000-Prozessoren bekommen. Mit 8,6 SPECint95 und 15 SPECfp95 überholt er die bisherigen Spitzenreiter DEC-A21164-300 (Specint/fp95:7,3/12) und Pentium-Pro-200 (8,1/6,7). Vor allem im Fließkommabereich setzt er dank zweier parallelarbeitender FPUs neue Maßstäbe. Daneben können zwei Integer, zwei Dividier/Wurzelzieh-, zwei Shift/Merge- und zwei Load/Store-Einheiten parallel aktiv sein.

Er ist voll kompatibel zu 32-Bit-Applikationen und unterstützt flache und segmentierte Adreßräume. Der 3,3-V-Prozessor wird in 0,5-V-CMOS- Technologie gefertigt, was noch "Shrink-Raum" für kleinere und mithin schnellere Prozessoren läßt.Aktuelle High-End- und Midrange-Systeme (996 und 969KS) sind bereits für den PA- 8000 vorbereitet, man braucht nur noch das Prozessormodul zu wechseln. Preise gibt's derzeit noch nicht.

Nach DEC AlphaMIPS R4400 und Sun UltraSPARC ist der HP-8000 der vierte "echte" 64-Bit-Prozessor. Alle Konkurrenten werden kontern, um dem PA-8000 die Performance-Krone wieder zu entreißen, haben aber für ihre neuesten Schöpfungen noch keine Spec95-Werte veröffentlicht. DEC hat vor kurzem den 330-MHz-Alpha vorgestellt, und fürs nächste Jahr erwartet man eine 417-MHz-Version, den der Microprocessor Report auf 11 Specint95 und 17 SPECfp95 einschätzt. Sun hat den UltraSPARC derzeit mit 167 MHz auf dem Markt (im System "Ultra Creator"), die 183-MHz- Version ist am Laufen, 200- und 250-MHz-Version sollen im nächsten Jahr folgen. Letzterer wird schätzungsweise die gleichen Werten wie der PA-8000 aufweisen. Und dann gibt es noch die Mips-Schiene, deren R10000/200 mit ähnlichen Werten aufwarten wird.

Und wo bleibt der PowerPC? Über deren 64-Bitter, den PPC620, ist viel spekuliert worden, möglicherweise wird IBM ihn ganz fallenlassen (aus der Roadmap vom RS6000 wurde er schon mal entfernt). Zum einen stößt der PPC 604 allm hlich in die Performance-Regionen vor, die für den 620 gedacht waren - die gerade vorgestellte 600 Dollar preiswerte 150-MHz-Version wird etwa 5 Specint95 und 3,7 SPECfp95 erzielen -, zum anderen könnte sich der Sprung gleich hin zum PPC630 eher lohnen. Dieser geheimnisvolle Prozessor, der bei IBM und nicht in Somerset entwickelt wird, soll ähnlich wie der Pentium Pro als Multi-Chip-Modul mit getrenntem L2- Cache ausgerüstet sein. Sollte nächstes Jahr dennoch ein PPC620 erscheinen, dürfte er bei 167 MHz etwa bei 7,7 SPECint95 und 9,6 SPECfp95 liegen (Schätzung Microprocessor Report) - also ein Stück weg von den Spitzenreitern.

AMD will sich nach dem Zukauf von NexGen ganz auf das x86-Geschäft konzentrieren und die 29k-Linie aufgeben. Bislang hat die 29k-RISC-Familie zusammen mit Intels 960er eine vorherrschende Rolle im Embedded-Markt (vor allem bei Laser-Druckern) gespielt. Immerhin gut 2 Millionen Stück wurden 1995 noch verkauft, doch die Margen sind niedrig, Entwicklung und Support recht teuer. Das letzte Familienmitglied, der 29040, machte zudem viele Probleme, bug-frei ist er bis heute nicht - wird er jetzt wohl auch nie werden.Weiterhin läuft zum Jahresende der Herstellungsvertrag für 486er mit DEC aus. Deren Fab wurde zwischenzeitlich an Motorola verkauft, die somit - Ironie des Schicksals - vertragsgemäß noch bis Ende 95 Prozessoren des x86-Konkurrenten herstellen muß. Mit der Aufgabe der 29000er schafft sich AMD Herstellungskapazität - wahrscheinlich auch für aktuelle NexGen- Produkte, die derzeit noch von IBM gefertigt werden.

Die neue NexGen-Tochter (formeller Adoptionstermin ist erst Januar oder Februar) stellte auf der Comdex etliche neue 586- Versionen vor, mit bis zu 133 MHz und mit FPU. Letzterer "Nx586-PF100" ist ein Multi- Chip-Modul, das derzeit mit 93 MHz arbeitet (285 US-Dollar à 1000). Die P133- und P120- Prozessoren werden erstmals mit dem IBM-5S-Verfahren hergestellt (0,44µ CMOS) und kosten 447 respektive 303 US-Dollar bei 1000 Stück. Einige der Neulinge hat c't bereits angetestet (S.84). Mit Spannung erwartet man aber NexGens 686-Generation, die nun wie Cyrix M1 mit Pentium-P54C-Pinout daherkommen soll - der beim Microprocessor Forum demonstrierte Prototyp hatte noch NexGen-Pinout. Dann kann sich AMD/NexGen hauptsächlich um den Prozessor kümmern, muß nicht eigene PCI-Chips entwickeln und kann auf einer riesigen Board-Basis aufbauen. Unklar ist noch, ob AMD ihre eigene K-Linie zugunsten des Nexgen 686 wirklich aufgibt - wie es heißt, arbeitete Chefentwickler Mike Johnson weiterhin am Prozessor der siebten Generation (K7).Der neue Mann, der über die Koordination von AMDs K6/K7- und dem NexGen-Programm wacht, kommt ausgerechnet von Intel. Vinod Dham hat dort die Pentium-Entwicklung geleitet und ist erst vor kurzem zu NexGen gewechselt. Er hat wohl darauf hingewirkt, daß der Nx686 auf Pentium- Kompatibilität umgerüstet wird. Nun bahnt sich im AMD/NexGen-Haus eine ähnliche Konkurrenz zwischen zwei Entwicklungsteams an, wie sie auch von Intel berichtet wird.Die Verz gerung des Pentium-Konkurrenten K5 um etwa ein halbes Jahr hat noch eine ganz andere Facette.

So verklagte ein verärgerter Aktienbesitzer inzwischen AMD, die Firma hätte über den Stand der Dinge bei der K5-Entwicklung falsche oder mißverständliche Auskünfte gegeben. Einer der "Zwischenprozessoren", der neue DX4-133 (Codename X5) mit dem 5x86- Namen, soll nun im Dezember ausgeliefert werden. Den Preis à 1000 gibt AMD mit 93 Dollar an, was in etwa einen Endverbraucherpreis in Deutschland von 160 bis 180 DM erwarten läßt - - nicht schlecht für einen Prozessor mit Pentium-75-Integer-Leistung. Mit Einstellung der 29000er-Linie gibt AMD aber keinesfalls den Embedded-Markt einfach preis, vielmehr will sie hier verstärkt mit x86-Prozessoren Fuß fassen. Wie von National und Intel gibt es jetzt eine spezielle 486-Version 486DE2-66, die allerdings nahezu mit einem normalen 486-DX2 identisch ist. Nur die Taktversorgung ist etwas anders: der 486DE2-66 hat keine interne PLL und führt mit 1xClock, er kann also stufenlos bis 66 MHz hochgefahren werden. Vor allem macht er durch seinen Preis von 29 $ (à 10.000) auf sich aufmerksam.

Den schnellsten Embedded-Prozessor aller Zeiten hatte DEC auf dem Microprocessor Forum präsentiert. Der StrongArm SA-110 arbeitet mit dem Arm-Befehlssatz und rast immerhin mit 215 MHz, wobei er 240 Dhrystone Mips erreicht. Eine fünfstufige Pipeling sorgt dabei - neben DECs bislang unerreichter High-Speed-Technology - für Performance. Herkömmliche ARM7-Chips mit einfacher dreistufiger Pipeline waren auf 40 MHz beschränkt. Muster-Chips sollen im ersten Quartal 96 erhältlich sein.

DEC hat sich gerade ein wenig erholt, sogar einige Millionen Dollar Gewinn gemacht - da handelt sie sich mit ihrer Vertriebs- und Preispolitik bei Software und Wartungsdiensten einigen Ärger ein. Die Europäische Kommission beschuldigt die Firma, unlautere Praktiken verwendet zu haben, Dienstleistungen in Europa teurer als in den Vereinigten Staaten anzubieten und unzulässiges Bundling für Hard- und Software-Wartung durchzuführen.

Cyrix hat derweil den 5x86 mit 120 MHz fertig und sich in Deutschland neue Vetriebskanäle erschlossen (etwa Aldi). Auf der Comdex demonstrierte sie überdies auch den 6x86 mit 120- MHz als "den schnellsten Windows-95-Prozessor der Welt". Wenn erst einmal echte 32-Bit- Applikationen unter Windows 95 verbreitet sind, dürfte das wohl anders aussehen. Dennoch, es ist zur Zeit ein geschickter Schachzug, auf der 16-Bit-Schwäche des Konkurrenten herumzureiten. Doch für Großmeister Intel arbeitet die Zeit, spätestens in einem Jahr ist die 16-Bit-Frage irrelevant. Ihr PPro-Prozessor ist jetzt schon erstaunlich ausgereift. Neun Fehler sind zwar derzeit bekannt - Intel verschweigt sie ja nicht mehr -, aber keiner davon hat Auswirkungen auf die Endbenutzer. Lediglich die Board-Hersteller müssen etwas "work- arounden". Nur an den PPro-Chipsätzen (Orion) muß Intel noch etwas feilen, denn die haben noch große Durchsatzprobleme. (as) (as)