ProzessorgeflĂĽster

Texas Instruments präsentierte im Februar den im vorletzten Geflüster schon angekündigten Super-DSP namens TMS320C6x, der die DSP-Konkurrenz geradezu düpiert. Intel-Chef Grove reist derweil durch die Lande und warnt die Europäer vor einem möglichen Technologie-Defizit - und läßt gleichzeitig Händler abmahnen, die für `Pentium-Boards´ Werbung treiben.

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Von
  • Andreas Stiller

Alle Anstrengungen, im x86-Business Fuß zu fassen, hat Texas Instruments aufgegeben. Das Projekt eines Pentium-kompatiblen Prozessors wurde ersatzlos gestrichen. Grund ist - laut Marc Cetto, der in Europa für TI-Mikroprozessoren zuständig ist - nicht eine Angst vor dem übermächtigen Marktgiganten Intel, sondern schlicht eine Marktanalyse. Der zufolge haben `Digitale Signal-Prozessoren´ (DSPs) eine viel bessere Entwicklung zu erwarten als die Desktop-Prozessoren. Gemäß TI wächst der DSP-Markt von 2,3 Milliarden Dollar (1996) auf über acht Milliarden im Jahr 2000, wogegen sich der x86-Markt von derzeit 17 Milliarden Dollar `nur´ etwa verdoppelt.

Und wenn sich TI schon von selbstgemachten Pentium-Prozessoren verabschiedet, hat man folgerichtig auch gleich die PC-Notebook-Linie an Acer verhökert. Statt dessen liierte man sich mit Hitachi und Mitsubishi, um das 1-GBit-DRAM in Angriff zu nehmen.

TIs neuer Super-DSP, kurz C6x genannt, arbeitet mit 200 MHz und hat acht parallele Funktionseinheiten, die mit VLIW-Befehlen angesprochen werden: zwei Load/Store-Units (D), zwei Multiplizierer (M) und vier Units (S, L) fĂĽr Integer-Arithmethik und SprĂĽnge. Wie bei MMX kann die Arithmetik auch mit Saturierung arbeiten.

Jede Einheit hat eine Duchsatzzeit von einem Takt, so daß im optimalen Fall 1,6 Milliarden Instruktionen pro Sekunde denkbar wären. Damit ist der C6x etwa 10mal schneller als die derzeitigen DSP-Spitzenreiter. Real erzielbar sind laut TI bei optimierter Software rund 75 Prozent des Spitzenwertes, mithin 1200 MIPS.

Der Prozessor besitzt 32 32bittige Register (aufgeteilt in zwei Files), Multiplikationen sind jedoch nur 16bittig. Er verfügt über 128 KByte RAM, das er wahlweise auch als Cache benutzen kann. Hinzu kommen ein Memory-Interface (SDRAM, SRAM, SBSRAM), zwei DMA-Kanäle, zwei Timer, zwei serielle Schnittstellen und ein 16bittiger `Host Access Port´. Der Kern (ohne RAM) kommt auf nur 550 000 Transistoren.

Um langwierige Assembler-Kodierung ĂĽberflĂĽssig zu machen, hat TI fĂĽr den C6x einen optimierenden C++-Compiler entwickelt, der auf gut 60 Prozent der Effizienz handoptimierten Assemblers kommen soll.

Der Clou in der C6x Architektur besteht darin, daß er eigentlich kein VLIW-, sondern ein `FLIW´-Prozessor (eigene Wortschöpfung) ist: Flexible Long Instruction Word. TI nennt die Architektur `VelociTI´. Anders als bei VLIW ist die Befehlslänge nämlich nicht konstant (was zu einer Fülle unnötiger Nops führt), sondern variiert je nach Anzahl parallel ausführbarer Befehle von eins bis acht. Ein sinnvoller Kompromiß, der ein neues Licht in die unselige RISC/CISC-Debatte wirft.

Der C6x kann bis zu 15 V.34-Modem-Kanäle gleichzeitig bedienen und schafft eine komplexe 1024-Punkte-FFT (mit Integer-Koeffizienten) in 70 µs. Für 96 Dollar (ab 25 000 Stück) soll er ab dem zweiten Quartal 97 erhältlich sein.

AMD und Cyrix sind zwar immer noch in den roten Zahlen, aber auf dem Weg zur Besserung: Ihre im Januar vorgelegten Quartalsverluste haben sich deutlich verringert. Cyrix konnte den Verlust gegenĂĽber dem Vorjahresquartal von 72 Millionen Dollar auf 39 Millionen nahezu halbieren, AMD legt lieber das vorletzte Quartal zugrunde, das mit minus 38 Millionen Dollar viel schlechter aussah als das nun bilanzierte mit nur noch 21 Millionen Dollar Verlust. (Intel hat demgegenĂĽber natĂĽrlich wieder deutlich zugelegt.)

Mit dem AMD-PR166 schließt AMD nun weiter in der Performance-Scala zu den bislang führenden Intel-und Cyrix-Prozessoren der fünften Generation auf. Aus den gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen verlautete, daß Intel AMDs Treiben - der K6-MMX wird für Anfang April erwartet - nicht tatenlos zuschauen, sondern mit einer 233-MHz-Pentium-Version kontern will. Pentium-Sockel darf man den gemeinsamen Steckplatz fürderhin aber nicht mehr nennen - Intel mahnt jeden ab, der das Trademark unbotmäßig benutzt. Auch die MMX-Bezeichnung will Intel als Trademark verstanden wissen. Während AMD dank Lizenzabkommen mit Intel `freundschaftlich´ über den Namen verhandeln möchte, hält Cyrix nach den Worten von Vizepräsident Steve Tobak unbeirrt an dem Vorhaben fest, den M2 mit dem Anhängsel MMX zu verzieren - die Paragraphenverdreher wird´s freuen. (as) (as)