Verdeckte Features
- Carsten Meyer
Durch das auf FireWire aufbauende DV-Protokoll der digitalen Camcorder von Sony und die DV-Hardware von Fast, Como oder Miro ist es im gehobenen Consumerbereich erstmals möglich, Video ausschließlich auf digitaler Ebene zu bearbeiten (c't 5/97, S. 34). Zum Ärger vieler Anwender, die sich keinen sündhaft teuren stationären Digitalvideorecorder leisten wollen, werden europäische Kameramodelle lediglich mit einem digitalen Ausgang ausgeliefert, während amerikanische Camcorder auch einen digitalen Eingang und eine Aufnahmefunktion besitzen. Der Grund der `Kastrierung´ liegt in den europäischen Zollgesetzen: Kameras, die auch ein Videosignal aufzeichnen können, sind als Videorecorder mit einem höheren Zollsatz (14 % statt 4,9 %) belegt. Laut GEMA ist die ZPÜ-Vergütung (18 DM) dagegen nur bei stationären Geräten fällig.
Als Gerüchte laut wurden, daß die amerikanischen und europäischen Sony DV-Modelle beinahe baugleich seien, versprachen die Betreiber der unabhängigen `DV FireWire Central´-Site (http://www.computerservice.com/DV-L) eine Belohnung von 5000 US-$, falls es jemandem gelingen sollte, den DV-Eingang der Sony-Camcorder freizuschalten. Kurz darauf meldete sich der israelische Student Arik Drori; er habe für die Sony PC7 einen solchen Weg gefunden. Da jedoch mittlerweile Anwälte DV Central warnten, daß die Veröffentlichung dieser Modifikation empfindliche Rechtsfolgen nach sich ziehen könnte, entschieden sie sich, nicht zu zahlen und abzuwarten. Mittlerweile hatte Drori erfahren, daß ein Videoclub aus München die an sich simple Camcorder-Modifikation für satte 1000 DM durchführt, und er entschloß sich, sein Geheimnis zu lüften und die Codes zum Entsperren zu veröffentlichen.
Die Camcorder speichern Information über die freigeschalteten Features in einem NVRAM (Non Volatile RAM). Um darauf zugreifen zu können, braucht man eine werksseitig modifizierte LANC-Fernbedienung RM-95 für Service-Techniker, die in Deutschland leider nicht über den Fachhandel erhältlich ist - wohl aber im fernen Osten. Man erkennt sie an der Beschriftung `NOR<−−>ADJ´ am `Hold´-Schalter in der oberen linken Ecke, mit dem man den sogenannten `Adjustment Mode´ aktiviert. Statt des Timecodes erscheinen nun in hexadezimaler Schreibweise die Inhalte der Speicherzellen auf der Anzeige der Fernbedienung. Die Daten lassen sich mit den Tasten für die Laufwerksfunktionen verändern. Alle Eingriffe in das NVRAM bleiben auch nach dem Ausschalten des Camcorders aktiv, daher Achtung: Jede unsachgemäße Veränderung kann zur Folge haben, daß die Kamera nicht mehr `bootet´, und außerdem verliert man durch den Eingriff eventuelle Garantien. −−>
Die genauen Codes samt einer Anleitung für die PC7 finden sich auf Droris Website). Codes für die VX-1000 sollten mit erscheinen dieser c't ebenfalls verfügbar sein. Laut Arik Drori können auch noch andere Features (z. B. 16-Bit-Ton, PAL nach NTSC und umgekehrt oder 16:9 Format auf allen Modellen) freigeschaltet werden. Als Beispiel dafür findet sich auf seiner Webseite ein Code, der den digitalen Zoombereich der PC7 von 20fach auf 120fach erhöht. (Dolf Mischdurst/cm) (cm)