Ein amerikanischer Rassist auf der Bestsellerliste

Ein Buch über den vielleicht gefährlichsten "white supremacist" konnte ohne Probleme bei dem E-Book-Verleger Mightywords, einem Bertelsmann-Ableger, erscheinen.

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Von
  • Florian Rötzer

Als im vergangenen Jahr das Simon-Wiesenthal-Center sich beschwerte, dass Hitlers "Mein Kampf" über den Internetbuchhandel auch nach Deutschland geliefert werden könne, schaltete sich gleich das Justizministerium ein. Amazon und www.barnesandnoble.com entschlossen sich, das Buch nicht mehr nach Deutschland zu liefern. Jetzt aber könnte Bertelsmann, mit 40 Prozent beteiligt an Barnesandnoble.com, noch einmal in dieselbe missliche Situation kommen: Bei www.mightywords.com, das zu Barnesandnobles.com und damit auch zu Bertelsmann gehört, gibt es ein Buch zum Herunterladen, in dem der weiße Nationalist, Rassist und Hitlerverehrer William Pierce seine Gedanken außerhalb der rechten Szene unkritisiert vortragen darf: "The Fame of A Dead Man's Deeds : An Up-Close Portrait of White Nationalist William Pierce."

Pierce ist seit 1974 Führer der National Alliance, einer radikalen rassistischen Organisation, die von der Anti-Defamation League als die gefährlichste Hassgruppe bezeichnet wurde. Verknüpfungen gibt es auch mit der NPD. Dass Pierce das Buch gefällt, kann man schon daraus ableiten, dass er es auf seiner Website anpreist und einen Link auf Mightywords gelegt hat. Bei dem Bertelsmann-Ableger wiederum wirbt man für das Buch damit, dass Pierce wahrscheinlich den Bombenanschlag von Oklahoma inspiriert habe und seine Organisation eben als die gefährlichste rassistische Gruppe gelte. Das steigert womöglich den Umsatz, zumindest ist das Buch bis heute auf Platz 1 der Bestenliste von Mightywords (was quantitativ freilich nicht viel bedeuten muss).

Der Autor des Buches, Pädagogikprofessor Robert Griffin von der University of Vermont, sagt, er habe über Pierce aus der Perspektive einer "Kulturanthropologie" geschrieben – was schlicht heißt, dass es keine kritische Würdigung gibt und der rassistische Physiker ausgiebig zu Worte kommt und seine Sicht darlegen kann. Griffin hatte für sein Werk viele Verlage abgeklappert, aber keinen gefunden, der es veröffentlichen wollte. Dann aber kam er zu Mightywords, wo er lediglich den Text hinaufladen musste. "Ich musste nicht einmal mit einem Menschen umgehen." Nötig war lediglich, den Preis festzulegen. Die Hälfte der Einnahmen bei jedem Verkauf erhält er als Autor.

Bertelsmann-Vorstandsvorsitzender Thomas Middelhoff sagte noch im Mai, ihm sei die aufgeregte Diskussion um die Auslieferung von Hitlers "Mein Kampf" über den Internetbuchhandel unverständlich. "In Deutschland wird immer schnell nach Regulierung und Zensur gerufen. Deutschland solle sich, so sein Rat, am Verhalten der Amerikaner orientieren, dort bestimme die Nachfrage das Angebot, und dort verstehe man die Aufgeregtheit über "Mein Kampf" nicht. Allerdings tritt Bertelsmann nicht nur als Verteidiger der Meinungsfreiheit auf, sondern macht sich gleichzeitig auch für die Verwendung von Filtern stark.

Die Zeitschrift Village Voice kommentiert: "Der deutsche Mediengigant Bertelsmann, der noch immer fieberhaft versucht, die Menschen vergessen zu lassen, dass er Hitler an die Massen vermarktet hat, verkauft jetzt das von einem Professor aus Vermont ermöglichte Wiederkäuen der Ideen von Amerikas bekanntestem lebenden Hitler-Verehrer."

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