ProzessorgeflĂĽster

Uns erwartet richtiges Aprilwetter. Über Intel und dem Socket-370 sieht es derzeit wechselhaft aus. Besseres Wetter soll aber die Zukunft bringen. AMD läßt dagegen schon jetzt eine neue Sonne über dem Sockel-7 aufgehen, und Schönwetter prophezeien auch Digital und HP. Eisige Winde wehen jedoch durch andere Firmen-Wälder.

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Die Wetterlage bei Intel ist höchst wechselhaft: So liefert der Chipgigant nun die neuen Mobile-Celerons auch mit 333 MHz aus (Preis für 1000 Stück: 159 US-Dollar als BGA und 214 US-Dollar als Mobile Module MMC-1). Die 266-MHz-Versionen vom Mobile Pentium II und Celeron erscheinen dank der auf 1,5 Volt gesenkten Kernspannung mit deutlich niedrigerem Energieverbrauch. Mit 5,8 Watt benötigen sie nur noch geringfügig mehr Energie als der Tillamook (Pentium mit MMX) bei gleicher Taktrate.

Zu Intels Ärger hat Compaq jedoch angekündigt, die ProSignia-Modelle nicht mit Intel-Prozessoren auszurüsten. Zudem sollen sich die Pentium-III-Prozessoren vornehmlich in den Billigst-Rechnern der Discounter verkaufen lassen. Die anvisierte Geschäftswelt zeigt dem Pentium III dagegen die kalte Schulter: überteuerte Prozessoren mit zusätzlicher ID-Problematik nimmt offenbar keiner an.

Ein kräftiges Tiefdruckgebiet liegt auch über den Verhandlungen zwischen Intels Next-Generation-I/O-Group und der Future-I/O-Group von IBM, Compaq und HP. Diese Gespräche zur Standardisierung von zukünftigen High-Speed-I/O- und Bussystemen wurden bis auf weiteres ergebnislos abgebrochen.

Doch am Horizont sieht das Wetter schon besser aus, denn Intel hat einige Neuheiten angekündigt. Noch im April sollen der Celeron mit 466 MHz und endlich der Whitney-Chipsatz (Intel 810) auf den Markt kommen. Später folgt der Pentium III mit 550 MHz, und im ersten Quartal 2000 will Intel einen Celeron mit SIMD-Befehlen (ehemals KNI) und 100 MHz Frontside-Bustakt (FSB) vorstellen.

Auch für den Embedded-Bereich sehen Intels Prognosen freundlich aus. Im Sommer soll der StrongARM-Prozessor SA-1110 zusammen mit dem `companion chip´ SA-1111 für den Handheld-Markt erscheinen. Der Prozessor arbeitet mit 133 oder 206 MHz und unterstützt zusammen mit seinem Kumpel viele herkömmliche RAM-Arten und Schnittstellen wie zum Beispiel SDRAM, EDO-RAM, PCMCIA, IrDA und USB. Bei Abnahme von 10 000 Stück kosten die Chips zusammen 43 US-Dollar.

Interessant ist auch das Wetter über dem Socket-370. Die Gerüchte um einen Cyrix-Prozessor in dieser Bauform verdichten sich; National/Cyrix verrät zwar noch keine konkreten Pläne, bestätigt aber, rechtlich und technisch gerüstet zu sein. Auch der Chiphersteller Rise soll angekündigt haben, den mP6 oder mP6-II für den Socket-370 umzubauen. Nicht bestätigt haben sich jedoch Gerüchte, nach denen IDT einen WinChip-2 in dieser Bauform herausbringen wird.

Ăśber dem Sockel-7 geht AMDs neuste Sonne auf: ein K6-2 mit 475 MHz. Der Prozessor arbeitet mit 95 MHz FSB-Takt und eignet sich daher nicht fĂĽr alle Sockel-7-Boards. Der Direktvertreiber CyberMax bietet jedoch Komplettrechner mit AMDs Flaggschiff an, und auch IBM hat Aptiva-Modelle mit dem 475er angekĂĽndigt. FĂĽr den K6-2/475 nennt AMD einen OEM-Preis ab 1000 StĂĽck von 213 US-Dollar.

Sonnig sehen auch die Vorhersagen über Alpha- und HP-Gebieten aus. Alpha-21264-Prozessoren mit 700 MHz und rund 36 SPECint95 sollen bald kommen, dieses Jahr vielleicht sogar schon als 1-GHz-Versionen. Kurz vor der CeBIT konnte Digital das erste Silikon vom Alpha 21364 (Codename `Arana´) zeigen, Ende 2001 soll er mit On-Board-Cache und Rambus bei 1,2 GHz dann 200 SPECint95 leisten. HP verspricht einen PA-8700 mit 55 SPECint95 für das nächste Jahr, will 2001 einen PA-8800 mit 900 MHz liefern und im Jahre 2003 mit 1,2 GHz und 115 SPECint95 glänzen.

Noch mal zurück zu Rise: Auf ihrer Web-Seite haben sie jetzt die verwirrenden Benchmark-Ergebnisse veröffentlicht, von denen schon im letzten Geflüster die Rede war. Dort stehen der mP6-266 und mP6-233 Prozessoren von AMD und Cyrix mit gleichem P-Rating gegenüber, ohne auf unterschiedliche Core- und FSB-Takte Rücksicht zu nehmen. Weiterhin sind die Konkurrenten kaum noch erhältlich. In Japan sollen allerdings endlich mP6-266-Prozessoren für rund 80 Mark im Handel gesehen worden sein, vielleicht wehen einige von dort mal in unser Labor herüber.

In ein anderes Benchmark-Tief sind AMD und die Kollegen von Ziff Davis geraten. Demnach benachteiligt ein Teilprogramm des 3D Winbench 99 den AMD K6-2 und AMD K6-III gegenüber dem Intel Pentium III. Ziff Davies hat das Problem bestätigt und bittet, die Ergebnisse der 3D-Processing-Tests nicht zu verwenden.

Frostig weht es aus den Niederlanden: Eine erste feindliche Übernahme durch Philips konnte der Chiphersteller VLSI verhindern und bot Gespräche und Einblicke in interne Bücher an. Doch Philips lehnte ab, ist aber weiterhin an der Übernahme interessiert. Ihr Angebot von 777 Millionen US-Dollar beziehungsweise 17 US-Dollar pro Aktie haben die Niederländer allerdings nicht erhöht.

Auch die Gerüchte um eine AMD-Übernahme verstummen nicht. Diesmal kommen die Winde aus den Richtungen IBM, NEC, Fujitsu und - Compaq, nachdem Robert Palmer, Vorstandsmitglied von Compaq, zusätzlich im AMD-Vorstand einen Sitz bekommt.

Dagegen umschmeicheln IBM angenehme Winde: Nach dem 16-Milliarden-Dollar-Deal mit Dell konnte IBM zwei weitere große OEM-Verträge abschließen und sollte damit dem kalten Regen aus dem PC-Markt - eine Milliarde US-Dollar Verlust - standhalten können.

Siemens versucht, dem Wind weniger Angriffsfläche zu bieten, indem der Konzern den Halbleiterbereich in die eigenständige Firma Infineon Technologies AG mit Sitz in München umwandelt. Seit dem 1. April existiert die Firma mit rund 25 000 Mitarbeitern und hat sogleich erste Muster von PC-133-SDRAM-Modulen angekündigt.

Doch genug vom Wind, viel schöner wäre Sonnenschein. Denn National hat sich eine Technik patentieren lassen, die LC-Displays und Solarzellen verbinden soll - endlich nie mehr leere Akkus am Badestrand. (">jow) (jow)