Expo extern
Weltausstellung? Ja, sicher: Zum ersten Mal in der Geschichte findet eine Weltausstellung nicht nur an einem Ort statt. Weltweit gibt es über 700 dezentrale Projekte, davon sind über 270 in Deutschland angesiedelt.
- Jürgen Kuri
- Christian Rabanus
Hannover platzt aus allen Nähten - so zumindest die Befürchtungen der Einwohner der Stadt an der Leine zu Expo-Zeiten. Wer überfüllte Straßen- und U-Bahnen, ausgebuchte Hotels oder gestresste Restaurant-Angestellte meiden möchte und trotzdem nicht auf die Expo verzichten will, muss nicht unbedingt nach Hannover. Interessierte haben gute Chancen, sich die Expo auch direkt vor der Haustüre anzuschauen. Die neue Konzeption mit dezentralen Projekten, die die eigentliche Ausstellung auf dem hannoverschen Expo- und Messegelände ergänzen und begleiten sollen, machts möglich: Zum ersten Mal bleibt eine Weltausstellung nicht auf ein abgeschlossenes Gelände mit Pavillons und Projekten einzelner Länder beschränkt. Die Macher begleiten und unterstützen weltweit Projekte, die ihrer Ansicht nach zum Motto ‘Mensch, Natur, Technik - Eine neue Welt entsteht’ der Expo 2000 passen.
Auch in Deutschland breitet sich die Expo nicht nur in Hannover aus. Von der Entwicklung ökologisch optimierter Textilien im westmünsterländischen Ahaus über das Umweltprogramm der ‘umweltgerechten’ mecklenburgischen Stadt Güstrow und das Verfahren einer unterirdischen Wasseraufbereitung mit Horizontalfilterbrunnen in Paderborn bis hin zum Aufbau einer Bildungsstätte in der ehemaligen Glashütte im brandenburgischen Zossen - über die gesamte Republik verstreut sind Projekte zu bewundern, die sich dem Leitthema der Expo 2000 und dem Grundgedanken der Nachhaltigkeit, wie er in der Agenda 21 formuliert wurde, verpflichtet fühlen. Im Unterschied zum Geschehen auf dem Messegelände, wo offensichtlich vor allem viel Show geboten wird, haben die externen Projekte meist mehr mit der Realität zu tun, wie wir sie vielleicht in zwei bis drei Jahren erleben. Beispiele gefällig? Bitte sehr ...
Retina Implantat
‘Die Blinden sehen und die Lahmen gehen, die Aussätzigen werden rein und die Tauben hören’ [1|#lit1] - was noch bis vor kurzem nur durch göttliche Kraft möglich schien, ist heute in den Bereich des durch moderne Wissenschaft und Technik Machbaren gerückt: So befasst sich ein vom Institut für Neuroinformatik der Universität Bonn getragenes und von Rolf Eckmiller koordiniertes dezentrales Expo-Projekt mit dem Versuch, erblindete Personen wieder sehen zu lassen.
Im Verbund EPI-RET [2] forschen Mediziner, Physiker, Informatiker und Elektroniker aus 14 deutschen Instituten mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung seit vier Jahren an dem Ziel, mit Hilfe eines so genannten ‘epiretinalen Implantats’, also eines Implantats, das auf die Netzhaut aufgesetzt wird, Menschen, die auf Grund einer Netzhautdegeneration erblindeten, wieder Sehvermögen zu verschaffen. Diesem Ansatz liegt die Annahme zu Grunde, dass sich durch direkte Stimulation der Ganglienzellen auf der Netzhaut ein sinnvoller Wahrnehmungseindruck hervorrufen lässt.
Dazu müssen die Forscher eine komplexe Anordnung realisieren: Eine Videokamera, die auf ein Brillengestell montiert ist, leitet die digitalen Daten ihrer Aufnahmen an einen speziellen Computer, den Retina-Encoder, weiter. Dieser bereitet die zweidimensionalen Bilddaten der Kamera ganglienzellengerecht auf und leitet sie drahtlos an das ringförmige Implantat weiter. Das Implantat vereinigt einen Dekoder und einen Stimulator: Der Dekoder verarbeitet die übertragenen Daten und leitet sie an den Stimulator weiter. Dieser reizt das Netzhautgewebe über Elektroden, die auf einer Mikrokontaktfolie angeordnet sind.
Ziel der Forscher ist es, möglichst kleine Ganglienzellengruppen - je kleiner die Gruppen, desto besser ist die visuelle Auflösung - adäquat zu reizen; ‘adäquat’ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Elektrodenreizung eine Ganglienzellenaktivität hervorruft, die derjenigen vergleichbar ist, die aus den Signalverarbeitungsprozessen der Netzhaut selbst resultiert. Und genau darin liegt eine der größten Schwierigkeiten: Der Retina-Encoder muss die Bildinformationen der Videokamera in eine räumliche und zeitlich Abfolge von Reizimpulsen umwandeln. Dafür müssen die Neuroinformatiker der Gruppe einerseits einen Algorithmus programmieren, der auf die Signalverarbeitung in der Netzhaut abgestimmt ist. Andererseits muss man den Encoder ‘trainieren’: Diverse Parameter, die die Kodierung beeinflussen, müssen so gewählt werden, dass das durch die Stimulation der Netzhaut erzeugte Wahrnehmungsbild demjenigen entspricht, das in einem gesunden Auge erzeugt würde.
Die Optimierung des Parametersatzes will man durch Vergleiche von Ist-Mustern, die durch die Anordnung erzeugt werden, mit Soll-Mustern erreichen. Ist das Implantat einmal im Einsatz, soll der Patient diese Optimierung selbst durchführen: Mit der aus Kamera, Encoder und Implantat bestehenden Apparatur betrachtet er ein Objekt, das er taktil erfassen kann und das ihm zudem noch beschrieben wird. Nacheinander soll er dann unterschiedliche Parametersätze durchtesten können und so den für ihn besten Satz herausfinden.
Der retinale Ansatz kann jedoch nur bei Patienten zum Erfolg führen, die erst im Laufe ihres Lebens erblindet sind, die also bereits über eine mehrjährige Seherfahrung verfügen. Denn nur so können sich im Gehirn überhaupt die Strukturen herausbilden, die die Erfahrung eines Wahrnehmungserlebnisses ermöglichen.
Derzeit versuchen die Forscher vor allem zwei Probleme zu lösen: Einerseits reicht die Lernfähigkeit des Retina-Encoders noch nicht aus, um die Aufgaben der Netzhaut befriedigend übernehmen zu können. Andererseits stellt die langfristige Bioverträglichkeit der auf die Netzhaut zu implantierenden Mikrokontaktfolie die Forscher noch vor große Probleme. So befindet sich das Implantat derzeit noch in der Entwicklungs- und Versuchsphase. Bis diese abgeschlossen ist, wird wohl auch noch einige Zeit verstreichen.
Die Gruppe EPI-RET arbeitet intensiv mit der 1998 gegründeten Firma Intelligent Implants zusammen, die aus Grundlagenforschung ein für Patienten zugelassenes Medizinprodukt entwickeln möchte. Steffen Suchert, der Geschäftsführer von Intelligent Implants, rechnet damit, dass er ein solches Produkt nicht vor dem Jahr 2005 auf den Markt bringen kann. Allerdings ist er zuversichtlich, dass es seiner Firma nach 2005 recht schnell gelingen wird.
HessenNet-Informationssystem
Abseits solcher Grundlagenforschung, die die Lebensqualität für Kranke oder Behinderte verbessern sollen, darf auch bei den externen Expo-Projekten das Internet natürlich nicht fehlen. Trotz aller Anstrengungen der Wirtschaft, E-Business auszubauen, ist das weltweite Netz derzeit vor allem ein Informationsmedium: Nach einer aktuellen Umfrage des Marktforschungsinstituts ComCult nutzen über 60 Prozent der Surfer das Internet als Informationsquelle, während deutlich unter 20 Prozent zum Einkauf ins Netz gehen. Gerade der öffentlichen Verwaltung aber wirft man immer wieder vor, das Internet nicht oder nur schlecht zu nutzen - zumeist ist dieser Vorwurf verbunden mit dem Hinweis, dass man gerade in diesem Bereich das Internet sehr gut einsetzen könnte.
Zwei kommunale Körperschaften versuchen nun seit einigen Jahren, diesen Vorwurf zu entkräften: Mit dem HessenNet [3] ist ein Informationssystem als dezentrales Expo-Projekt registriert, das sich als ‘Portal für kommunale Bürgerinformation in Hessen’ versteht und Informationen sowie Dienstleistungen aus den Bereichen Verwaltung, Wirtschaft und Kultur anbietet. Das Kommunale Gebietsrechenzentrum Kassel (KGRZ) und die Kommunale Informationsverarbeitung in Hessen (KIV), beides Körperschaften des öffentlichen Rechts, haben das Projekt HessenNet im Jahr 1996 zusammen mit dem Verein für Regionalentwicklung in Hofgeismar aus der Taufe gehoben. Als Projektträger fungieren das KGRZ im Norden Hessens und das KIV im Süden. ‘Zunächst wollten wir nur ein Internet für alle hessischen Kommunen aufbauen. Wenig später kamen dann Firmen, Vereine, Banken und Betriebe hinzu und so entstand ein städtischer Marktplatz. Aber von Anfang an war da noch der Gedanke vom virtuellen Rathaus’, berichtet Norbert Heinemann vom KIV, der das HessenNet mit aufgebaut hat.
Bislang sind die unter dem Dach des HessenNet zusammengefassten Internetangebote noch recht inhomogen. Es sind nämlich nicht nur die Angebote von Mitgliedern des KGRZ oder des KIV verlinkt, die von diesen Körperschaften betreut werden, sondern auch externe. Viele Kommunen haben sich unabhängig vom HessenNet ein Internetangebot eingerichtet, das auch nicht vom KGRZ oder dem KIV konzipiert oder betreut wird. Die Folge sind zum Teil große quantitative und qualitative Differenzen in der Organisation und der grafischen Gestaltung der Sites. Und das ist den Machern des HessenNet ein Dorn im Auge: Sie streben eine Vereinheitlichung an.
Stefan Thomas von KIV rechnet damit, dass innerhalb der nächsten Jahre eine Umgestaltung der unabhängigen Angebote gemäß einer einheitlichen Linie gelingen wird. Dabei treibt nicht die blinde Wut nach Vereinheitlichung, sondern eine ebenso einfache wie einleuchtende Überlegung: Eine einheitlich Struktur erleichtert das Auffinden bestimmter Informationen. Gerade in umfangreichen Internet-Angeboten sind spezielle Angaben teilweise schwer zu finden. Kennt sich der Nutzer aber im Angebot seiner Heimatgemeinde gut aus, so kann er auch Informationen aus fremden Gemeinden leicht finden, wenn die Internetangebote beider Gemeinden analog aufgebaut sind. Thomas ist der Ansicht, dass die Vereinheitlichung letztlich die Attraktivität, die Akzeptanz und den Nutzwert der Angebote steigern würde.
Auch die Verwirklichung der Vision des virtuellen Rathauses wird wohl erst in ein paar Jahren zum Abschluss kommen. Bislang bieten erst sehr wenige Kommunen die Möglichkeit an, Behördengänge über das Internet abzuwickeln. Größtes Problem stellt die Authentifizierung dar: Zwar gibt es bereits recht ausgereifte Verfahren, die eine Authentifizierung über das Internet erlauben - der Umgang mit Chipkarte und Kartenlesegerät auch am heimischen PC ist keine Hexerei mehr. Im Vergleich zu den Kosten eines Computers sind die Kosten von Chipkarten und Kartenlesegerät vernachlässigbar.
Aber organisatorisch stellt die Umsetzung eines Verfahrens, rechtskräftige Verwaltungstransaktionen über das Internet abzuwickeln, noch immer ein großes Problem dar. Es gibt noch zu wenige anerkannte Zertifizierungsstellen, die die Bevölkerung mit digitalen Signaturschlüsseln versorgen, und es gibt bislang erst sehr wenige ausgereifte Informationssysteme, über die mit Signaturschlüsseln authentifizierte Verwaltungstransaktionen abgewickelt werden könnten. Die Macher des HessenNet hoffen hierbei auf eine Zusammenarbeit mit Geldinstituten, die aus ureigenstem Interesse die Entwicklung von Verfahren zur sicheren Abwicklung von Transaktionen über das Internet vorantreiben.
Multimedia-Theater Animax
Theatererlebnisse ganz neuer Art will dagegen das Multimedia-Theater Animax [4] seinen Besuchern ermöglichen. Die Bonner Entwicklungswerkstatt für Computermedien e.V. (BEC), der Projektträger dieses dezentralen Expo-Projekts, nimmt für sich in Anspruch, dazu den Begriff ‘Multimedia’ neu und umfassender als bisher definiert zu haben. Wie Bodo Lensch, Vorsitzender des Vereins, erläutert, liegt dem Konzept von Animax ein Multimediabegriff in Sinne einer ‘Gestaltung sämtlicher die Wahrnehmung des Menschen und seine (raumzeitliche) Orientierung betreffender Kommunikationsmedien im realen Raum und Realisation eines multimodalen Feedbacks’ zu Grunde.
Was die Verantwortlichen des BEC darunter verstehen, konnten interessierte Besucher auf der Eröffnung des Animax am 22. Juni des letzten Jahres erfahren. Mit dem Projekt ‘Cyberstage’: vier Reisen durch virtuelle Welten nahm das Theater seinen Betrieb in einem ehemaligen Multiplex-Kinosaal in Bonn-Bad Godesberg auf. Als Bühne - das BEC spricht von ‘Cyberstage’ - dient eine Art Kasten: Es handelt sich dabei um eine oben und vorne offene Würfelkonstruktion aus Holz mit einer Grundfläche von drei mal drei Metern. Die Wände und der Fußboden dienen als Stereoprojektionsflächen. Die Betrachter werden mit speziellen Stereobrillen, so genannten Crystal Eyes Shutter Glasses, versorgt, um einen möglichst guten dreidimensionalen Eindruck gewinnen zu können.
Der Fußboden der Bühne ist als Akustikboden realisiert: Er kann über vier Akustikelemente zu Vibrationen angeregt werden. Elektromagnetische Sensoren ermitteln die Position der Betrachter auf der Bühne und verfolgen ihre Bewegungen. Diese Daten werden an das Computersystem weitergegeben, das die Projektion generiert. Dieses System, das mit einer speziell für diesen Zweck von der GMD - die übrigens auch das Eröffnungsprojekt ’Cyberstage’: vier Reisen durch virtuelle Welten gestaltet hat - entwickelten Software arbeitet, kann so auf das Verhalten der Betrachter reagieren und die Projektion entsprechend verändern. Durch all diese aufwändigen Verfahren soll ein möglichst realer Eindruck der projizierten Welt hervorgerufen werden.
Die BEC verfolgt mit dem Multimedia-Theater aber auch pädagogische Ziele: Die Anlage soll der Vermittlung von Medienkompetenz dienen. Eine solche Vermittlung ‘erfordert mehr, als Zugang zu einer kommerziell dominierten, auf Bildschirm und Lautsprecher reduzierten digitalen Präsentationstechnologie zu schaffen, die den Benutzern und Benutzerinnen vorbestimmte Möglichkeiten zum Zweck des Konsums von Unterhaltung, Waren und Dienstleistungen anbietet’, erklärt Lensch. Also setzt man bei Animax auf den Dialog von Kunst und Technik: ‘Art meets Multimedia’ lautet das Leitbild. In den Darbietungen sollen die traditionellen Bühnenkünste Musik, Tanz und Theater mit neuester Multimedia-Technik verbunden werden. Das Resultat dieser Zusammenarbeit von Künstlern, Technikern, Ingenieuren und Computerwissenschaftlern sieht Lensch in einem ‘internationalen Forschungslabor für neue künstlerische Darstellungsformen’. So dient die Anlage neben dem Einsatz für das Multimedia-Theater beispielsweise auch der Visualisierung komplexer Vorgänge wie Strömungen und Crashs für wissenschaftliche und technische Untersuchungen und der Design- und Funktionsvisualisierung in den Bereichen Architektur und Automobilbau.
Im Rahmen der Expo wird Animax im Juni und Juli dieses Jahres die interaktiven Audio-Video-Installationen ‘Story Machine’ und ‘Camera Musica’ zeigen. ‘Story Machine’ ist eine gemeinsame Entwicklung der New Yorker Künstlerin Doris Vila, des New Yorker Komponisten Dave Weinstein und der BEC. Sie soll Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren eine Reise durch eine virtuelle Erlebnislandschaft ermöglichen. Dabei entscheiden die Kinder selbst, wohin die Reise gehen soll: durch einen Vulkan ins Innere der Erde, in den Weltraum oder in die Tiefen des Ozeans. ‘Camera Musica’ präsentiert unter der Leitung von Gerhard Eckel virtuelle Architektur und ist eine Koproduktion von GMD und BEC.
KIS - das Netz in der Schule
Verfolgt das Multimedia-Theater auch pädagogische Ziele, setzen die Berufsbildenden Schulen I (BBS I) in Osterode im Harz moderne Technik für den Unterricht ein. Aktueller könnte ein externes Expo-Projekt wohl kaum sein: Angesichts der jüngsten Diskussionen um Spezialisten-Mangel in der EDV-Branche und die Mängel in der IT-Ausbildung schon in den Grund- und Berufsschulen demonstrieren die Niedersachsen, wie eine Schule mit Netz aussehen kann. Im Rahmen des weltweiten Expo-Projekts ‘Welche Schule braucht die Zukunft unserer Welt’ wurden die BBS I mit ihrem Projekt ‘Innovation im Netzwerk Berufsbildung - durch Kooperation und Beratung’, gemeinsam mit den BBS II durchgeführt, als Expo-Schule zertifiziert.
Die BBS I sind eine kaufmännische Bildungseinrichtung, getragen vom Landkreis Osterode. 55 Lehrer und Lehrerinnen unterrichten in dieser Handelslehranstalt rund 1000 Schüler in den Bereichen Wirtschaft und Verwaltung sowie Gesundheit - Ausbildungsberufe sind unter anderem Bank- und Industriekaufleute, Verwaltungsfachangestellte sowie Arzt- und Zahnarzthelferinnen. Teil des Expo-Projekts der Berufsbildenden Schulen ist KIS - das Kommunikations- und Informationssystem: Alle 50 Unterrichtsräume der Schule wurden vernetzt. Im Zuge der Expo-Vorbereitungen wurde das Projekt auf rund 250 PCs ausgebaut.
Insgesamt existieren nun zehn vernetzte Unterrichtsräume, ein Lernbüro, ein multilinguales Sprachqualifizierungszentrum und zusätzlich in jedem Klassenraum der Schule ein vernetzter, multimedialer PC mit Internetzugang. Insgesamt kommen auf jeden PC inzwischen nur noch drei Schüler; alle 1000 Benutzer haben eine eigene E-Mail-Adresse. In dem Sprachlernzentrum können über das Netz Video- und DVD-Filme oder Fernsehen übertragen werden; durch Sprache in digitaler Stereoqualität, die über das LAN geschickt werden kann, lassen sich die Räume als ‘Sprachlabor’ nutzen.
Einzelne Rechner sind direkt an das Glasfasernetz der Schule angeschlossen. Alle gängigen Netzwerktechniken sind in der Schule vorhanden: Dazu gehören laut Horst Wenzel, Diplom-Handelslehrer und zuständig für KIS, Gigabit Ethernet, Fiber-to-the-Desk, strukturierte Vernetzung und Funk-LANs für die drahtlose Anbindung einzelner Rechner. PCs sind über Glasfaser an Switches angeschlossen, die mittels Gigabit-Ethernet-Uplink mit den zentralen Servern verbunden sind. Ein Switch bringt über Twisted-Pair-Kabel die Server ins Netz; gleichzeitig sind an ihn mittels Glasfaserstrecke und zwei Medien-Konverter Access Points für das Funk-LAN angeschlossen, die beispielsweise für einen Klassenraum drahtlose Anbindung der Rechner realisieren. Über weitere Gigabit-Uplinks sind zusätzliche Switches angeschlossen, die PCs über Twisted-Pair-Kabel versorgen. Betriebssystem für Server und Workstations kommen von Microsoft; die Schule realisiert mit Windows NT und ab Herbst Windows 2000 Benutzerprofile, sodass jeder Anwender nach dem Login seine persönlichen Daten und die von ihm angepasste Oberfläche wieder findet.
Die Technik ist aber nicht alles: Teil des Projekts ist es, den Umgang mit den PCs, dem Intra- und Internet zu einem zentralen Bestandteil des Unterrichts zu machen, meint Horst Wenzel. Auch Qualifizierungsmaßnahmen für das Kollegium in Anwendungsprogrammen finden laufend statt. ‘Als kaufmännische, berufsbildende Einrichtung und als Partner im dualen Ausbildungssystem ist die permanente Qualifizierungsanpassung für uns selbstverständlich’, erklärt Wenzel. Das Besondere an diesem Projekt sei, dass die gesamte Planung und Realisierung in Eigenleistung durch die Schule erfolgte. Außer bei den Elektroarbeiten, die aus haftungsrechtlichen Gründen nicht selbst durchgeführt werden durften, waren keine Fremdfirmen in der Schule.
Die Technik bezahlen die Träger und die Schule allerdings nicht selbst: Neben einer Beteiligung des Landkreises wurden die restlichen Kosten durch Firmen-Sponsoren (etwa 3Com für Gigabit- und Fast-Ethernet-Switches oder Dätwyler für die Glasfaser- und Twisted-Pair-Verkabelung) sowie Eigenleistungen der Schule aufgebracht. Dieses Engagement der Wirtschaft macht für Wenzel mit den besonderen Stellenwert des Projekts aus: Mit rund 2,2 Millionen Mark tragen Kooperationen mit Firmen aus der IT-Branche zu der Gesamtfinanzierung bei, die sich auf rund 3,2 Millionen Mark beläuft. Die restlichen Mittel wurden durch Eigenleistung in Höhe von 450 000 Mark und Mittel des Schulträgers (500 000 Mark) aufgebracht.
Es bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass der Ausbau auch von anderen Schulen mit solchen Netzen weitergeht - und das auch dann, wenn die Expo in sechs Monaten wieder vorbei ist. Und das dürften wohl auch die anderen externen Projekte hoffen: Nicht nur, dass die Weltausstellung vielleicht neue Sponsoren auf den Plan ruft, sondern dass auch in Zukunft das Interesse der Öffentlichkeit erhalten bleibt. (jk)
Literatur
[2] EPI-RET: www.nero.uni-bonn.de/ri/retina-de.html
[3] HessenNet: www.hessennet.de
[4] Multimedia-Theater Animax: www.animax.de
[5] Netz in den Berufsbildenden Schule: www.bbs1oha.de (jk)