Esperanto für Maschinen

Damit Maschinen und Anlagen zu Industrie 4.0 verschmelzen, müssen sie dieselbe Sprache sprechen. OPC UA setzt sich als Universalsprache durch – USA hinkt in der Adaption hinterher.

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Von
  • Bernd Müller
Inhaltsverzeichnis

Damit Maschinen und Anlagen zu Industrie 4.0 verschmelzen, müssen sie dieselbe Sprache sprechen. OPC UA setzt sich als Universalsprache durch – USA hinkt in der Adaption hinterher.

Das Thema Standardisierung treibt die Mitglieder der Plattform Industrie 4.0 besonders um. Standardisierung sei die größte Herausforderung für Industrie 4.0, ergab eine Umfrage der acatech unter den Mitgliedern im Jahr 2013. Die durchgängige Kommunikation von kleinsten intelligenten Komponenten wie Sensoren untereinander sowie bis zur Ebene der Geschäftsprozesssteuerung ist für viele Unternehmen offenbar eine Herausforderung. Plug&Play, wie man das von Druckern aus dem Büro kennt, gibt es nicht. Ältere erinnern sich bestimmt, dass das auch bei Druckern einmal anders war: Minischalter mussten eingestellt und komplizierte Software konfiguriert werden, bis der Drucker die erste Seite ohne Zeichensalat ausspuckte.

Bei Druckern ist das kein Thema mehr und auch in der Industrie könnten die Hürden längst überwunden sein. Denn mit OPC UA gibt es einen De-facto-Standard für die Automatisierungsbranche zum Daten- und Informationsaustausch, der unabhängig von Hersteller, Betriebssystem, Hierarchie und Topologie ist. Die "OPC Unified Architecture" (OPC UA) verbindet alle Schichten der Automatisierungspyramide: vom kleinsten, energieeffizienten, intelligenten Sensor über Embedded-Feldgeräte, speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) und Gateways bis zu Bedienpanels (SCADA), Remote-Control-Lösungen in der Produktion und der Fabrik (MES/ERP-Ebene) sowie Consumer-Geräten wie Tablets oder Smartphones. OPC UA bietet nicht nur Plug&Play wie automatisches Erkennen von Teilnehmern und deren Funktion, sondern auch Sicherheits- und Zugriffsmechanismen sowie den Transport der Informationen.

Langer Weg zum Standard

Gegründet wurde die OPC-Foundation lange bevor der Begriff Industrie 4.0 geboren wurde: 1996. Hersteller von Industriesteuerungen wie Siemens hatten erkannt, dass die unterschiedlichen Herstellerstandards in Steuerungs- und Überwachungsstrukturen die Einführung solcher Technologien unnötig kompliziert machen. Richtig an Fahrt aufgenommen hat die Umsetzung mit dem Thema Industrie 4.0, für das eine herstellerunabhängige Kommunikation über Unternehmensgrenzen hinweg unabdingbar ist.

Stefan Hoppe freut sich über das Interesse an OPC UA. Der Elektrotechniker begann seine berufliche Laufbahn 1995 als Software-Entwickler bei Beckhoff Automation, wo er gleich zu Beginn Beiträge zum OPC-Standard lieferte. Als OPC-Entwickler, Visionär und vehementer Fürsprecher für die OPC-Kooperation war Hoppe die erste Wahl, als die OPC-Foundation Anfang des Jahres die Position des Vice Presidents OPC World neu zu besetzen hatte.

(Bild: Copyright: OPC)

Seine wichtigste Aufgabe derzeit: die Sichtbarkeit von OPC UA zu verbessern. Denn da ist einiges aus dem Ruder gelaufen. Nach der Hype-Phase vor zwei oder drei Jahren stellten einige Medien die Frage, ob die deutschen Vordenker nicht längst von den USA überholt worden seien. Die deutsche Industrie habe es nicht vermocht, ihre Ideen und vor allem Standards international durchzusetzen, war verschiedentlich zu lesen. "Das Gegenteil ist der Fall", sagt Hoppe und redet sich in Rage, wenn das Thema zur Sprache kommt. Aus aller Welt – insbesondere aus Asien – komme großes Lob für Industrie 4.0 – in dem Statuspapier ist OPC UA konkret als Empfehlung zur Realisierung der Kommunikation gelistet. "Deutschland ist den USA technologisch im Automatisierungsbereich sogar um mehrere Jahre voraus. Auch in der Adaption des OPC-UA-Standards – die weltweiten OPC-Mitglieder haben daher Ende 2014 auch weitere deutsche Firmen in das OPC-Board gewählt."

Amerikaner besser im Marketing

Woher kommt dann das schiefe Bild? "Die amerikanischen Kollegen sind sehr gut im Marketing", gibt Hoppe zu mit Blick auf das amerikanische Industrial Internet Consortium: "Die Vorgehensweise des USA-geprägten IIC ist anders als die deutsche Industrie-4.0-Initiative." Durch die Empfehlung von OPC UA im Statusreport "Reference Architecture Model Industrie 4.0 sei teilweise fälschlich der Eindruck entstanden, OPC UA sei eine deutsche Erfindung – was schon deshalb falsch sei, weil die OPC Organisation und auch die beteiligten Experten international und auch die UA-Spezifikation eine internationale IEC Norm seien.

Dennoch wächst OPC UA aus der reinen Automatisierungs- bis in die IT-Welt: War am Anfang 1996 nur Siemens von sechs Gründungsmitgliedern die einzige europäische Firma, so ist nun zuletzt mit SAP der deutsche Software-Vorzeigekonzern in das Board der Foundation aufgerückt. Die weltweiten OPC-Mitglieder haben noch weitere deutsche Technologiefirmen wie Ascolab und Beckhoff in das OPC-Board gewählt. Aus USA sind Unternehmen wie Honeywell aber auch Microsoft, GE, und National Instruments wichtige Treiber in der Organisation. Der Softwarekonzern aus Redmond hat angekündigt, demnächst OPC UA als Open Source Software für "Windows 10 IoT Core" zur Verfügung zu stellen.