Elektronische Gesundheitskarte als Schlüssel zur Patientenakte?

In der öffentlichen Expertenanhörung zum geplanten eHealth-Gesetz wurde die Frage diskutiert, ob die elektronische Gesundheitskarte und der auf ihr gespeicherte Notfalldatensatz einen Einstieg in die persönliche Patientenakte sein können.

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Elektronische Gesundheitskarte als Schlüssel zur Patientenakte?

(Bild: bundestag.de)

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Von
  • Detlef Borchers
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Die Expertenanhörung zur Digitalisierung des Gesundheitswesens im Bundestag beschäftigte sich neben den abgebenen Stellungnahmen der Verbände zum geplanten Gesetz mit der Frage, wie es mit der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) weitergehen soll. Kann der Notfalldatensatz (NFD) als komprimierte Patientenakte gelten und die Akzeptanz der eGK bei den Versicherten steigern oder müssen neue Wege gefunden werden, wie Versicherte selbstbestimmt mit ihren medizinischen Daten in der Akte umgehen?

Gematik-Geschäftsführer Alexander Beyer bekräftigte noch einmal, dass zum 30. Juni 2016 keine aussagefähigen Daten zur Funktionstauglichkeit des Stammdatenmanagements aus den Testgebieten vorliegen werden. Die verschiedenen Ärzteverbände und Kassenvertreter lehnten die geplanten Sanktionen des neuen eHealth-Gesetzes ab, weil sie nicht die Verursacher träfen, die Industrie. Sie kann die notwendigen Komponenten für die beiden großen Feldtests mit 1011 teilnehmenden Praxen und Kliniken in den Testregionen Nordwest mit den Testzentren in Bochum, Kiel und Trier sowie Südost mit den Zentren Ingolstadt und Löbau/Zittau nicht liefern.

Aus der CDU/CSU wurden die Experten gefragt, ob der NFD als erster Baustein einer Patientenakte gelten könnte. Britta Böckmann von der Fachhochschule Dortmund begrüßte den NFD ausdrücklich als erste Komponente, dank derer die eGK und das Prinzip der Datenhoheit für den Versicherten überhaupt "spürbar" werde. Böckmann zufolge muss das "Empowerment" des Patienten als der Partner des Arztes im Vordergrund stehen, der selbstständig seine Daten managt. Wenn diese Patientenakte einmal in ihrer vollen Ausprägung da sein wird, dürfe die eGk nicht der einzige Zugangsschlüssel zu den medizinischen Daten sein. Denkbar wäre für Böckmann alternative Zugriffstechnik wie die Fingerabdrucksysteme von Smartphones.

Ihr Kollege Peter Haas machte darauf aufmerksam, dass Smartphones und Speicher-Sticks gar nicht existierten, als die Planung der telematischen Infrastruktur der Gematik in Angriff genommen wurde, die 2006 starten sollte. Haas zeigte den versammelten Politikern einen verschlüsselten USB-Stick mit 8 Gigabyte, auf dem er seine sämtlichen, "von Ärzten erbettelten" Daten mit sich trägt. Im Zusammenhang mit der eGK nannte Haas die Vorstellung "lebensfremd", dass Patienten sich über einen eKiosk die Notfalldaten auf ihrer Karte anschauen und abschreiben würden. So etwas müsse am heimischen PC möglich sein.

Politiker der SPD wollten wissen, ob die Datenhoheit mit der eGK zielführend und praktikabel gelöst sei. Hier meinte Haas, insbesondere Patienten mit chronischen Krankheiten hätten gezeigt, dass sie souverän mit der Aufzeichnung ihrer Vitaldaten umgehen können. Er warnte aber vor der Möglichkeit, dass Patienten Medikamente aus dem auf der Karte gespeicherten Medikamentionsplan löschen können. Dann sei die Aufzeichnung aus ärztlicher Sicht unbrauchbar.

Die Linke, die das Gesamtprojekt stoppen will, befragte Silke Lüder vom Bündnis Stoppt die e-Card. Sie kritisierte als Haus- und Notärztin, dass der NFD eine "kleine Akte" sei und es mindestens 20 Minuten dauern werde, bis ein solcher Datensatz auf der Karte angelegt ist, der im Ausland praktisch nutzlos sei. Angesichts der Tatsache, dass patientengeführte Akten wie der Lifesensor der Barmer mangels Interesse eingeschlafen sind, kritisierte Lüders, dass die Experten für eine Patientenakte eintreten. Das Projekt eGK sei ein Flugzeug ohne Kurs und Landebahn, das aber losgeflogen sei.

(anw)