Prozessorgeflüster

Nun ist es offiziell: Ein neues Nummernsystem soll bei Intel dafür sorgen, dass der Kunde im Gestrüpp von Prozessorkernen, Taktfrequenzen, Bus-Geschwindig-keiten und so weiter nicht den Durchblick verliert. AMD kontert Intels groß angekündigte Board-Offensive und ein starker Partner steigt bei Transmeta ein.

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Von
  • Andreas Stiller

BMW-kompatibel ersann Intel ein neues Modell-Nummernschema mit den drei Klassen 3xx, 5xx und 7xx (6xx ist noch unbesetzt). Kunstvoll drapierte Intel dabei die Nummern um die schon „vergebenen“ Zweierpotenzen 1xx, 2xx, 4xx und 8xx des Konkurrenten AMD herum, der so etwas, ebenfalls dreistellig, bereits für die Opterons ersonnen hat.

Die Upperclass befindet sich bei Intel/BMW in der 7er-Kategorie, Mittelklasse bei den 5ern und Volksklasse bei den 3ern, jeweils getrennt nach Notebook- und Desktop-Bereichen. Oben bei den Desktops ist die Schicht der bislang wie Blei in den Läden liegenden Pentium 4 Extreme Editions, in der Mitte rangiert der normale Pentium 4 und unten der Celeron, alle in ihrer 90-nm-Prescott-Version. Der Celeron-Prescott wird zunächst beim 478-poligen Sockel bleiben, der Mittelklasse-Prescott ist indes für den 775-poligen LGA-Sockel ausgelegt (beispielsweise der 550 mit 3,4 GHz, der 560 mit 3,6 GHz und so weiter).

Bei den Notebooks setzt Intels Klassifizierung ein klares Signal: Pentium-M-Dothan ist die Edelklasse, der Pentium 4M rangiert nur in der Mittelklasse und die preiswerten Celeron-M-Prozessoren mit Banias- und Dothan-Kern bevölkern die 300er. Dothan wird nach seiner Verschiebung nun für Mitte Mai erwartet, aber schon machen seine Nachfolger zumindest namentlich verstärkt von sich reden. Ihre Codenamen Jonah und Merom deuten an, dass sie ebenso wie Dothan, Banias und der urplötzlich verstorbene Timna aus israelischen Landen stammen. Jonah wird nachgesagt, dass zwei Dothan-Seelen in seinem 65-nm-Körper logieren. Eine neue Methode zum Stromsparen im Batteriebetrieb liegt hier auf der Hand: einfach einen Kern abschalten.

Später soll dann Merom all die schönen „T“s bieten, die Craig Barrett auf dem letzten IDF vorgestellt hat:

  • HT (Hyper-Threading Technology: simultane Threads auf einem Chip),
  • CT (Clackamas Technology: 64-Bit-Erweiterung),
  • VT (Vanderpool Technology: mehrere virtuelle PCs)
  • LT (Lagrande Technology: Sicherheitserweiterung).

Ferner gibt es Hinweise, dass Intel eine spezielle Merom-Variante für Desktops plant - natürlich wiederum unter einem eigenen Codenamen: Conroe. Das wär dann endlich der von vielen geforderte Stromsparprozessor für Desktop-PCs.

Gilo, ein weiterer Israeli, soll etwa 2007 mit Multicores für Notebooks aufwarten sowie mit integriertem Speicher-Controller - falls den nicht vorher schon Merom mitbringt.

Gegen 2006 ist gemäß Intel der Markt reif für 64 Bit in Desktops und Notebooks. In Workstations soll ja der Nocona bereits in diesem Frühsommer eine AMD-kompatible 64-Bit-Erweiterung bieten. Intel kann sich aber ruhig noch etwas Zeit lassen, denn Microsoft wird sich mit dem dazu passenden 64-bittigen Betriebssystem, wie gewohnt, etwas verspäten, statt Juni/Juli wird jetzt September genannt.

Nach ersten, sehr vorläufigen Erkenntnissen über die Performance im 64-Bit-Modus des Nocona braucht sich AMD jedoch keine grauen Haare wachsen zu lassen. „It sucks“ - so der abschätzige Kommentar eines Betatesters - und zwar insbesondere dann, wenn größere Adressbereiche angesprochen werden. Vielleicht muss der Prozessor 64 Bit hier und da noch emulieren, wer weiß. Intels 64-Bit-Partner Hewlett-Packard wird es jedenfalls wissen - und der hat sich erst einmal für Opteron entschieden.

Den fürs nächste Jahr geplanten Nachfolgern von Nocona und Prescott namens Jayhawk und Tejas haben ebenfalls kleinere amerikanische Städtchen Pate gestanden. Zunächst gefertigt in 90 nm soll Tejas mit größeren L1-Caches (16 KµOps Trace Cache und 24 KByte Daten-Cache), schnellerem Bus mit FSB 1066, besserem Hyper-Threading und acht neuen Befehlen aufwarten. Später will Intel diesen Tejas-Kern auf 65 nm verkleinert als „Tejas Compaction“ auf den Markt bringen. Doch Intel besann sich - amerikanische Städte gibt es schließlich genug - und benannte den verkleinerten Tejas in Cedarmill um. Dual-Cores wird es auch geben, zunächst in der Xeon-Linie unter dem Namen Tulsa.

Und wenn Ihnen das noch nicht der Codenamen genug ist: Nach Tejas kommt irgendwann auch noch Nehalem auf uns zu - trotz seines hebräischen Namens aus Oregon stammend -, der dann in Richtung 10 GHz marschieren soll.

AMD steht Intel auch in Bezug auf Codenamen in nichts nach, Dublin und Trinidad für Mobile Low-End, Odessa und Oakville für Mobile High-End, Paris und Palermo für Desktop Low-End, Newcastle und Winchester für die Mittelklasse, San Diego und Toledo fürs High-End und Denmark, Italy, Egypt, Venus, Troy und Athens für die Workstations und Server.

Zunächst aber ist interessant, was AMD als Konkurrenzveranstaltung zu Intels Boardfestival in ein, zwei Monaten vor hat. Und ähnlich wie bei Intel fertige Grantsdale-Boards des Prescott-775 harren, konnte man auf der CeBIT zuhauf Athlon64-Boards mit noch ungefülltem Sockel 939 bewundern. Okay, PCI-Express bieten sie noch nicht, doch für jene gibt es außer für den Grafik-Slot ohnehin noch so gut wie keine Peripherie. Und DDR II ist erst einmal wesentlich teurer und langsamer als DDR I. Hier dürfte der Athlon64 mit seinen beiden Speicherkanälen mit preiswertem DDR-400-Speicher im Vorteil sein. AMD plant ansonsten ähnlich wie Intel mit drei Desktop-Linien: Die FX-Linie für Enthusiasten mit Sockel 939 und Prozessoren mit 1 MByte Cache, die normale Athlon64-Linie entweder mit Sockel 939 und halbiertem Cache (Newcastle) oder Athlon64/1 MByte im 754-Sockel sowie die Value-Linie mit Athlon XP und (noch) Duron. Zunächst sollen die 3500+- und 3800+-Athlon64-939 so-wie 3400+-/3700+-Athlon64-754 den Grantsdale/Prescott Paroli bieten, wobei AMD verstärkt auf die Stromsparfähigkeit der Athlon64-Prozessoren mit Cool’n’Quiet und damit auf die Achillesferse des Prescott abzielen wird.

Einen neuen Namen gibt es ebenfalls bei Transmeta und zwar bei den Partnern und Investoren: NEC Electronics. NEC interessiert sich insbesondere für die Stromspartechnik LongRun2 des Efficeon-Prozessors und erwarb hierfür eine Lizenz. Gleichzeitig kaufte NEC von Transmeta ein paar Millionen Aktien - genaue Angaben gibt es dazu nicht. Mit NEC im Rücken könnte Transmeta aber nun ein gewichtigeres Wörtchen im Mobile-Markt mitreden. (as) (as)