Falsche Scheu
Viele Besitzer von Tintendruckern scheuen nach wie vor das vermeintliche Risiko der Verwendung von Alternativ-Patronen. Dabei machen Anwender damit gar nicht unbedingt schlechtere Erfahrungen als mit den Originalen, ergab eine Umfrage auf heise online.
- Tim Gerber
- Erich Kramer
Epson runs best with Epson“, lautet ein in die Jahre gekommener Slogan des Druckerherstellers. Nebenbuhler Hewlett-Packard setzt ebenfalls auf solche Beschwörungsformeln und will sie wissenschaftlich untermauert wissen. So zeigt eine vom Drucker-Riesen in Auftrag gegebene Studie angeblich, dass bei alternativen Verbrauchsmaterialien Ausfallquoten von über 70 Prozent auftreten, wohingegen das Original mit Raten im einstelligen Prozentbereich glänzt [1].
Derart drastische Verhältnisse sollten sich doch mindestens andeutungsweise nachvollziehen lassen, wenn man die Nutzer selbst befragt. c't startete daher Mitte März eine Online-Umfrage unter Besitzern von Tintendruckern, um deren Erfahrungen mit den Patronen auf den Grund zu gehen. Dabei waren Angaben zur Bewertung von Original-Tinte ebenso gefragt wie zu Alternativ-Patronen oder gar selbst befüllten.
In der Umfrage berichten mehr als 2700 Leserinnen und Leser über ihre Erfahrungen mit mehr als 3000 Geräten. Wie bei jeder offenen Online-Befragung sind die Ergebnisse nicht repräsentativ, und erfahrungsgemäß nehmen Anwender mit negativen Erfahrungen deutlich häufiger an solchen Befragungen teil als solche mit positiven. Doch dieses Phänomen betrifft alle Produkte und Hersteller gleichermaßen, auf die Verhältnisse untereinander hat es kaum Einfluss. Wir betrachten daher vor allem die Relationen und halten die Ergebnisse in dieser Hinsicht für aussagekräftig.
Die eingangs erwähnten Thesen sind im Grunde schon länger durch ausgiebige Tests alternativer Tinten widerlegt, wie sich auch in dieser Ausgabe ab Seite 132 einer findet. Bestimmte Aspekte aber sind naturgemäß in solchen Tests schwer zu erfassen. Das sind vor allem Aussagen zu Schwierigkeiten, die typischerweise erst nach einiger Zeit zum Vorschein kommen, wie etwa das Eintrocknen von Tinte im Druckkopf bei längeren Standzeiten. Auch dazu liefert die Umfrage interessante Erkenntnisse.
Spiegel des Marktes
Die Druckerhersteller sind in der Umfrage in etwa gemäß ihrer Marktanteile bei Tintendruckern vertreten; lediglich Lexmark mit einem Marktanteil von etwa 10 Prozent scheint mit nur 3,4 Prozent bei den Teilnehmern unserer Umfrage etwas unterrepräsentiert.
Die mit Abstand zufriedensten User hat Canon (siehe Grafik). Das Bild spiegelt sich auch in der Nennung von Problemen mit der Druckqualität wieder: Nur 24 Prozent der Nutzer von Canon-Druckern gaben an, Probleme wie Streifen oder ein verschmiertes Druckbild träten „oft“, „meistens“ oder „immer“ auf; immerhin 76 Prozent begegneten solchen Problemen „selten“ oder „nie“. Unter denen, die Canon-Originalpatronen verwenden, sinkt der Anteil sogar auf 20 Prozent. Mit 22 Prozent liegt der Anteil der Problemfälle aber bei Nutzern von Alternativ-Tinten auch nicht signifikant höher.
Original kontra Alternative
Die meisten Probleme nannten Anwender bei selbst aufgefüllten Patronen. Das liegt aber sicherlich nur teilweise an dem verwendeten Material. In manchen Fällen dürfte auch der komplizierte Füllvorgang für die Qualitätsprobleme verantwortlich sein. Dafür spricht auch, dass es bei den Problemen mit Nachfülltinte wiederum die Canon-Drucker sind, die mit einem Anteil von nur 33 Prozent am wenigsten Schwierigkeiten machen. Die Patronen der meisten Druckertypen dieses Herstellers sind wegen ihrer vergleichsweise simplen Konstruktion relativ leicht nachzufüllen.
Selbstbefüller mit HP-Druckern haben es deutlich schwerer (56 Prozent Problemanteil) und auch den Epson-Anwendern fällt das Refillen nicht ganz leicht (43 Prozent). Der Abstand zwischen Original- und Alternativ-Patronen ist bei diesen beiden Druckermarken hingegen nicht ganz so gravierend: 40 Prozent der HP-User nannten Probleme mit Alternativpatronen; bei jenen, die ausschließlich Originalpatronen verwenden, hatten immerhin noch ein Viertel mindestens oft Probleme mit der Druckqualität. So gut wie in der eigenen Umfrage schneidet der Hersteller in unserer Erhebung also keineswegs ab. Bei Epson ist es noch viel schlimmer: Hier sind mit 34 Prozent Problemhäufigkeit die Sparfüchse sogar die glücklicheren User, denn die Original-Getreuen haben mit knapp 40 Prozent deutlich öfter Probleme mit der Qualität ihres Druckers.
Wer rastet ...
Das Problem des Eintrocknens tritt typischerweise nur bei Anwendern auf, die ihren Drucker selten benutzen. Wer täglich druckt, wird damit unabhängig von der verwendeten Tinte kaum Probleme haben, Druckermuffel dagegen eher. Wir haben daher zur Bewertung nur diejenigen Teilnehmer herangezogen, die für ihren Drucker eine Nutzungshäufigkeit von „etwa alle zwei Wochen“ oder noch größere Abstände angaben.
Dabei ergibt sich ein interessantes Bild: Bei Canon-Druckern liegt der Anteil jener Wenig-Nutzer, die Probleme mit dem Eintrocknen haben, von 11 Prozent bei den Original-Tinten, und 23 Prozent bei den Alternativ-Patronen auf 44 Prozent bei den Selbstbefüllern. Bei HP und Epson trocknen nach den Angaben der Teilnehmer die Original-Patronen hingegen deutlich häufiger ein (24 Prozent bei HP, 54 Prozent bei Epson) als die alternativen (17 Prozent bei HP, 34 Prozent bei Epson). Drucker von Lexmark waren bei den Umfrage-Teilnehmern nicht in ausreichender Zahl vertreten, um auswertbares Material zu liefern. Das Urteil, Alternativ-Tinte würde generell schneller eintrocknen als jene der Original-Patronen, fanden wir in den Zahlen jedenfalls nicht bestätigt.
Auch wenn von einzelnen Anwender immer wieder zu hören ist, dass Alternativ-Tinten häufiger eintrocknen als die originalen, fand sich in unserer Umfrage keine generelle Bestätigung dieser These. Daraus lässt sich natürlich nicht schließen, dass dieses Phänomen bei Alternativ-Tinten eines bestimmten Typs nicht tatsächlich sehr häufig auftreten kann. So etwas geht naturgemäß in solchen Umfragen unter.
Fazit
Für eine übertriebene Scheu vor den preisgünstigen Alternativtinten sprechen die Erfahrungen unserer Umfrage-Teilnehmer ebenso wenig wie unser Test auf Seite 132. Selbst wenn man in Betracht zieht, dass die Anwender womöglich an die wesentlich billigeren Produkte nicht ganz so hohe Erwartungen stellen, widerspricht das Ergebnis ganz klar dem Bild, das die Druckerhersteller zeichnen: Weder hinsichtlich der Druckqualität noch der Zuverlässigkeit gibt es zwingende Gründe, zur Originaltinte zu greifen. Höchste Zeit also, dass sich diejenigen Hersteller, die Drucker zu Lockpreisen und Tinte überteuert verkaufen, nach einem besseren Geschäftsmodell umschauen.
Literatur
[1] http://h41139.www4.hp.com/reliability/de/de/foundation.html
[2] Walter Krämer, Statistik verstehen, Piper-Verlag, München 2001
| "Gut und gĂĽnstig drucken" | |
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Weitere Artikel zum Thema "Gut und günstig drucken" finden Sie in der c't 9/2005: Fotoabzüge druckt man gut und trotzdem günstig mit der richtigen Kombination aus alternativem Fotopapier und ebensolcher Tinte. Manche Alternative abseits von dem Labels der Druckerhersteller zeigt sich dabei sogar besser als das oft teuere Original. Wir haben eine Auswahl asus 41 Fotopapieren und 65 Tinten auf Qualität und Verträglichkeit miteinander untersucht. |
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| Fotopapiere und Tinten auf dem PrĂĽfstand | S. 132 |
| Umfragenauswertung zu Alternativ-Tinten | S. 154 |
(tig)