Manipulierte Athlon-Prozessoren

Bei Ebay als Mobile Athlon angebotene Prozessoren haben sich als verfälschte Embedded-CPUs des Typs Geode erwiesen.

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Von
  • Georg Schnurer

Auf der Suche nach neuen CPUs für Notebooks traf Joachim H. bei Ebay auf ein interessantes Angebot: Ein Händler offerierte insgesamt 51 „AMD Athlon CPU XP Mobile 2200+ 1.66 GHz 266 MHz tray“ zum Sofortkauf für einen Stückpreis von 59,90 Euro. Als die bestellten Prozessoren bei ihm eintrafen, wurde Joachim H. stutzig: Zwei große Aufkleber verdeckten unter anderem das Typenschild. Ein Testprogramm identifizierte die CPU als „Athlon XP 1500+“. Da es bei den Mobil-Versionen des Athlon XP keine zuverlässige Möglichkeit gibt, die CPU per Software zu identifizieren, baute Joachim H. den Chip wieder aus und entfernte den „Garantieaufkleber“ auf dem Typenschild.

Schon auf den ersten Blick war ihm klar, dass etwas nicht stimmte: Die Originalbeschriftung des Prozessors war weitgehend unkenntlich gemacht; es schimmerte aber noch die alte Bezeichnung „AMD Geode“ durch. Hier hatte offenbar jemand aus dem Embedded-Prozessor Geode NX einen „Mobile Athlon XP-M“ gebastelt. Der mit einer maximalen Taktfrequenz von 1,4 GHz spezifizierte Geode NX 1750@14W sollte in dieser manipulierten Variante um 20 Prozent schneller laufen. Dazu hatte der Bastler einige der von AMD aufgetrennten Brücken (L3, L5 und L12) vermutlich mit Leitsilber wieder geschlossen.

Joachim H. wandte sich an den Prozessorhersteller AMD. Der untersuchte die zwei eingesendeten Prozessoren und kam zu dem Ergebnis, sie seien gefälscht, woraufhin der Kunde bei der Polizei in Husum Betrugsanzeige gegen den Verkäufer erstattete. Die staatsanwaltlichen Ermittlungen laufen noch, was dabei herauskommt, bleibt abzuwarten.

Gegenüber c't gab der Verkäufer an, er habe erst durch den Manager Investigation bei AMD Ralf Chojetzki erfahren, was es mit den Prozessoren auf sich habe. Draufhin habe er die Auktion zunächst beendet und Chojetzki seinen Lieferanten genannt. Nachdem ihm sein Distributor aber bestätigt habe, dass mit den Prozessoren alles in Ordnung sei, habe er die übrigen CPUs in einer weiteren Auktion bei Ebay verkauft.

Vorsicht Falle: Prozessoren mit Aufklebern über der Typenbezeichnung sind immer manipulationsverdächtig. Auch die hellen Flecken an den L-Brücken, mit denen die aufgetrennten Kontakte wieder geschlossen wurden, sind typische Merkmale von Fälschungen.

Der Distributor beteuerte gegenüber c't, er habe die manipulierten Prozessoren als Athlon XP 2200+ beziehungsweise Athlon XP 2400+ von einem großen Board-Hersteller bezogen. Dies gibt der Distributor auch in einer c't vorliegenden E-Mail an das Investigation-Department von AMD an. Der zuständige Sachbearbeiter erklärt darin, man habe weder die CPUs manipuliert noch irgendwelche Aufkleber angebracht, die Ware also in gutem Glauben weiterverkauft. Die noch im Lager vorhandenen Prozessoren habe man nach Rücksprache mit Chojetzki an AMD geschickt.

Gefälschte Prozessoren von einem großen Board-Hersteller? Das erschien uns dann doch zu abenteuerlich. Auf unser Drängen forschte der Distributor noch einmal nach. Das Ergebnis: Die gefälschten Prozessoren stammten laut einer Einkaufsrechnung vom April 2005 von einem weiteren Zwischenhändler. Dieser erklärte gegenüber c't, dass er die Prozessoren bei der Firma Elitegroup Computer Systems EU BV aus Wijchen in Holland gekauft habe. Nachdem er durch die Handelspartner von den Manipulationen informiert worden sei, habe er alle noch vorhandenen Exemplare sofort an Elitegroup zurückgeschickt und um Stellungnahme gebeten. Der Board-Hersteller habe den Kaufpreis erstattet, die geforderte Erklärung jedoch nicht abgegeben.

Elitegroup teilte in einer ersten Stellungnahme lediglich mit, so einfach wie dargestellt sei der Sachverhalt nicht. Man wolle nachforschen und eine genauere Erklärung abgegeben.

Später traf eine weitere Erklärung ein: Die CPUs stammten aus einem Fremdeinkauf und seien dem Distributor auf dessen ausdrückliche Anforderung geliefert worden. In einer internen Prüfung der Ware habe man jedoch später entdeckt, dass sie teilweise nicht den Spezifikationen entsprach. Daraufhin habe Elitegroup den Verkauf rückabgewickelt und den Distributor aufgefordert, einen Rückruf zu veranlassen. Der Distributor sei dieser Bitte aber nicht gefolgt.

Es steht also, wie so oft bei ähnlichen Manipulationsfällen, Aussage gegen Aussage. Der Hersteller AMD ist gefordert, Licht in die Sache zu bringen und die Quelle der gefälschten Ware auszutrocknen. (gs)