Baldiges Ende

Sobald der Verkauf von Windows Vista startet, beginnt der Schluss-Countdown fĂĽr Windows XP: Dann steht das Datum fest, an dem der Support endet. Danach gibt es keine frischen Patches mehr fĂĽr neu entdeckte SicherheitslĂĽcken.

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Als Microsoft kurz nach der Jahrtausendwende die Unterstützung für Windows NT 4.0 einstellen wollte, gab es einen Aufstand der Anwender, die darauf nicht vorbereitet waren. Der führte dazu, dass Microsoft den Support für NT immer weiter verlängern musste und Firmenkunden mit speziellen Verträgen noch heute Patches für das alte System erhalten können. Um ein ähnliches Drama in Zukunft zu vermeiden, hat Microsoft den „lifecycle guide“ eingeführt, eine Liste mit Mindesthaltbarkeitsdaten für alle Microsoft-Produkte.

Der „lifecycle guide“ verspricht für jedes Microsoft-Betriebssystem mindestens fünf Jahre lang „Allgemeinen Support“. Darunter versteht Microsoft die „Bearbeitung technischer Anfragen (kostenfreier Support, kostenpflichtiger Support von Anfragen oder Abrechnung auf Stundenbasis, Garantieanfragen)“, „Security Update Support“ sowie die „Beantragung von Hotfixes, die nicht im Zusammenhang mit sicherheitsrelevanten Themen stehen“. Diese fünf Jahre zählen jedoch nicht etwa ab dem Kaufdatum, sondern ab dem offiziellen Erscheinungsdatum des jeweiligen Betriebssystems, im Falle von Windows XP also ab dem 25. Oktober 2001.

Theoretisch wäre der „Allgemeine Support“ für XP also bereits ausgelaufen, doch Microsoft verspricht, dass er sich verlängert, wenn die jeweilige Nachfolgeversion nicht rechtzeitig erscheint, und zwar bis zwei Jahre nach deren Erscheinungstermin. Da der bei Vista mittlerweile feststeht (Januar 2007), ist der endgültige Termin für Windows XP im Januar 2009.

An die Phase des „Allgemeinen Supports“ schließt sich eine zweite namens „Erweiterter Support“ an. Anders als der Name vermuten lassen könnte, wird die Unterstützung hierbei aber nicht ausgeweitet, sondern eingeschränkt: Es stehen nur noch solche Patches zum kostenlosen Download bereit, die Microsoft als sicherheitskritisch einstuft. Auch diese zweite Phase dauert entweder fünf Jahre oder bis zu zwei Jahre nach dem Erscheinen des Nachfolgers vom Nachfolger, in diesem Fall also bis zum Erscheinen des Vista-Nachfolgers und damit mindestens bis 2014.

Das große Aber: „Erweiterten Support“ gibt es nur für XP Professional, XP Tablet PC Edition und x64-Edition, nicht aber für jene Versionen, die nach Microsofts Vorstellungen vor allem im Privathaushalt zum Einsatz kommen. Mit anderen Worten: Für Windows XP Home endet der Support 2009, und das, obwohl man es bis dahin noch kaufen kann.

Bei der Media Center Edition (MCE) ist es noch etwas komplizierter. Grund dafür ist Microsofts Marketing-Politik, denn MCEs mit nachgerüsteten Service Packs (SP) wurden einfach als neue Versionen verkauft: Die erste MCE trug die Versionsnummer 2002, mit SP1 stieg sie auf 2004 und mit SP2 auf 2005 - und für jede dieser drei Versionen führt der „lifecycle guide“ ein eigenes Erscheinungsdatum auf. Da sich Service Packs aber auch manuell nachrüsten lassen, lässt sich so von Hand aus einer MCE 2002 eine 2005er machen. Die meldet sich zwar in der Systemsteuerung unter System weiterhin als MCE 2002, doch das gleiche gilt auch für eine im Laden gekaufte 2005er-Version. Damit ist unklar, welche Version eigentlich installiert ist und wann ihr Support endet. Microsoft konnte unsere Nachfragen dazu bis zum Redaktionsschluss nicht beantworten, räumte aber immerhin ein, dass hier wohl Klärungsbedarf herrsche.

Apropos Service Pack: Auch für die gibt es einen Abschnitt im „lifecycle guide“. Dort heißt es sinngemäß: Jedes Service Pack wird mindestens 12 Monate nach Erscheinen des nachfolgenden unterstützt, in besonderen Fällen bis zu 24 Monate. Damit ist gemeint, dass etwa Patches für Windows XP mit SP2 nur maximal zwei Jahre nach dem Erscheinen des SP3 bereitgestellt werden, anschließend setzt jeder weitere Patch für XP voraus, dass SP3 installiert ist. Aus diesem Grund ist auch der Support für Windows XP mit SP1 bereits ausgelaufen, obwohl XP noch unterstützt wird - aber eben nur mit SP2.

Die Supportdauer für Service Packs hat keinerlei Einfluss auf die Supportdauer des Betriebssystems an sich. Selbst wenn also Microsoft einen Tag vor Supportende von XP noch ein neues SP bereitstellen würde, endet der Support dennoch einen Tag später.

Es bleibt abzuwarten, ob Microsoft den Support für XP Home und MCE wirklich 2009 einstellt, schließlich dürften die weltweit vielen Millionen Nutzer dieser Systeme kaum alle in den nächsten zwei Jahren umsteigen wollen oder können. Andererseits könnte man in Redmond das Einstellen des Supports für ein geeignetes Mittel halten, um auch Umstiegsunwillige zum Aufrüsten auf Windows Vista zu bewegen. Schließlich haben Privatkunden in diesem Fall sowieso kein Rechtsansprüche. Und dann wird es in rund zwei Jahren für viele Anwender eine böse Überraschung geben - trotz „lifecycle guide“.

[1] Schneider/v. Westphalen, Softwareerstellungsverträge

[2] Zahrnt, Abschlusszwang und Laufzeit beim Softwarepflegevertrag, CR 2000, S. 205 ff.

[3] Marly, Softwareüberlassungsverträge, 3. Auflage, Rdnr. 426 ff.

[4] Moritz, Der Softwarepflegevertrag - Abschlusszwang und Schutz vor KĂĽndigung zur Unzeit, CR 1999, S. 541 (axv)