FlĂĽstertechnik
Bei geschickter Konfiguration arbeiten auch sehr leistungsfähige Desktop-Rechner flüsterleise. Im Handel gibt es aber sowohl leise als auch laute Rechner. Wir erklären, wie man potenzielle Radaubrüder enttarnt und welche Komponenten Lärm vermeiden.
Wer heute einen Komplettrechner kauft, bekommt viel Rechen- und Grafikleistung für sein Geld. Dabei kann er sich vorab ausführlich über viele Eigenschaften seines Wunschrechners informieren: Aus den Angaben zu Hauptprozessor, Hauptspeicher, Grafikprozessor und Festplatte lässt sich recht zuverlässig auf das Performance-Potenzial eines Desktop-Rechners schließen, falls der Hersteller bei der Konfiguration nicht grob gepatzt hat.
Völlig im Dunkeln tappt man bei den allermeisten PC-Offerten hingegen in Bezug auf ihre Lärmentwicklung (und man erfährt übrigens auch so gut wie nichts über ihren Energiebedarf). Ob ein Rechner laut oder angenehm leise surrt, merkt man erst nach dem Auspacken und Anschließen. Selbst ein persönlicher Test vor dem Kauf liefert nur grobe Anhaltswerte - der Hintergrundlärm im Geschäft übertönt Störgeräusche, die einen im flüsterleisen Arbeitszimmer in den Wahnsinn treiben können. Außerdem lässt sich im Laden nur schwer feststellen, wie schnell temperaturgeregelte Lüfter unter Volllast oder in der hochsommerlich aufgeheizten Dachgeschosswohnung rotieren.
Wegen solcher Unwägbarkeiten ist die Gefahr immer noch recht groß, beim unbedachten PC-Einkauf eine röhrende Nervensäge zu erwischen. Möglicherweise wäre ein fast gleich teures und anscheinend unwesentlich anders bestücktes Gerät aus dem gleichen Geschäft deutlich leiser gewesen. Doch wie sollte ein wirklich leiser Desktop-Rechner aufgebaut und ausgestattet sein? Das erläutern wir auf den folgenden Seiten. Die Tabelle auf Seite 87 gibt einen Überblick über leise Rechner, die wir in den letzten Monaten vorgestellt haben. Im nachfolgenden Artikel stellen wir acht Desktop-Rechner vor, die ihre Hersteller als besonders leise anpreisen; dank aktueller Doppelkern-Prozessoren liefern sie auch viel Rechenleistung und laufen größtenteils bereits unter Windows Vista.
Innereien
Glaubt man AMD und Intel, sollte der Bau angenehm geräuscharmer Desktop-Rechner kein Problem sein: Viele Doppelkern-Prozessoren der jüngsten Generationen - Athlon 64 X2 und Core 2 Duo - sind energetisch sparsamer als ihre Vorgänger, weshalb sie mit einer schwächeren Stromversorgung auskommen und weniger Hitze produzieren. Das wiederum mindert den Aufwand für die Kühlung des Prozessors sowie des kompletten PC - und weil die Kühlluft langsamer strömen darf, sinkt tendenziell auch der Lärmpegel. Positiven Einfluss auf den Computerlärm hat paradoxerweise auch der zuvor jahrelang anhaltende Trend zu immer stromdurstigeren Prozessoren, wenn auch nur indirekt und nachträglich: Der Zwang zur Entwicklung immer kräftigerer CPU-Kühlkörper und ATX-Netzteile brachte quasi nebenbei auch viele preiswerte Komponenten hervor, die schon mit leisen, langsam drehenden Lüftern kühlen. Die noch vor wenigen Jahren exotischen und teuren Heatpipes (Wärmeleitrohre) sowie Lamellenkühler mit großen Metallflächen sind zum Standard geworden, effizientere Spannungswandler erzeugen weniger Abwärme.
Heute gibt es also alle technischen Voraussetzungen zum Bau preiswerter, leistungsfähiger und gleichzeitig geräuscharmen Rechner. Doch zwischen „einigermaßen ruhig“ und „unhörbar leise“ liegt ein weites Feld - unter einen gewissen Lautstärkepegel kommt man mit billiger PC-Standardtechnik einfach nicht, darunter wird es kompliziert und extrem teuer. Zudem treiben Konfigurationsmängel und falsche Bauteil-Auswahl den Computerlärm rasch in die Höhe, dazu reicht schon der Einsatz einer anderen Grafikkarte oder eines anderen Netzteils. Die PC-Hersteller benötigen aber vor allem bei Billigst-Rechnern große Freiheit bei der Bauteil-Auswahl, weil hier nur die aktuell günstigsten Komponenten zum Einsatz kommen können. Im Preisbereich unter etwa 500 Euro steigt deshalb das Risiko beträchtlich, einen Krachcomputer zu ergattern. Solange die Geräuschemission aber eben nicht auf dem Typenschild stehen muss, achtet in dieser Preisklasse kein Verkäufer darauf.
Weil sich manche Krach-Komponenten nur mit unvertretbar hohen Kosten oder viel Aufwand nachträglich auswechseln lassen, muss man unbedingt schon beim PC-Kauf ein leises Gerät wählen. Das Nachrüsten leiser Kühler für einzelne Komponenten, ohne diese komplett zu tauschen, birgt viele Unwägbarkeiten. Zwar bietet der Zubehör-Handel leise Kühler an, die laute Ventilatoren auf Prozessoren, Grafikchips und Chipsätzen ersetzen sollen, doch kann der Einsatz eines Ersatzkühlers bei Grafikkarten und Mainboards Gewährleistung und Garantie erlöschen lassen und Montagefehler gehen sowieso auf das Risiko des Bastlers. Viele Nachrüst-Kühler sind wesentlich voluminöser als ihre Vorgänger, passen also nicht in jedes System. Manchmal funktionieren sie nur bei niedrigen Umgebungslufttemperaturen zuverlässig.
Laute Lüfter darf man nicht einfach durch leisere ersetzen, weil letztere möglicherweise viel zu wenig Kühlluft fördern. Abgesehen vom Geräusch des (eventuell schadhaften) Wellenlagers gibt es „besonders leise Lüfter“ im eigentlich Sinne nämlich nicht: Bei gleichem Rotordurchmesser hängt die Lärmentwicklung eines Lüfters im Wesentlichen von der Drehzahl ab, die auch die Luftfördermenge bestimmt. Die vielerorts angepriesenen Ventilatoren mit optimierter Propeller- oder Rahmengeometrie sind bei gleicher Baugröße und Luftleistung durchweg nur minimal leiser als gute „Normalexemplare“. Vergleicht man also zwei Lüfter mit gleicher Rahmen-Bauform (und meistens lassen sich nur solche ohne Schwierigkeiten austauschen), so fördert der leisere fast immer deutlich weniger Luft - möglicherweise zu wenig, sodass dem PC Hitzeschäden drohen.
Großen Effekt für die PC-Beruhigung hat die elastische Aufhängung von Lüftern und Festplatten, weil sich deren Vibrationen dann nicht mehr auf das Gehäuseblech übertragen. Für Lüfter gibt es Gummi-Doppelnippel, die bei Silent-PCs zur Standardtechnik gehören. 3,5-Zoll-Festplatten passen in Gummiring-Entkopplungsrahmen oder lassen sich mit elastischen Abstandhaltern in freien Einbauschächten für 5,25-Zoll-Laufwerke montieren - auch nachträglich.
Das Laute im Leisen
Wer bereits eigene Erfahrungen mit dem Aufbau möglichst leiser Rechner gesammelt hat, kennt die trickreiche Natur des eigenen Gehörs: Je ruhiger die Umgebung wird, umso sensibler reagieren die Ohren. Diese physiologische Nichtlinearität mag die Überlebenschancen unserer Gattung vor den Cro-Magnon-Höhlen gesteigert haben, erschwert die Konfiguration leiser Computer aber deutlich: Sobald das Rauschen der Lüfter verstummt, hört man plötzlich, wie die Vibrationen des Festplattenlaufwerks das PC-Gehäuse zum Schwingen anregen. Kaum hat man dieses Übel mit Entkopplungsrahmen ausgemerzt, stören Klick- oder Pfeifgeräusche von Drosselspulen im Computernetzteil oder auf dem Mainboard. In sehr ruhigen Arbeitszimmern kinderloser Haushalte nehmen empfindsame Naturen womöglich noch das Brummen von Steckernetzteilen oder das Rauschen der billigen Aktivlautsprecher wahr.
Die Störwirkung von PC-Geräuschen hängt deshalb vom jeweiligen Nutzer und dem Einsatzzweck des Gerätes ab: Wer nur selten und dann kurzzeitig optische Medien einlegt, wird sich auch an lauten Laufwerken nicht stören oder zumindest größere Investitionen in leisere Laufwerke scheuen. Bei Festplatten muss man zwischen Lauf- und Zugriffsgeräusch unterscheiden: Wer vor allem Büroarbeiten erledigt, bei denen der PC selten auf die Festplatte zugreift, wird nur ab und zu vom Geräusch der Kopfbewegungen gestört. Vielleicht schätzt er das Knacken und Knattern sogar als akustische Rückmeldung für Speicherbefehle. Die häufige automatische Indizierung und Defragmentierung der Festplattendaten unter Windows Vista fällt bei lauten Festplatten allerdings besonders störend auf.
Weil das Schallempfinden so individuell unterschiedlich ausgeprägt ist, gibt es nicht nur endlose Diskussionen um PC-Lärm, sondern es ist für eine Fachzeitschrift auch schwierig, konkrete Richtwerte festzulegen. Nach unseren Erfahrungen empfinden die meisten Menschen einen PC mit maximal 1 Sone Geräuschentwicklung (gemessen unter c't-Laborbedingungen, siehe Kasten) als ziemlich leise - vor allem, wenn er unter dem Schreibtisch in einem Großraumbüro steht, wo der Hintergrundlärm typischerweise mindestens 1 Sone erreicht. Ein 2-Sone-Gerät im Desktop-Case nimmt man auf dem Schreibtisch schon als störend laut wahr. Wer sich selbst als lärmempfindlich einschätzt, dürfte einen PC erst dann als „wirklich leise“ einstufen, wenn er höchstens 0,5 Sone emittiert.
Regeln oder einstellen?
Sowohl AMD als auch Intel erarbeiten in ihren Entwicklungsabteilungen Leitfäden, die PC-Herstellern die Konfiguration zuverlässig gekühlter Systeme erleichtern sollen. Darin beschreiben sie auch Maßnahmen zur Lärmvermeidung, etwa den Einsatz temperaturabhängiger Drehzahlregler für den Lüfter auf dem CPU-Kühler. Eine solche Regelung ist aber nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss, wenn der PC ganz besonders leise werden soll - häufige Drehzahlvariationen stören wesentlich stärker als ein etwas lauteres, aber unveränderliches Rauschen, an das sich das Gehör rasch gewöhnt. Wenn ein Computer unter Dauer-Volllast und bei höheren Raumlufttemperaturen flüsterleise arbeiten soll, helfen geregelte Lüfter ebenfalls nicht weiter.
Drehzahlregler sind in PCs trotzdem häufig anzutreffen, weil es sich dabei um die kostengünstigste Möglichkeit handelt, Rechnerlärm zumindest unter guten Bedingungen (kühle Raumluft, niedriger Rechenlast) zu mindern. Mit hohen Lüfterdrehzahlen lässt sich auch dann viel Wärmeleistung sicher abführen, wenn auf dem Prozessor nur ein billiger, kompakter und leichter Kühlkörper sitzt - genau solche Eigenschaften schätzen PC-Hersteller, die im Preiskampf bestehen müssen. Ein grob abgesägtes Aluminiumextrusionsprofil mit aufgepfropftem 70-mm-Propeller schafft notfalls 90 Watt weg, wenn auch erst bei 5000 Rotor-Touren und deshalb mit fürchterlichem Krach; ein solcher Kühler kostet deutlich weniger als zehn Euro. Mindestens das Doppelte, eher das Drei- bis Fünffache zahlt man für Kühlkörper mit großer Lamellenfläche, die thermisch effizient per Heatpipe angebunden ist und den breit gefächerten Luftstrom eines 12-Zentimeter-Ventilators voll ausnutzt. Noch viel teurer sind Wasserkühler, die die Abwärme von CPU und oft auch Grafikchip zu einem großflächigen „Radiator“ führen, der sie an langsam strömende Luft abgeben kann. Die teuerste Lösung sind Passivkühlsysteme mit Heatpipes, die die Halbleiter-Abwärme auf stark verrippte Aluminium-Außenteile des PC-Gehäuses führen.
Drehzahlgeregelte Lüfter sind aber nicht nur vergleichsweise billig in der Anschaffung, sie ersparen dem PC-Hersteller (oder -Bastler) im Vergleich zu leisen und langsamen Ventilatoren auch einiges an Aufwand für Tests und Experimente: Wenn die Lüfter bei Überhitzung nicht automatisch schneller drehen können, weil es eben keine Regler gibt, muss man den Computer sehr sorgfältig unter ungünstigen Dauervolllastbedingungen testen. Diesen Fall kann man niemals ausschließen, weil sich die CPU eines unbeaufsichtigt laufenden PC beispielsweise in einer Endlosschleife aufhängen kann.
Viele aktuelle Mainboards bringen Drehzahlregler wenigstens für den CPU-Kühler mit. Welche Drehzahl sich aber bei einem individuellen Computer letztlich einstellt, ist unklar - das lässt sich nur experimentell ermitteln und hängt vom gesamten Systemaufbau ab. Viele Lüftermotoren enthalten integrierte Regler, die die Drehzahl je nach Temperatur der angesaugten Luft variieren. Die Kombination von Mainboard- und Lüfterreglern führt zu unvorhersagbaren Ergebnissen. Der Aufbau eines besonders leisen Rechners setzt also Erfahrungen und sorgfältige Messungen mit allen vorgesehenen Bauteilkombinationen voraus - wie unsere Tests regelmäßig zeigen, drohen ansonsten fatale Fehler, zumindest in Bezug auf die Geräuschkulisse.
Den vollständigen Artikel finden Sie in c't 10/2007.
| "Leistung ohne Lärm" | |
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| Wieso manche PCs leiser sind als andere | S. 82 |
| FlĂĽster-PCs verschiedener Preisklassen im Test | S. 88 |
(ciw)