Film per Funk
Die aktuell schnellste WLAN-Technik wurde unter anderem fĂĽr Multimedia- und HD-Video-Ăśbertragungen konzipiert. Solche drahtlosen Kopplungen von einem Video-Server zum Bildschirm muss man zwar noch hintricksen, aber im Praxistest konnte das 11n-WLAN als Filmtransporter durchaus ĂĽberzeugen.
Die Spezifikation für das schnelle WLAN gemäß der IEEE-Norm 802.11n wird zwar erst noch festgeklopft, aber schon die aktuelle Entwurfsversion (Draft 2.0) ist hinreichend ausgereift; bereits eine ganze Reihe von Basisstationen und PC-Cards macht sich dieses Verfahren für Netto-Datenraten deutlich über 100 MBit/s zu Nutze. Detaillierte Messwerte und andere Testergebnisse finden Sie im nachfolgenden Beitrag ab Seite 134 in c't 22/07.
Gegenüber dem WLAN-Vorgänger 802.11g, der ohne proprietäre Tricks höchstens 24 MBit/s befördert, bringen die 11n-Vertreter also eine enorme Leistungssteigerung mit, sodass sie für die Übertragung von hochaufgelösten Videos geeignet erscheinen. Damit kann man zum Beispiel Funkbrücken aufbauen, um HD-Videofilme von einem NAS-Gerät zu einem Streaming-Client zu übertragen, der den Datenstrom dekodiert und an einen Bildschirm weitergibt.
Spannend ist aber die Frage, über welche Entfernung das noch ruckelfrei klappt, denn der Durchsatz von Funkverbindungen nimmt mit der Entfernung ab. Für HD-Filme mit einer Auflösung von 1920 x 1080 Pixeln muss eine Verbindung bis zu 25 MBit/s befördern. Zudem setzt HD als Streaming-Anwendung einen konstanten Megabit-Tornado voraus: Die Daten müssen während der gesamten Wiedergabe mindestens so schnell eintreffen wie sie wiedergegeben werden, sonst setzen Bild und Ton aus (frame dropping). Hält 11n diese Datenrate konstant über mehr als zehn Meter aufrecht, kommt es als flinke Funkbrücke in Frage, und die Bohrmaschine kann im Keller bleiben. Für schmalbandiges Material wie PAL-Video-Filme gilt das gleiche Prinzip, jedoch sind die Ansprüche geringer, weil nur maximal 8 MBit/s befördert werden müssen.
Client-Simulation
In unseren Testräumen beförderten die besten Kandidaten auf der 30-Meter-Testdistanz knapp 30 MBit/s (Büroumgebung, mehrere Schränke und Leichtbauwände im Funkweg). Man könnte daher schlussfolgern, dass 11n-Funkbrücken für HD-Übertragungen 30 Meter lang sein dürfen. Doch diese Werte sollte man nicht auf Streaming-Anwendungen beziehen, denn das üblicherweise für Durchsatzmessungen eingesetzte Programm iperf liefert nur über die Zeit gemittelte Werte sowie absolute Minima und Maxima. Details wie die Dauer und Höhe von Durchsatzschwankungen, wie sie während Funkübertragungen üblich sind, erfasst diese Software nicht.
In unserem HD-Praxistest haben wir daher Streaming-Clients mittels Notebooks und der frei erhältlichen Wiedergabe-Software MPlayer simuliert (siehe Soft-Link zu diesem Beitrag). MPlayer gibt über die CPU- und Cache-Auslastung, über die Datenrate des abgespielten Materials sowie über verlustig gegangene Frames fortlaufend Auskunft. So kommt man auch einzelnen Frame-Verlusten auf die Spur, die dem Auge unter Umständen verborgen bleiben. Das ebenfalls kostenlose und verbreitete VLC liefert solche Informationen zwar auch, aber die Software spielte unser HD-Material nicht einmal von der lokalen Festplatte fließend ab.
Weil auch schon das Dekodieren des HD-Datenstroms einiges an Rechenleistung erfordert, haben wir aktuelle Notebooks mit Doppelkernprozessoren eingesetzt; ein Toshiba Tecra M9 mit Intel Core 2 Duo, 1,8 GHz Taktrate, 1 GByte RAM sowie Windows XP SP2 und ein MacBook mit 2 GHz Takt, 1 GByte RAM und Mac OS X 10.4.10. Ein probeweise eingesetztes Pentium-M-Notebook (Acer TravelMate 4601 mit 1,6 GHz Takt und 2 GByte RAM) schaffte die Wiedergabe ĂĽbers LAN zwar reibungslos, nicht aber ĂĽbers WLAN.
Stellvertretend für die 11n-Basisstationen haben wir zwei Kandidaten gewählt, die aufgrund der Werte in der iperf-Messdisziplin gute HD-Übertragungseigenschaften erwarten ließen, nämlich Trendnet TEW-633GR und Apple AirPort Extreme. Die Trendnet-Station lieferte im iperf-Test im Mittel 22 MBit/s über 30 Meter, die AirPort-Station im 2,4-GHz-Band ebenfalls 22 MBit/s und im 5-GHz-Band im Durchschnitt 29 MBit/s. Das Toshiba-Notebook musste sich über das 2,4-GHz-Band mit der Trendnet-Station verbinden und das MacBook im 2,4- und im 5-GHz-Band mit Apples AirPort.
Das Video lieferte ein per GBit-Verbindung an den Access-Point angeschlossener Windows-XP-Server mittels Windows-Filesharing. Damit hält die Ethernet-Strecke nicht nur genügend Reserven für HD-Übertragungen bereit, sondern eignet sich auch für parallele Netzwerk-Anwendungen.
Video-Vorräte
Die Ergebnisse überraschen auf den ersten Blick vielleicht, denn bei beiden Systemen ruckelte die HD-Video-Wiedergabe bereits weit vor der 30-Meter-Marke - das belegt aber lediglich, dass die iperf-Ergebnisse nicht auf Streaming-Anwendungen anwendbar sind (sie sind natürlich nützlich zum Vergleich der Kandidaten untereinander). Unterm Strich gelang aber mit beiden Notebooks eine ruckelfreie HD-Wiedergabe auf bis zu 20 Meter Entfernung von der Basisstation. Bei dickeren Wänden verkürzt sich die Strecke natürlich, aber die Werte lassen den Schluss zu, dass 11n-Funker HD durchaus aus dem Nebenzimmer ins Wohnzimmer übertragen können.
Freilich erzielt man die besten Reichweiten erst nach ein wenig Fein-Tuning. Dafür empfiehlt es sich, bei maximalem Sendepegel (Transmit Power) zunächst einen unbelegten, überlappungsfreien Kanal sowie die günstigsten Aufstellungsorte für die beiden Gegenstellen zu ermitteln, sodass Nachbar-WLANs möglichst wenig Störungen verursachen und der Funkweg die geringste Dämpfung aufweist (also dicke Wände, Blumentöpfe oder auch Schränke zwischen den WLAN-Geräten meiden, verschiedene Ausrichtungen der Stationen ausprobieren). Status-Anzeigen wie die von Apples AirPort Express eingespielte Signal-Rauschabstand-Kurve können dabei sehr hilfreich sein, weil sie umgehend und detailliert über die Signalqualität informieren. Bei Stationen, die solchen Komfort nicht bieten, muss man sich mit einfachen Durchsatzmessungen mittels iperf behelfen.
Nutzer der Apple AirPort Extreme können bei der Kanalsuche zusätzlich auf das 5-GHz-Band ausweichen. Obwohl das 2,4-GHz-Band schon dicht mit WLANs bevölkert ist, lohnt es sich aber auch für AirPort-Nutzer, zunächst in diesem Bereich die Übertragungsmöglichkeiten abzuklopfen, denn 2,4-GHz-Wellen haben günstigere Ausbreitungseigenschaften als die im 5-GHz-Band. In unserem Test ließ sich HD mit der Apple-Hardware im 5-GHz-Band bis zu einer Distanz von 17 Metern flüssig übertragen, im 2,4-GHz-Band waren bis zu 20 Meter zu verzeichnen.
Wenn möglich, sollte man in der Basisstation den ausschließlichen 11n-Übertragungsmodus einschalten, also Kompatibilitätsmodi abschalten, weil die den Durchsatz drücken - Geräte, die gemäß den älteren Verfahren 802.11a/b/g gebaut sind, können dann natürlich nicht mehr an der 11n-Basis ankoppeln. Diese Art Fein-Tuning bietet zwar nicht jede 11n-Basisstation (siehe Seite 134 in c't 22/07), aber im Video-Test brachte diese Einstellung gegenüber dem 11a/g-Kompatibilitätsmodus zwei Meter mehr.
Zusätzlich haben wir untersucht, ob sich die überbrückbare Distanz beim Einschalten der Kanalwahlautomatik ändert; manche Stationen können selbstständig zwischen 20 und 40 MHz breiten Kanälen umschalten. Diese Einstellung erhöhte die Reichweite jedoch nicht. Weil die Sendeleistung bei beiden Modi gleich hoch ist, sinkt die Signalqualität bei zunehmender Entfernung im 40-MHz-Betrieb stärker als im 20-MHz-Betrieb, sodass ab einer gewissen Strecke der 40-MHz-Betrieb weniger effektiv wird. In der Testumgebung erfolgte die Umschaltung bereits ab zehn Metern Entfernung.
Innerhalb dieses Umkreises kann sich der 40-MHz-Modus durchaus lohnen, wenn der Empfänger neben dem HD-Stream noch weitere Daten laden soll, etwa ein dringendes Treiber-Update. Allerdings steigt bei 40 MHz aufgrund der breiteren Kanäle die Wahrscheinlichkeit, dass die Übertragung von Nachbar-WLANs gestört wird, sodass man diesen Modus individuell erproben muss.
Den vollständigen Artikel finden Sie in c't 22/2007.
| "300-MBit-WLAN" | |
| Artikel zum Thema "300-MBit-WLAN" finden Sie in der c't 22/2007: | |
| HD-Filme abspielen ĂĽber schnelles WLAN | S. 130 |
| Draft-N-Router und Notebook-Adapter im Test | S. 134 |
(dz)