Elastische Teile selbermachen – mit dem 3D-Drucker

Weiche Teile aus Silikon lassen sich immer noch am Besten gießen. Die Negativformen lassen sich mit herkömmlichem PLA-Filament heute leicht 3D-drucken.

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Eine Reihe an Silikonteilen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Thomas Gamisch
Inhaltsverzeichnis

Der 3D-Druck harter Plastikteile gestaltet sich in der Regel unproblematisch. Die Herstellung weicher Teile wie Dämpferelemente oder Gummilager ist hingegen für viele Maker Neuland. Zwar gibt es inzwischen auch weiche Filamentsorten, diese sind jedoch relativ teuer und lassen noch einige Anwenderwünsche offen. Als Alternative bietet sich an, eine Negativform aus herkömmlichem PLA-Filament zu drucken und die Weichteile dann darin mit Hilfe von Silikon-Abformmasse zu gießen.

Dieses Verfahren benötigt kein Spezialfilament und daher auch keine besonderen Einstellungen am 3D-Drucker. Außerdem ergibt Silikonkautschuk dauerhaftere Teile, deren Elastizität und Verhalten durch die Wahl des geeigneten Silikon-Materials innerhalb weiter Grenzen bedarfsgerecht einstellbar sind.

Silikon-Abformmasse gibt es in vielen Mischungen für fast jeden Einsatzzweck. Unterschieden wird zwischen Einkomponenten- und Zweikomponenten-Produkten, sowie zwischen den Produktklassen RTV (Raumtemperatur-vernetzend) und HTV (Hochtemperatur-vernetzend). Zu den einkomponentigen Produkten zählen beispielsweise die bekannten Sanitär-Silikonkartuschen, welche mit Feuchtigkeit vernetzen. Diese eignen sich für Abformzwecke aber nur bedingt, da sie zu zähflüssig und auf Haftung ausgelegt sind.

Formen für Silikonteile aus dem 3D-Drucker (8 Bilder)

Mit deser mehrteiligen Form werden Gummidämpfer angefertigt.

Zur Herstellung von flexiblen Teilen sind Zweikomponenten-RTV-Abformsysteme (additiv vernetzend) die bessere Wahl. Für Dämpfungselemente hat sich gießfähige Zweikomponenten-Silikon-Abformmasse mit einer Shore-Härte von A30 bewährt. Dies entspricht etwa der Konsistenz von weichem Gummi. Je höher die Shore-Härte, desto härter das gegossene Material. Zum Vergleich: Shore-Härte A10 entspricht etwa der Konsistenz weich-glibbriger Gummibären, A50 bis A70 entspricht Autoreifen, A100 entspricht Hartplastik. Zusätzlich hat Silikon eine Temperaturbeständigkeit von –50°C bis 180°C (kurzzeitig bis 250°C), ist praktisch schrumpffrei und lebensmittelecht. Man könnte damit auch problemlos Back- oder Eiswürfelformen herstellen.

Die Negativform kann aus mehreren Teilen bestehen, um eine saubere Entformung sicherzustellen. Dabei reagiert Silikon sehr gutmütig, was Ablösewinkel und kleinere Hinterschneidungen angeht. Sowohl die Elastizität des späteren Werkstücks als auch die guten Selbsttrennungseigenschaften der Abformmasse gestalten den Entformungsprozess weitgehend unproblematisch. Der Einsatz spezieller Trennmittel wie Trennwachs oder PVA-Lack erübrigt sich.

Die beiden Komponenten der Abformmasse werden in einem Plastikgefäß gemäß Herstellerangaben gemischt und vorsichtig verrührt, um Lufteinschlüsse gering zu halten. Dabei leistet eine elektronische Küchenwaage gute Dienste, denn Zweikomponenten-Silikon wird nach Gewichtsanteilen gemischt und das Mischungsverhältnis sollte möglichst genau eingehalten werden. Zur Ermittlung der benötigten Gesamtmenge schätzt man die Gewichtsanteile aus dem Volumen des zu gießenden Bauteils.

Faustformel: etwa 1,3 Gramm gemischtes Silikon ergeben ein Volumen von 1 ml oder 1 cm³. Kalkuliert man zusätzlich eine kleine Sicherheitsreserve ein, halten sich die Abfälle in Grenzen. Die fertig angesetzte, honigzähe Masse gießt man in die Form und wartet, bis sie ausgehärtet ist. Dies kann je nach verwendetem Produkt zwischen wenigen Minuten und bis zu 48 Stunden dauern. Für den hier beschriebenen Einsatzzweck sind Produkte mit einer Topfzeit von rund 30 Minuten und einer Aushärtezeit von 24 Stunden gut geeignet.

3D-Druck

Der Sammelbegriff 3D-Druck steht heute für ein ganzes Bündel von Fertigungstechniken, die nach unterschiedlichen Prinzipien funktionieren und sich jeweils nur für ganz bestimmte Materialien eignen. Ihr gemeinsamer Nenner: Alle Verfahren bauen dreidimensionale Objekte, indem sie Material in dünnen Schichten auftragen und verfestigen.

Um ein Auslaufen der Abformmasse zu verhindern, wird die Negativform mit handelsüblichem Maler-Abdeckband, Power-Tape oder ähnlichem abgedichtet. Ist die Oberseite der Form offen, lässt man das Band oben überstehen und erzeugt so eine Art Badewanne für das Silikon. Bei komplexeren, geschlossenen Formen müssen Entlüftungskanäle vorgesehen werden, damit das Silikon bis in alle Randbereiche der Form fließen kann. Dazu reichen schon 1 mm starke Löcher an Ecken und Endpunkten. Dann wird das Silikon über eine zentrale Einfüllöffnung solange zugeführt, bis es aus allen Entlüftungsöffnungen quillt. Bei kleineren Querschnitten des Bauteils kann dabei leichter Druck hilfreich sein, zum Beispiel durch Hineinpressen mit einer Spritze. Wichtig ist nur, dass durch den Einpressvorgang keine zusätzliche Luft in die Form gelangt.

Nach dem Aushärten wird überstehendes Material mit einem scharfen Messer entfernt. Nun beginnt das Entformen des Bauteils. Am Besten fährt man mit einem dünnen, flachen Schraubenzieher oder einer Messerrückseite zunächst vorsichtig die Grenzflächen zwischen Silikon und Form beziehungsweise zwischen den Formteilen ab. Dann wird das Bauteil behutsam herausgehebelt und ist bereit für den Einsatz.

Mit diesem Verfahren lassen sich nicht nur Gummilager oder Backformen, sondern auch komplexe Dichtungen, Schwingungsdämpfer, Stopfen, Schlauchteile, Adapter, Bänder oder stoßdämpfende Gehäusehüllen herstellen. Überall, wo ein elastisches Teil fehlt, lässt sich dieses passgenau anfertigen und über die verwendete Silikon-Sorte mit den gewünschten Elastizitätseigenschaften ausstatten. Kommt es auf hohe Druck- bzw. Zugfestigkeit an, etwa bei Druckschläuchen, Zahnriemen oder Förderbändern, bettet man beim Gießen Armierungsgewebe ("Gitterband" aus der Maurer-Abteilung des lokalen Baumarkts) in das Silikon ein und kann so die Elastizität auch richtungsabhängig beeinflussen. ()