ProzessorgeflĂĽster
Nach der Scheidung von Siemens feierte die neue Firma Fujitsu Technology Solutions ihren Single-Einstand. Qimonda sucht dringender denn je irgendeinen Partner (Alter und Geschlecht egal, Hauptsache solvent), die geplante Vermählung von IBM und Sun findet nicht statt und Intel wirbt für sich – allerdings mit unkorrekten SPECPower-Ergebnissen.
- Andreas Stiller
An den Standorten München, Paderborn und Augsburg wird Fujitsu Technology Solutions zukünftig die globale Entwicklung von Servern mit Intel-Architektur sowie Speichersystemen vorantreiben. In Augsburg soll für diesen Bereich die Forschung und Entwicklung für die ganze Fujitsu-Gruppe zentralisiert werden. Das sind gute Aussichten für die hiesigen Mitarbeiter. Zum Einstand am 1. April konnte Fujitsu dann auch schon als Erster mit SPEC-Werten des 3,2-GHz-Nehalem-EP (W5580) in den Workstations Celsius M470 und R670 glänzen: 249 SPECint_base2006_rate und 200 SPECfp_base2006_rate. Damit ist dieser auch im Gleitkommadurchsatz schneller als ein 4-Wege-Opteron (8386SE), der im besten Fall auf 193 kommt.
Dieser schnellere W5580-Prozessor wird von Intel jedoch nur für Workstations vermarktet, Server beschränken sich zunächst auf den Xeon mit 2,93 GHz (X5570). Im Fujitsu-Server Primergy RX-200 lief letzterer noch ein Tickchen schneller als bei den gleich ausgestatteten Servern der Konkurrenz wie Dell, Hitachi, SGI und Supermicro (siehe auch c't 9/2009, S. 28). Nur Asus vermochte es, das Motherboard Z8PE-D12X noch ein Tüpfelchen besser zu tunen und führt nun mit 241 SPECint_base2006_rate (unter Linux) die Tuning-Liste an.
Das Tuning ist beim Nehalem wieder besonders wichtig geworden, weil der Turbo Mode der Prozessoren bei entsprechendem Design auch dann noch etwas bringen kann, wenn alle Kerne unter Volldampf stehen. Bessere Kühlung, besseres Powermanagement, höhere Performance ist hier die einfache Formel, die aber im Design gut umgesetzt werden will.
Bei welchen Umgebungstemperaturen gemessen wird, bleibt dabei allerdings offen. Das Thema hatte man auch schon bei manchen Notebooks, die letztlich nur in der Tiefkühltruhe die Normtaktfrequenz unter Vollbetrieb erreichten, ansonsten aber munter drosselten (Throttling). Bei der Bestimmung der Energieeffizienz mit dem SPECPower-Benchmark ist aus diesem Grunde auch die Messung der Temperatur an der Hauptluftzufuhr des Rechners Pflicht (mindestens 20 °C), damit niemand sein System trickreich in speziellen Kühlräumen betreibt.
Power Make-up
Um die SPECPower-Werte für eine Veröffentlichung auf www.spec.org zu tunen, stehen aber noch andere Wege offen. Neben dem Prozessortuning – Turbo Modus aus(!), Prefetch aus und so weiter –, dem Java-VM-Tuning mit einer speziellen Oracle-JRockit-Performance-Version, an die Normalsterbliche so gut wie gar nicht herankommen und die mit Dutzenden von JVM-Parametern angeworfen wird, ist es vor allem das Bestückungstuning, mit denen die Hersteller tricksen. So versah Dell den PowerEdge 1950 mit einer einzigen energiesparenden 50-GByte-SSD, beschränkte den Speicher auf 12 GByte, schaltete zwei der vier NICs ab und kam so auf den beeindruckend niedrigen Wert von 76 Watt im Leerlauf und 237 Watt bei Vollbetrieb, mithin auf 1746 ssj_ops/Watt.
Der Blade-Hersteller Verari Systems zeigte sich darüber hinaus sogar „extremely pleased“ mit einem reklamierten Wert von 1943 ssj_ops/Watt – doch komisch, in der B-Version der Pressemeldung (PR0330009b) ist davon überhaupt nicht mehr die Rede und auf www.spec.org findet man von Verari weit und breit nichts, nur Dells Veröffentlichung – da muss wohl irgendwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Dumm nur, dass Intel diesen Wert in seinen Pressemitteilungen übernommen hat.
Und so schön wie diese hochgetuneten Nehalem-Effizienzwerte mit SPECPower auf Basis des Java-Business-Benchmarks sind, so wenig haben diese im Bereich des High-Performance-Computings Bestand. Denn da zählen solche Werte wie Linpack-Gigaflops pro Watt – und zwar bei Volllast. In dieser Disziplin liegt Nehalem-EP nach unseren Messungen mit 196 MFlops/Watt jedoch hinter seinem Vorgänger Harperton (210 MFlops/Watt) und dem Konkurrenten Opteron mit 202 MFlops/Watt knapp zurück. Hier bieten sich AMD also weiterhin durchaus gute Chancen. Zudem will AMD ja möglichst bald mit dem Sechskerner Istanbul nachlegen.
Ganz zufällig parallel zu Intels deutschem Nehalem-Festakt hatte AMD ebenfalls nach München geladen, um hier ein paar Wochen nach Gründung die neuen Chefs der abgespaltenen Tochter Globalfoundries vorzustellen: Doug(las) Grose als CEO und James Doran als neuer, alter Chef der Werke in Dresden – er leitete die AMD-Werke auch schon früher bis zum Jahre 2001. Grose gab eine Garantieerklärung für die verbliebenen 2400 Arbeitsplätze zumindest für dieses Jahr ab. Allerdings, so betonte er, beobachte man die Entwicklung angesichts der angespannten Konjunkturlage sehr genau. Zwei Tage zuvor hatte AMD bei der amerikanischen Börsenaufsicht neue Schätzungen über weitere Restrukturierungskosten in Höhe von 50 Millionen Dollar eingereicht, darunter auch Kosten zur Schließung von Einrichtungen. Zudem meldete Flash-Tochter Spansion Anfang März freiwillig Insolvenz gemäß Chapter 11 und wird wohl den Vertrag mit AMD nicht einhalten, was zusätzlich mit 5 Millionen Dollar zu Buche schlägt.
Brautwerbung
Und während die ehemaligen AMD-Fabriken 36 und 30/38 – nun neu als Fab 1 Module 1 und Module 2 durchnummeriert – dank arabischer Kapitalspritze erst mal weitermachen können, ging beim Nachbarn Qimonda das Licht aus. Inzwischen wurde hier das Insolvenzverfahren eröffnet und etwa 2500 Mitarbeiter in eine Transfergesellschaft umgesiedelt. Die bayerische Regierung regte an, das Filetstück, die Forschungs- und Entwicklungsabteilung, nach München zu verlagern, was aber Insolvenzverwalter Michael Jaffé mit Hinblick auf mögliche Investoren ablehnte. Hoffnungen auf neue Investoren jedoch – zuletzt waren die drei großen russischen Halbleiterfirmen im Gespräch – haben sich bislang zerschlagen und das Werk in Richmond/Virginia für 300-mm-Wafer steht zum Verkauf.
Wenig erfolgreich war bislang auch Sun bei der Suche nach einem neuen Besitzer. „Sie haben Sun im Silicon Valley angeboten wie Sauerbier (shopped around the Valley)“ so frei übersetzt die Äußerung von Intel-Chef Otellini in einem Mitarbeiter-Webcast. HP und Dell hätten bereits abgesagt und nun hat auch IBM nach intensiver Prüfung der Bücher zunächst das Angebot gesenkt und sich dann ganz zurückgezogen. Das wirft kein gutes Licht auf Suns Finanzsituation, und alle Welt rätselt nun, was da wohl noch für Leichen im Keller liegen.
Vielleicht ist ja im Harem von Abu Dhabi noch ein Plätzchen für die Qimonda- oder Sun-Bräute frei, aber Abu Dhabi soll ja nach AMD und Daimler jetzt erst mal Opel retten. (as)