Schweiz: Ungeklärte Fragen zur Einführung von Smart Metern

In der Schweiz sind die ersten Smart Meter installiert, die flächendeckende Einführung steht noch aus. Noch gibt es keine allgemeinen Datenschutzbestimmungen, nur ein Kanton hat dazu ein Gesetz. Anderswo behelfen sich die Energieversorger anderweitig.

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Strommasten
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Von
  • Tom Sperlich
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Auch in der Schweiz sollen die aus mancherlei Gründen umstrittenen "intelligenten Stromzähler" flächendeckend eingeführt werden. Allzu eilig hat man es dabei aber nicht. Zwar sind die Smart Meter für die Berner Regierung und das Bundesamt für Energie (BfE) ein Baustein intelligenter Netze (Smart Grids) und "integraler Bestandteil der Energiestrategie 2050" (quasi die Schweizer Version der Energiewende). Bevor aber das Parlament frühestens 2017/18 über zu ändernde gesetzliche Grundlagen abstimmen wird, haben die Eidgenossen noch viele Fragestellungen zu klären.

Dazu gehört auch die Kostenfrage, denn unklar ist noch, wer auf den Kosten für Smart Meter und deren Installation sitzen bleibt. Laut der Regulierungsbehörde ElCom darf dem Endkunden nur dann die Rechnung präsentiert werden, wenn die neuen Stromzähler Effizienz oder Netzsicherheit verbessern helfen, betont der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE). Bislang gibt es jedoch lediglich eine Schätzung zum volkswirtschaftlichen Vorteil, der laut einer Kosten-Nutzen-Analyse im Auftrag des BfE "leicht positiv" sein wird. Bis 2035 wird der durch die Installation von Smart Metern demnach etwa 900 Millionen Franken betragen.

Da Smart Meter aber auch die Privatsphäre eines Haushaltes tangieren können, weil ein detailliertes Energienutzungsprofil auslesbar ist, war die Verhältnismäßigkeit der Datenerhebung ein zentraler Punkt der zuständigen BfE-Arbeitsgruppe "Smart Grid Road Map Schweiz". Das sagte der Ende dieses Monats aus Altersgründen zurücktretende Schweizer Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür. Für das BfE ist deswegen eine "landesweite Harmonisierung der Datenschutzbestimmungen für Smart-Metering-Systeme ein erster Schritt" auf dem Weg zu smarten Netzen. Auch müsse die Sicherheit der Messsysteme gewährleistet werden.

Unterdessen gibt es in einer Region der Schweiz schon die erste explizite gesetzliche Regelung für Smart Meter: Im Sommer wurde im Kanton Zug ein Erlass im Rahmen des Energiegesetzes wirksam. Für "smarte" Messsysteme, die den Verbrauch von Strom, Gas und Wärme erfassen, gilt seitdem, dass die Netzbetreiber die Daten höchstens einmal pro Monat vom System abrufen dürfen. Die Daten müssen vorher außerdem aggregiert und verschlüsselt werden. Für den Endverbraucher muss erkennbar sein, wenn Daten transferiert werden. Die Daten dürfen auch nicht weitergegeben werden. Davon ausgenommen ist die Weitergabe der Kundendaten von den Netzbetreibern an die Energieversorger, soweit dies für die Energieabrechnung erforderlich ist. Die Verbrauchsdaten müssen spätestens nach zwei Jahren vom Smart Meter gelöscht sein.

Vergleichbare Datenschutzregelungen wurden auch von den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich (EKZ) in Zusammenarbeit mit dem Datenschutzbeauftragten des Kantons implementiert. Wann und in welcher Form nationale Datenschutzgesetze zu Smart Metern beschlossen werden, ist derzeit noch offen.

Die EKZ ist landesweit das einzige Energieversorgungsunternehmen, das bereits in größerem Umfang digitale Stromzähler – 60.000 von rund 350.000 Einheiten insgesamt – installiert hat. Allerdings werden Daten erst von 7200 Smart Metern übertragen. Weitere flächendeckende Smart-Meter-Installationen gibt es sonst bislang nur von kleineren Versorgern, beispielsweise im Städtchen Arbon am Bodensee.

Der VSE konstatiert deswegen beim Thema Smart Meter gelassen, dass es in der Schweiz hinsichtlich der Einführung digitaler Stromzähler weder Druck seitens der Endkunden noch konkrete politische Zielvorgaben gebe. Und ohne die Implementierung eines Smart Grids, das sich noch im Forschungsstadium befinde, seien Smart Meter für ein herkömmliches Lastmanagement des Netzes noch nicht nötig, sagt der VSE. Das könne sich mittel- bis langfristig, also etwa bis 2050, ändern. Dann seien die Versorgungsnetze eventuell smart, inklusive der entsprechenden Mess- und Endverbrauchsgeräte.

Lesen Sie dazu auch ein Interview mit dem Datenschutzbeauftragten der Schweiz bei c't:

(mho)