ICANN: Europa schickt das Enfant Terrible

Der Sprecher des Chaos Computer Clubs Andy Müller-Maguhn ist der erste online gewählte Europa-Direktor im Vorstand der ICANN.

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Von
  • Christian Persson

Andy Müller-Maguhn ist der erste online gewählte Europa-Direktor im Vorstand der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). Mit 5948 Online-Stimmen der abgebenen 11309 Stimmen der europäischen ICANN-Mitglieder schaffte der Sprecher des Chaos Computer Club gleich in der ersten Auszählung des komplizierten Wahlverfahrens den Sprung in das für die Überwachung und Reform des Domain Name Systems zuständige Gremium. Auf den Plätzen zwei und drei folgten mit deutlichem Abstand die beiden anderen deutschen Kandidaten im Rennen im den Europa-Sitz, die Berliner Politikwissenschaftlerin Jeanette Hofmann (2295) und Telekom-Manager Winfried Schüller (990).

Mit der Wahl Müller-Maguhns als einem von fünf regional gewählten Mitgliedervertretern (At-Large-Directors) haben sich die Erwartungen vieler Beobachter bestätigt, die den von den Mitgliedern selbst für die Wahl vorgeschlagenen Kandidaten die besten Wahlchancen eingeräumt hatten. Ein Nominierungskomittee der ICANN hatte fünf der sieben Kandidaten vorgeschlagen. Gleichzeitig spiegelt das Wahlergebnis allerdings auch recht deutlich die Mitgliedsverhältnisse innerhalb Europas wider. In Deutschland konnten die meisten Nutzer für Registrierung und Wahlteilnahme gewonnen werden. Europa war mit über 48 Prozent gleichzeitig die Region mit der höchsten Wahlbeteiligung.

Auch in Nordamerika machte ein von den Nutzern nachnominierter Kandidat das Rennen. Karl Auerbach von Cisco (1738) siegte knapp vor Barbara Simons (1581). In den drei anderen Regionen, Afrika, Asien/Australien und Lateinamerika folgten die Wähler Vorschlägen des ICANN-Nominierungskomittees. Der Japaner Masanobu Katoh (Fujitsu) erhielt 13913 von 17745 abgebenen Stimmen, der Brasilianer Ivan Moura Campos 946 von 1402 und der ccTLD-Administrator von Ghana Nii Quaynor (Nic) schaffte es mit 67 von 130 in Afrika abgegeben Stimmen.

Fest steht nach diesem Ergebnis auch, dass keine Frau ins ICANN-Direktorium einziehen wird. Wenn die derzeit noch amtierenden Interims-Direktorinnen Esther Dyson, Linda Wilson und Geraldine Capdeboscq ausscheiden, wird ICANNs Vorstand zu 100 Prozent männlich.

ICANN-Präsident und CEO Mike Roberts sprach von einen großen Erfolg der At-Large-Wahl – trotz der technischen Pannen vor allem zu Beginn des Wahlprozesse. "Das Wahlverfahren und die technische Umsetzung sind eine Katastrophe", hatte auch Müller-Maguhn kurz vor seiner Wahl gesagt. Er hat mehrfach betont, er wolle sich als ICANN-Direktor für mehr Transparenz im Entscheidungsprozess der ICANN einsetzen. (Monika Ermert)

Siehe auch Telepolis: Andy Müller-Maguhn ist Sieger bei ICANN. (cp)