Vom "Kurzfassen" bis Telefonsex - das Telefon im Museum
Die unterschiedlichen Spielarten der Kommunikation in der rund 120-jährigen Geschichte des Telefons werden in der Ausstellung "Mensch Telefon" in Frankfurt, Hamburg, Berlin und Nürnberg präsentiert.
"Nimm Rücksicht auf Wartende: Fasse Dich kurz" – Emaille-Schilder mit dieser Bitte zierten noch in den 70er-Jahren öffentliche Telefonzellen. Doch die nette Empfehlung gehört, ebenso wie das "Fräulein vom Amt", längst der Vergangenheit an. "Ruf' doch mal an" heißt seitdem das Motto – nicht nur für seriöse Telefonate, sondern auch bei verführerischen Angeboten von 0190-Telefonsex-Anbietern. Die unterschiedlichen Spielarten der Kommunikation in der rund 120-jährigen Geschichte des Telefons werden vom heutigen Donnerstag bis zum 25. Februar in der Ausstellung Mensch Telefon in Frankfurt präsentiert. Die Ausstellung ist anschließend noch in Hamburg (22. 3. bis 17. 6.), Berlin (19. 7. bis 7. 10.) und Nürnberg (29. 11. bis 24. 2. 2002) zu sehen.
In Film- und Audio-Beispielen macht die Ausstellung die technische Entwicklung des Telefons wie auch die Kommunikationskultur des Menschen anschaulich. Der Frankfurter Künstler Ulrich Diekmann zeigt in seinem Kunst-Video einen markanten Männerkopf, der im Karaoke-Stil den Mund zu den Telefonsex-Versprechungen bewegt, die Frauen-Stimmen reichlich anzüglich in einschlägigen TV-Spots säuseln.
Zwischen 600 Telefongeräten – darunter Apparate des Vatikan und der Stasi – sowie zahlreichen Fotos, Werbematerialien, Spielen, Zeitungsartikeln, Telefon-Kritzeleien und viel Kunst rund ums Telefon wird auch Ernstes thematisiert. Die Besucher erfahren etwas über kriminalistische Stimmenanalysen bei Telefon-Terror und Drohanrufen. Sie können sich über Notrufsäulen und deren Ursprung nach einem tragischen Unfall eines Jungen 1969 informieren. Zu sehen ist auch das erste Tagebuch (1956) der ersten deutschen Telefonseelsorge aus Berlin, der Stadt mit der vorübergehend höchsten Selbstmordrate in Westeuropa.
Die Entstehung des Telefons ist von einem hessischen Tüftler mitgeprägt: Johann Philipp Reis (1834 bis 1874) konstruierte in einem Experimentierlabor in einer Scheune ein "Telephon" und sprach beim ersten Einsatz den historisch gewordenen Nonsens-Satz "Das Pferd frisst keinen Gurkensalat." Während Reis früh starb, hatte Alexander Bell (1847 bis 1922) großen Erfolg in den USA. Der Taubstummenlehrer war mit einem Patentantrag 1876 erfolgreich.
Telefon-Apparate wurden zu Status-Symbolen. Die Faszination der "Zaubermaschine" breitete sich schnell in der ganzen Gesellschaft aus. Kinderspiele drehten sich ums Telefon, Postkarten zeigten Verliebte am Telefon, im Film beschleunigten Telefonate das Geschehen. Dass Telefonieren ins Geld gehen kann, belegen Rechnungen der Schauspielerin Marlene Dietrich: Die Diva soll es auf Monatssummen von 15.000 Mark gebracht haben. (Markus Elsner, dpa) / (jk)