Müller-Maguhn: Zeit einstimmiger Beschlüsse vorbei
Der frischgewählte Europa-Direktor der ICANN will den Interessen der Endnutzer im ICANN-Prozess mehr Gewicht verschaffen.
"Die Zeit einstimmig gefällter Beschlüsse im 19-köpfigen ICANN-Vorstand ist ganz sicher vorbei", sagte der frischgewählte Europa-Direktor der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers, Andy Müller-Maguhn, heute gegenüber heise online. Müller-Maguhn ist einer von fünf regionalen Direktoren, die Netizens in Europa, Nord- und Lateinamerika, Asien und Afrika in Online-Wahlen zwischen dem 1. und 10. Oktober zu ihren Vertretern bestimmt haben.
Zwar könne man als einzelner kaum hoffen, ICANNs Kurs in der Domainpolitik grundsätzlich umzuwerfen, sagte Müller-Maguhn. Trotzdem wolle er den bislang nicht vertretenen Interessen der Endnutzer im ICANN-Prozess mehr Gewicht verschaffen. "Da gerade bei den ganzen Veränderungen des Top-Level-Systems keine Nutzerinteressen vertreten waren, halte ich einen kritischen Blick beispielsweise auf die UDRP (die außergerichtliche Schlichtung von Domainstreitigkeiten) durchaus für angebracht." Bei der Jahrestagung im November entscheidet die ICANN auch über neue Top Level Domains.
Möglicherweise beginnt die Amtszeit der fünf frisch gewählten ICANN-Direktoren jedoch erst im Anschluß an die November-Sitzung. Noch habe er keine offizielle Nachricht der ICANN über seine Wahl und den Beginn seiner Amtszeit erhalten, so Müller-Maguhn. Seinen Wahlsieg hatte ihm am frühen Morgen die unterlegenen Konkurrentin Jeanette Hofmann als erste Gratulantin mitgeteilt. "Ich denke, sie und ich werden auch weiterhin in ICANN-Fragen gut zusammenarbeiten", sagte Müller-Maguhn.
Ohne hin sehe er sich vor allem in der Rolle eines Moderators. Seine ersten Bemühungen gälten der Bündelung der Interessen europäischer ICANN-Mitglieder. Die Gründung eines eigenen ICANN-Europa-Concils, wie er auf der ICANN-Europe-Mailing-Liste diskutiert wurde, hält Müller-Maguhn für verfrüht. Lieber wolle er mit einer informellen Vernetzung bestehender Gruppen starten. "Als erstes werde ich versuchen, möglichst viele bestehende europäische Nutzerorganisationen in den Prozess einzubinden. Die Struktur des Europa-ICANN-Direktorats muß am Ende immerhin sehr viel länger Bestand haben als ich ICANN-Direktor bin." (Monika Ermert)/ (cp)