BKA-Herbsttagung: Der Kampf gegen den Terror - ein Kampf um die Köpfe
Der Kampf gegen den islamistischen Terror ist ohne ein Präventionskonzept nicht zu gewinnen. Die Herbsttagung des Bundeskriminalamtes zeigte, dass derzeit nur ein Stückwerk existiert.
Auf der Abschluss-Pressekonferenz der Herbsttagung seines Amtes meldete sich BKA-Chef Holger Münch noch einmal mit starken Worten. Der Kampf gegen den IS sei ein Kampf um die Köpfe. "Wir dürfen nicht länger junge Leute an die Islamisten verlieren".
Münch forderte eine bessere Koordination der Präventionsarbeit und Zusammenarbeit zwischen Sicherheitsbehörden und "zivilgesellschaftlichen Trägern" der Prävention. Auch müsse das Internet und einschlägige Foren intensiver beobachtet und ausgewertet werden. Prävention als Verhinderung von Radikalisierung sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, erklärte Münch.
Düstere Lage
Zuvor hatte Wiebke Steffens vom deutschen Präventionstag ein eher düsteres Bild der aktuellen Lage gezeichnet. Sie beklagte, dass nur geringes empirisches Wissen existiere, mit dem islamistische Radikalisierungsprozesse erklärt werden können. Wo der Wissensstand unzureichend ist, könnten die verschiedenen Präventionsansätze nur Flickwerk sein. Die Präventionsarbeit stecke in den Anfängen und bestehe aus zahlreichen lokalen Projekten, die nur ausnahmsweise aufeinander abgestimmt seien.
Thomas Mücke vom Violence Prevention Network VPN erläuterte den Kriminalisten die einzelnen Faktoren, die dafür sorgen, dass junge Menschen extremistische, hypermaskuline, fundamentalistische Einstellungen entwickeln und damit einen "misslungenen Selbstheilungsprozess" starten.
Bei der Radikalisierung nutzten "Streetworker" der Salafisten geschickt jugendliche Enttäuschungserfahrungen etwa in der Schule aus. ("Du bist nicht schlecht, die Schule ist es, als Muslim hast du Allah, du bist was Besseres als die alle zusammen.") Die Abwertung von anderen geht nach Mücke einher mit genau austarierten jugendkulturellen Ansprachen auch im Internet, die mit dem Angebot von echter Gemeinsamkeit in einer Gemeinschaft locken.
Radikalisierungprozesse
Der Wolfsburger Oberbürgermeister Klaus-Dieter Mohrs beschrieb, wie die traditionelle Zuwanderungsstadt Wolfsburg ein lokales Netzwerk von Institutionen und einen Aktionsplan entwickelt hat, mit dem Radikalisierungsprozesse erkannt und geblockt werden können. Besonders wichtig sei dabei die Fortbildung der Fachkräfte, wie sie das niedersächsische Landessozialamt für Pädagogen und Sozialarbeiter anbietet.
Dass noch viel zu tun ist, wird deutlich, wenn Peter Neumann, Experte für islamistischen Terrorismus, im Interview beklagt, dass die für Norddeutschland zuständige Bremer Aussteiger Beratungsstelle Kitab vom Bundesinnenministerium Geld für zwei halbe Stellen bekommt. Beim Kampf um die Köpfe wird gespart. (jk)