Alle EU-Abgeordneten erhalten Zugang zu allen TTIP-Dokumenten

Sämtliche Mitglieder des EU-Parlaments sollen fortan auch vertrauliche Verhandlungspapiere rund um das umstrittene Handelsabkommen TTIP einsehen können. Darauf hat sich die EU-Kommission jetzt eingelassen.

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TTIP, TISA, Freihandelsabkommen, Europa, USA
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Die Unterredungen zwischen der EU und den USA zum geplanten transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP sollen ein Stück weit transparenter werden. Auf Drängen des EU-Parlaments hat die EU-Kommission jetzt nach fast einjähriger Auseinandersetzung beschlossen, dass künftig alle Abgeordneten der Kammer sowie zuständige Sekretariats- und Fraktionsmitarbeiter vollen Zugang zu allen Verhandlungsdokumenten erhalten sollen. Dies bezieht sich auch auf vertrauliche Papiere mit Erläuterungen und Übersichten, EU-Positionen sowie konsolidierte Texte, die mit der US-Seite bereits abgesprochen sind.

Die als vertraulich eingestuften Texte sollen die Abgeordneten nur in einem "sicheren Leseraum" des Parlaments inspizieren dürfen. Dabei können sie sich handschriftlich Notizen machen und die Informationen für ihre politischen Tätigkeiten nutzen. Damit will die Kommission sicherstellen, dass geschützte Angaben nicht kompromittiert, die EU-Interessen aufrecht erhalten bleiben und die Brüsseler Verhandlungslinie nicht geschwächt wird.

Bisher durften nur rund 30 auserwählte Volksvertreter die Geheimpapiere in Augenschein nehmen. Mit der neuen Rahmenvereinbarungen sollen erstmals alle Abgeordneten den Verhandlungen über einen internationalen Vertrag im Detail folgen können. Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses im EU-Parlament und TTIP-Berichterstatter, sprach von einem "großen Gewinn" für die Demokratie. Der lange Streit mit der Kommission habe sich ausgezahlt. Der SPD-Politiker forderte zudem, dass die Einigung ein Vorbild für alle anderen Verhandlungen der Brüsseler Regierungseinrichtung werden müsse.

In Kraft treten wird die Vereinbarung nach einem offiziellen Briefwechsel zwischen der Kommission und dem Parlament, der in den kommenden Tagen über die Bühne gehen soll.

Auch der Bundestag begehrt seit langem vergleichbare Einsichtsrechte in die TTIP-Dokumente. Auf dieser Ebene soll sich ebenfalls bald etwas tun. Man habe sich mit den USA darauf verständigt, dass es in jeder Hauptstadt Leseräume geben solle, in denen nationale Abgeordnete alle "wesentlichen Dokumente" einschließlich solcher mit abgestimmten US-Positionen einsehen könnten, hatte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström am Wochenende angekündigt. Die Details würden spätestens bis zum Jahresende geklärt.

Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig (SPD) hoffte parallel, dass es hierzulande im Januar mit den erweiterten Zugangsrechten für Parlamentarier so weit sein dürfte. Er versicherte: "Wir werden nicht nur dem Bundestag entsprechende Dinge zuleiten, sondern auch dem Bundesrat." In Berlin hatten Anfang Oktober rund 200.000 Menschen gegen TTIP demonstriert. Sie beklagten nicht nur die mangelnde Transparenz rund um die Gespräche, sondern befürchteten auch, dass europäische Schutzstandards abgesenkt werden könnten. (axk)