Elektronische Fußfessel wird in Sachsen-Anhalt kaum verordnet

Sie soll die Überwachung ehemaliger Strafgefangener verbessern: Die Elektronische Fußfessel. Doch Richter in Sachsen-Anhalt ordnen sie fast nie an. Ob die Fessel neue Straftaten verhindert, bleibt umstritten.

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Elektronische Fußfessel in Sachsen-Anhalt kaum verordnet

So kann eine Fußfessel aussehen. Das hier ist aber kein deutsches Modell.

(Bild: „Bracelet de surveillance électronique“ von Ctruongngoc, Wikimedia Commons)

Lesezeit: 3 Min.
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Elektronische Fußfesseln werden in Sachsen-Anhalt kaum genutzt. Obwohl Richter ehemaligen Häftlingen bereits seit 2012 das Tragen eines solchen Gerätes vorschreiben können, nutzten sie diese Möglichkeit bisher lediglich ein Mal. Das erklärte ein Sprecher des Justizministeriums gegenüber der dpa.

Fußfesseln konnten bisher nur angeordnet werden, wenn entlassene Straftäter weiter überwacht werden sollten. Zudem musste der Häftling mindestens drei Jahre im Gefängnis gesessen haben und die Gefahr bestehen, dass er weitere schwere Straftaten begeht. Durch eine Gesetzesänderung in der vergangenen Landtagssitzung ist es künftig auch möglich, Gefangenen bei der sogenannten Gewährung von Lockerungen, also etwa einem Besuch der Familie, das Tragen einer Fußfessel vorzuschreiben. Dadurch soll sie stärker genutzt werden.

Außerdem ist es nun auch Gefängnisleitern möglich, Häftlingen eine Fußfessel vorzuschreiben, wenn ihnen sogenannte Lockerungen gewährt werden. Das sind etwa Freigänge. Besucht ein Häftling zum Beispiel eine Sportveranstaltung oder arbeitet außerhalb des Gefängnisses, muss er eines der Geräte anlegen.

"Wir haben diese teuren Geräte anschaffen müssen. Leider müssen wir feststellen, dass diese durch eine Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht kaum zur Anwendung kommen", sagte der rechtspolitische Sprecher der CDU, Siegfried Borgwardt. Seine Partei halte es für nötig, dass die Geräte vorgeschrieben werden können, um etwa eine Flucht zu verhindern oder den Gefangenen von einer neuen Straftat abzuhalten.

Dass Straftäter auch durch Fußfesseln nicht immer von Straftaten abgehalten werden können, zeigte aber etwa der dramatische Fall eines Ex-Sträflings, der trotz Fußfessel ein Kind missbrauchte. In diesem Zusammenhang sprach die Strafrechts-Psychologin Gunda Wößner in einem ZDF-Interview auf heute.de von einem suggerierten Sicherheitsgefühl. "Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass die GPS-Datenübermittlung in Echtzeit sehr fehleranfällig ist", sagte die Wissenschaftlerin. Vor allem bei Sexualstraftätern sei die Überwachung problematisch.

Die Fußfesseln, die Sachsen-Anhalt bereithält, liegen außerdem nicht im Land, sondern in Hessen. Dort kommen auch die Signale der Fußfesseln an, wenn sie getragen werden. Verlässt ein Träger ein bestimmtes Gebiet oder betritt eine vorher festgelegte Sperrzone, gibt das Gerät einen Alarm an die hessische Zentrale, die dann reagieren kann. Eine aktive Fußfessel kostet 720 Euro im Monat. Für die Lagerung der inaktiven Geräte in Hessen zahlt Sachsen-Anhalt 160 Euro im Monat, sagte ein Sprecher des Justizministeriums.

Die Nutzung von Fußfesseln ist in anderen Ländern teilweise schon seit Jahren unter einfacheren Bedingungen möglich. Wer etwa in Österreich rechtskräftig zu maximal einem Jahr Haft verurteilt wurde, muss unter bestimmten Umständen nicht ins Gefängnis, sondern darf seine Strafe mit Fußfessel abbüßen. Eine der Voraussetzungen: Ein Arbeitsplatz. Dieser darf sogar bei der Polizei sein, denn Einschränkungen bei bestimmten Berufsgruppen gibt es im Gesetz nicht. Unter anderem im Burgenland versah ein Polizeibeamter seinen Dienst mit einer elektronischen Fußfessel. Er hatte im September 2012 unter Alkoholeinfluss einen Verkehrsunfall verursacht.

(mit Material der dpa) / (kbe)