Flucht nach vorn: Vodafone setzt sich als Gigabit-Company in Szene

Das Unternehmen wähnt sich nach der jüngsten Konsolidierungsrunde nur noch als Nummer drei im deutschen Mobilfunkmarkt. Die Herausforderung im Dreikampf nimmt die Firma mit ambitionierten Netzausbauplänen an.

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Huawei

(Bild: Huawei)

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Von
  • Dusan Zivadinovic

Der Düsseldorfer Mobilfunknetzbetreiber Vodafone will im kommenden Jahr mit Tests für die übernächste Ausbaustufe der Mobilfunktechnik LTE-Advanced starten (LTE-A). Das sagte der neue Unternehmenschef Hannes Ametsreiter gegenüber Medien. Die Firma will ab Mitte 2016 zusammen mit dem chinesischen Netzwerkzulieferer Huawei in Feldtests Erfahrungen sammeln, bevor sie ab 2017 "an ersten Standorten" Kunden im Live-Betrieb mit bis zu 1,2 GBit/s versorgen will.

Ametsreiter erwartet erste Geräte für den Gigabit-Mobilfunk schon "in ein paar Monaten". Vermutlich wird Huawei dann ebenfalls zu den ersten Anbietern zählen; das Unternehmen führt neben Netzwerkelementen auch eine eigene Serie von Smartphones. Der Chip-Hersteller Qualcom erreicht mit seinem System-on-a-Chip namens Snapdragon 820 aktuell bis zu 600 MBit/s .

Nach der Fusion von Telefónica und E-Plus und der jüngsten Runde der Frequenzversteigerung im Mobilfunk sieht sich Vodafone nicht mehr als die Nummer 2 in Deutschland an, sondern nur noch "als kleinster" von drei Betreibern. Ein Underdog-Image will das Unternehmen jedoch gar nicht erst entstehen lassen. Alle drei Mitspieler hätten "ein klares Profil" und Vodafone sei "die Gigabit-Company", meint Ametsreiter. Aber genau besehen könnten sich diese Bezeichnung alle LTE-Netzbetreiber der Welt anheften, die die kommenden Spezifikationen des 3GPP umsetzen wollen – auch Telekom und Telefónica. Das Normungsinstitut 3GPP sieht mittelfristig bis zu 3,9 GBit/s mittels LTE-Advanced vor, bevor ab 2020 die Ära des 5G-Mobilfunks noch höheres Tempo liefern soll. Von daher kann man Ametsreiters Redewendung als geschickten PR-Schachzug werten.

Aktuell peilt das Unternehmen den Ausbau auf Gigabit-Niveau mit Netzwerktechnik von Huawei an. Ein Prototyp am Campus in Düsseldorf liefere bereits über 1,2 GBit/s, erklärt das Unternehmen. Huawei hatte bereits im März 2015 im Rahmen einer Kampagne für künftige LTE-A-Ausbaustufen geworben. Seither hat der Netzwerkzulieferer mit diversen Netzbetreibern weltweit über den Einsatz seines Angebots verhandelt. Erste Tests mit der Highspeed-Technik absolvierte Huawei bereits Anfang November zusammen mit dem Netzbetreiber HKT in Hong-Kong und demonstrierte dabei Downlink-Raten bis 1 GBit/s.

Dabei bündelt der Zulieferer laut eigenen Angaben vier Träger (Carrier Aggregation, CA). Weitere Einzelheiten, etwa die Anzahl der räumlich separierten Datenströme oder die eingesetzte Modulation, nannte Huawei nicht. LTE-Advanced spezifiziert bisher maximal fünf Träger von jeweils maximal 20 MHz Breite für bis zu 100 MHz Spektrumkapazität. Huawei und HKT könnten also bis zu 80 MHz gebündelt haben. Mit 100 MHz soll ein Nutzer per LTE-Advanced laut der 3GPP-Spezifikation Release 10 im Endausbau bis zu 3 Gigabit/s aus dem Internet laden können (LTE-Gerätekategorie 8). In Senderichtung sind bis zu 1,5 GBit/s geplant. Das 3GPP-Release 12 verspricht schließlich, das Tempo in Empfangsrichtung auf bis zu 3,9 GBit/s hochzutreiben.

Davor dürften freilich noch diverse Zwischenschritte folgen; aktuell liefert die Telekom mittels LTE-A bis zu 300 MBit/s, Vodafone 225 MBit/s. In ersten Feldtests demonstrierte die Telekom Anfang 2014 auch schon 600 MBit/s. Vodafone peilt den Mobilfunkausbau ab 2016 ebenfalls schrittweise an. Im Gespräch sind für den Regelbetrieb zunächst 500 MBit/s, später 750 MBit/s. (dz)