Elektronische Shutter korrigieren Sehschwäche

Programmierbare Brillen sollen gegen die Sehschwäche Amblyopie bei Kindern helfen. Eine US-Studie belegt jetzt ihre Wirksamkeit im Vergleich zu den herkömmlichen Augenpflastern.

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Programmierbare Brillen sollen gegen die Sehschwäche Amblyopie bei Kindern helfen. Eine US-Studie belegt jetzt ihre Wirksamkeit im Vergleich zu den herkömmlichen Augenpflastern.

Kinder mit Augenpflastern haben es oftmals nicht leicht. Die Pflaster können unangenehm zu tragen sein und Hänseleien sind nicht ausgeschlossen. Dass das leidige Pflaster dann nur unregelmäßig getragen wird, ist die eine Konsequenz. Die zweite: Auch die Sehschwäche, die es therapieren soll, lässt sich schwieriger behandeln. Bei der Amblyopie (auch Schwachsichtigkeit) ist das Sehsystem meist auf einem Auge unterentwickelt. Mit dem Abkleben des gesunden Auges soll die Sehkraft des amblyopen Auges angeregt werden. Eine alternative Behandlungsmethode kommt aus der Digital-Branche. Programmierbare Brillengläser übernehmen das temporäre Abdunkeln. Nun hat eine Studie am Glick Eye Institute der Indiana University ihre Wirksamkeit im Vergleich mit den Augenpflastern bestätigt. Die Ergebnisse wurden auf dem jährlichen Treffen der American Academy of Ophthalmology Ende November vorgestellt. Die elektronische Brille soll Experten für Augenheilkunde zufolge die neueste, effektive Behandlungsmethode seit 50 Jahren sein.

Amblyopie entsteht häufig in den ersten drei bis vier Lebensmonaten. Aber auch im späteren Kindesalter bis zu acht Jahren kann sie auftreten. Eine unterschiedliche Brechkraft der Augen oder Schielen gelten als häufigste Ursachen. Das schielende Auge liefert Bilder, die das Gehirn nicht mit denen des gesunden Auges zu einem Seheindruck zusammenfügen kann. So blendet das Gehirn zunehmend die Informationen des schielenden Auges aus. Die Entwicklung der Sehschärfe stagniert. Wird die Amblyopie früh erkannt, kann sie gut behandelt werden.

Den neuen Ansatz zur Therapie mit den programmierbaren Brillengläsern haben die Forscher am Glick Eye Institute der Indiana University untersucht. Zwar wurde bereits in einer Pilotstudie 2010 die Wirksamkeit der getesteten elektronischen Sehhilfen offensichtlich, doch jetzt konnte sie erstmals mit einer Kontroll-Gruppe mit Augenpflaster verglichen werden.

Daniel Neely, Professor für pädiatrische Augenheilkunde und Leiter der Studie, testete 33 Kinder mit unbehandelter Amblyopie im Alter von 3 bis 8 Jahren, die zur Korrektur ihrer Sehschwäche Brillen nutzen. Eine Gruppe sollte zwei Stunden täglich ein Pflaster tragen. Die andere Gruppe trug vier Stunden täglich die elektronischen Brillen. Die Brillengläser wechselten über dem gesunden Auge alle 30 Sekunden von klar zu undurchsichtig. Nach drei Monaten zeigten beide Gruppen denselben Verbesserungsgrad beim amblyopen Auge – sie hatten zwei Reihen mehr als zuvor auf der Sehprobentafel richtig erkannt.

Die sogenannten Amblyz-Brillen kombinieren die Korrektur der Sehkraft und die Verdeckung. Die Gläser sind LCDs, die sich programmieren lassen. Möglich sind auf der linken oder rechten Seite Intervalle von 30 Sekunden, in denen der elektronische Shutter die Gläser verdunkelt oder klar hält. Aufladen lässt sich die Brille über ein USB-Kabel. "Für das Kind wird schnell deutlich, dass die elektronischen Gläser in ein paar Sekunden wieder klar werden. Das verspricht mehr Kooperation bei der Behandlung", so Neely. Wenngleich weitere Studien mit größeren Gruppen erforderlich sind, sieht Neely in den Brillen eine gute Alternative. Die US-Behörde FDA hat die Amblyz-Brillen bereits zertifiziert. Sie sind dort für 450 US-Dollar für Augenärzte und Augenoptiker erhältlich.

Laut der Statistischen Datenbank des deutschen Berufsverbandes der Augenärzte bestehen bei 10 Prozent aller Kleinkinder Risikofaktoren, die ohne Behandlung meist zur Amblyopie führen. Sechs Prozent aller Kinder in Deutschland entwickeln eine Amblyopie. (jle)