SpieleprĂĽfer fordern Reform des Jugendschutzes
Fast der Hälfte der 2000 bei der USK eingereichten PC- und Konsolen-Spiele wurden für jedes Alter freigegeben.
Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), das 1994 gegründete Selbstkontrollorgan der Spieleindustrie in Deutschland, hat ihre Jahresbilanz für 2000 vorgelegt. Von den 930 geprüften PC- und Konsolen-Games erteilten die Tester fast der Hälfte – 48,8 Prozent – das Etikett "Ohne Altersbeschränkung". Im Jahr 1999, in dem Hersteller 849 Spiele zur im Normalfall 1000 Mark teuren Begutachtung eingereicht hatten, konnten nur 41,1 Prozent der Games für jedes Alter freigegeben werden. Die Zahl der blutigen Spiele, die von den Prüfern nicht für Jugendliche unter 18 Jahren empfohlen werden, sank während des gleichen Zeitraums von 4,1 auf 3,8 Prozent.
Die Diskussion um die Darstellung von Gewalt in Spielen dürften die Zahlen allerdings kaum beeinflussen: Die hohe Prozentzahl der gänzlich unbeanstandeten Produkte erklärt sich vor allem durch die Zunahme von Sport- und "Jump’n Run"-Spielen, die in der Regel keine Gewaltszenen enthalten. Auf Platz eins der Statistik der USK-Genres liegen allerdings nach wie vor Adaptionen von Spielhallenklassikern. Um 16 Titel von 75 (1999) auf 59 (2000) sank die Anzahl militärischer Strategiespiele. Auch die militärische Simulation musste Verluste hinnehmen: 37 Produktionen waren es 1999, nur noch 24 im vergangenen Jahr. Das 3D-Action-Genre wuchs leicht um 9 auf 75 Titel.
Klaus-Peter Gerstenberger, Leiter der in Berlin ansässigen USK, sieht den staatlichen Zensuransatz im Netzzeitalter als überholt an. "Mit Breitband, Festpreis, Internetanbindung für Konsolen und mobilen Endgeräten wie dem Handy sind digitale Spielwiesen alltäglich weltweit verfügbar", erläutert der Verfechter der Selbstkontrolle der Unterhaltungssoftwareindustrie, die momentan rund 20 Milliarden US-Dollar weltweit im Jahr umsetzt und damit Hollywood übertroffen hat. Viele Games seien damit der "staatlichen Freigabe" und Zugangskontrolle schlicht entzogen.
"Eine Reform des Jugendschutzes muss deshalb die Logik des 20. Jahrhunderts verlassen", fordert Gerstenberger. Statt auf Zensur setze die USK ganz in diesem Sinne auf die Beratung von Eltern sowie auf die "Kompetenz aller Beteiligten".
Mehr in Telepolis: Zensur greift im Internetzeitalter nicht mehr. (Stefan Krempl) / (fr)