32C3: Zehn Jahre nach dem Kriegsende

Vor 10 Jahren hissten die Hacker des Chaos Computer Clubs die weiße Fahne und erklärten, dass sie den Krieg verloren hätten. Nun stellten sie fest, dass der Krieg weiter geht.

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32C3:  Zehn Jahre nach dem Kriegsende

Frank Rieger (li.) und Ron Gongrijp bei ihrem Vortrag.

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Wir haben den Krieg verloren erklärten Frank Rieger und Rop Gongrijp vor 10 Jahren auf dem 22. Kongress des Chaos Computer Clubs. Die Datenschleuder, in der diese Kapitulationserklärung abgedruckt war, erschien mit einer weißen Fahne auf dem Titel, gesteckt in unberührten Schnee. Zehn Jahre später ist der Schnee dreckig und der Tatort Erde unreparierbar, aber immer noch lebensfreundlicher als der Mars, meinte nun der niederländische Hacker Rop Gongrijp.

Die Kapitulation von 2005

(Bild: Datenschleuder)

"Wir gehen sehr harten Zeiten entgegen", ergänzte Frank Rieger. Er appellierte an die Verantwortung der Hacker, als Gemeinschaft eine Kultur aufzubauen, die Alternativen zum Status Quo vorlebt. Zum Schluss ihres düsteren Vortrages gab es anders als kongress-üblich keine Fragen, stattdessen ein Rundumbild vom diesjährigen Sommercamp, dem Christiania der Hacker.

Mit dem Bild kommender Hurrikane, Überflutungen und sich ausbreitender Wüsten aus dem Atlas der Globalisierung leiteten die beiden Vordenker der Hackerbewegung ihren Vortrag ein, der das Fazit von 2005 umstandslos fortschreibt. Zu dem bereits 2005 erwähnten katastrophalen Klimawandel sind weitere Faktoren wie der Krieg in Syrien hinzugekommen, entstanden aus einem "Arabischen Frühling", der selbst von einer Nahrungsmittelkrise ausgelöst wurde.

Was aktuell mit den Flüchtlingen (in Deutschland) passiere, sei noch vor zwei Jahren undenkbar gewesen, meinte Rieger: "Die Stabilität der Gesellschaft ist verschwunden". Nach seinem Raster gebe es drei Staatsmodelle, die in der aktuellen Krise reagieren könnten, doch würden sowohl das US-britische, das europäische und das chinesische auf einen umfassenden Überwachungsstaat hinauslaufen. "Wir sehen Strategien am Werk, die sich über Jahrzehnte erstrecken, gegen die wir kluge Strategien und Träume setzen müssen. Wir müssen die Clowns sein." Dafür gab es anhaltenden Beifall.

Die absteigende Zivilisation und viele offene Fragen

Anders als bei ihrem gemeinsamen Auftritt auf dem Sommercamp 2011 verzichteten beide Redner darauf, Strategien der Resilienz aufzuzeigen. Also wie Hacker und Hackerspaces überleben können, wenn Infrastrukturen zusammenbrechen. Ihnen ging es ums große Ganze, weshalb sie Gender-Fragen oder die Suche nach der besten Programmiersprache für Pillepalle erklärten. Auch dafür gab es Beifall. "Wir gehen harten Zeiten entgegen, aber das heißt nicht, dass wir keinen Spaß haben können, wenn wir die Flamme der Freiheit hochhalten," schloss Rieger das 10-Jahres-Fazit ab. (mho)