Nach Silvester-Übergriffen: Laut Umfrage große Mehrheit für Videoüberwachung

Die sexuellen Übergriffe auf Frauen zu Silvester in Köln und anderen deutschen Städten haben eine kontroverse Debatte ausgelöst, wie man solchen Fällen in Zukunft vorbeugen kann. Eine häufige Forderung: mehr Videoüberwachung.

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Überwachung, Kamera
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Die sexuellen Übergriffe und Raubüberfälle in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof haben für eine breite Debatte über mögliche Reaktionen des Staates gesorgt. Laut dem ARD-Deutschlandtrend sprechen sich aktuell 82 Prozent der Deutschen für eine Ausweitung der Videoüberwachung öffentlicher Plätze aus. Nach Geschlechtern gestaffelt sind 75 Prozent der Männer und 88 Prozent der befragten Frauen für mehr Kameras.

In der Politik sieht man das offenbar genauso: Für die bessere Identifikation von Tatverdächtigen brauche es "vorbeugende Aufklärung, mehr Videoüberwachung auf Plätzen, wo sich viele Menschen versammeln, Präsenz auf der Straße und harte Strafen", forderte Bundesinnenminister Thomas de Maizière gegenüber der Rheinischen Post.

In Köln will man bereits beim Karneval in der Hinsicht Nägel mit Köpfen machen: Am Dienstag kündigte die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker an, dass zu den Karnevalsfeiern mehr Videoüberwachung und mehr Polizeibeamte zum Einsatz kommen sollen, berichtet der WDR. Der Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers kündigte dabei auch den Einsatz mobiler Videokameras an, wie sie die Polizei etwa bei Großdemonstrationen verwendet. Ebenfalls solle eine bessere Beleuchtung öffentlicher Plätze für mehr Sicherheit sorgen.

Am Silvesterabend hatten sich auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz der Polizei zufolge etwa 1000 Männer versammelt, die "dem Aussehen nach aus dem arabischen oder nordafrikanischen Raum" stammen. Aus der Menge heraus sollen einige von ihnen Frauen umzingelt, ausgeraubt und sexuell belästigt haben, eine Frau soll vergewaltigt worden sein.

Dem WDR zufolge sind bis Freitag 170 Anzeigen bei der Kölner Polizei eingegangen, 117 wegen sexueller Gewalt. Das Bundesinnenministerium bestätigte dem Bericht nach, dass bislang 31 Tatverdächtige identifiziert wurden, die überwiegende Mehrheit von ihnen stamme aus Algerien, Marokko, Syrien, dem Iran und Irak. Ebenfalls sollen zwei Deutsche, ein Serbe und ein US-Amerikaner darunter sein. Die Kölner Polizei führt demnach Ermittlungsverfahren gegen 21 Tatverdächtige.

Zwei mutmaßliche Trickdiebe wurden dem Bericht zufolge bereits verhaftet. Die 16 und 23 Jahre alten Männer aus Marokko und Tunesien sollen Handys mit Videos von Übergriffen auf Frauen bei sich gehabt haben. Zudem wurden bei Ihnen Zettel sichergestellt, die in Arabisch und Deutsch Wendungen wie "Ich will Sex mit dir; "schöne Brüste" und "Ich töte dich" enthielten.

Die inzwischen eingerichtete, 100-köpfige Ermittlungsgruppe "Neujahr" bittet zudem Personen, die am Silvesterabend zwischen 20 und 7 Uhr am Kölner Hauptbahnhof Fotos oder Videos aufgenommen haben, diese der Polizei zur Verfügung zu stellen. Dazu könne man sich direkt an die Polizei wenden oder das Material auf einem Upload-Portal hochladen.

Aktuell sind laut der Kölner Rundschau allein am Kölner Hauptbahnhof 80 Kameras installiert, auch die Kölner Innenstadt sei gut abgedeckt. Die Videos dieser Kameras werden im Regelfall gelöscht, sofern binnen 48 Stunden keine Straftat angezeigt wurde. Der Polizei liegen aktuell rund 350 Stunden Videomaterial vor, rund 250 verschiedene Daten müssten ausgewertet werden, sagte ein Polizeisprecher der Rheinischen Post.

Vergleichbare Vorfälle, wenn auch nicht in diesem Ausmaß, wurden auch aus anderen deutschen Städten wie etwa Hamburg, Düsseldorf und Stuttgart gemeldet. In Hamburg seien bislang allein 70 Anzeigen wegen sexueller Belästigung eingegangen. Erste Konsequenz in Hamburg: Am kommenden Wochenende will die Polizei mobile Videoüberwachung auf der Reeperbahn einsetzen.

Auch außerhalb Deutschlands wurden ähnliche Übergriffe auf Frauen gemeldet. In Helsinki sollen sich alle Fälle nahe des Hauptbahnhofs der Stadt ereignet haben. Hier hatten sich nach Angaben der Polizei am Abend rund 1000 Asylbewerber versammelt. Weil die Polizei vorher Tipps – unter anderem von der Migrationsbehörde – bekommen hatte, dass Übergriffe geplant sein könnten, sei sie sehr gut vorbereitet gewesen, sagte Polizeichef Ilkka Koskimäki der Deutschen Presse-Agentur. Dank der Hinweise könnten die Beamten Übergriffe in einem Ausmaß wie in Köln verhindert haben, meinte Koskimäki. "Es gibt keine Verbindung zu den Ereignissen dort, aber das Phänomen ist sehr ähnlich." (mit Material der dpa) / (axk)