Madonnas Web-Konzert zeigte Grenzen des Internet auf

Während die Veranstalter des gestern live ins Internet übertragenen Madonna-Konzerts von Besucherrekorden schwärmen, sehen sich Kritiker voll bestätigt.

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Während die Veranstalter des gestern live ins Internet übertragenen Madonna-Konzerts von Besucherrekorden schwärmen, sehen sich Kritiker voll bestätigt. Die Performance von Pop-Star Madonna beim Konzert in der Londoner Brixton Academy dauerte gerade einmal 29 Minuten, daneben gab es ein Rahmenprogramm.

MSN schwärmt nun auf seiner Homepage, dass 9 Millionen Fans live dabei waren. Dies wären dreimal mehr Zuschauer als Paul McCartney im vergangenen Jahr erreicht hatte, als eines seiner Konzert in Liverpool zeitgleich im Netz gezeigt wurde. Diese Zahl wird von Kritikern jedoch stark angezweifelt. So gab MSN zu, dass nur Logins gezählt wurden, nicht aber jeder einzelne Zuschauer. Und nicht wenige düften sich mehrfach eingeloggt haben, da die Verbindungen zu den MSN-Servern völlig überlastet waren. So beschwerten sich etliche Nutzer darüber, dass es ihnen einfach nicht gelungen sei, an einen Videostream zu kommen. Nicht wenige dürften so den ganzen Abend verbracht haben.

Wer es tatsächlich schaffte, erlebte aber bei der Wahl des Streams mit der höchsten Datenrate von 700 KBit/s meist auch nicht die von MSN vorher angekündigte "DVD-ähnliche" Qualität. Nach Zuschauerberichten brach die Übertragung stattdessen immer wieder zusammen. Fans, die Streams mit geringerer Datenrate wählten (im Angebot waren noch 300, 100, 56 und 28 KBit/s, wobei es sich im letzteren Fall um eine reine Audioübertragung handelte), waren häufig besser dran. MSN-Sprecherin Sharon Baylay sagte dazu gegenüber Nachrichtenagenturen, dass es schwierig sei, die Erfahrung jedes einzelnen zu kommentieren. Man habe sich aber bemüht, eine Vielzahl verschiedener Wege zu schaffen, um den Fans die Möglichkeit zu geben, an dem Ereignis teilzunehmen.

Kritiker sehen sich nun voll in ihrer Meinung bestätigt, dass das Internet (bislang) als Video-Entertainment-Plattform oder gar TV-Ersatz nicht taugt. Auch Gartner-Analyst O.J. McNealy sieht das Madonna-Konzert nicht als Meilenstein: "Du schaust auf ein 2 × 2 Zoll großes Bild – und das ist nicht das, was der Konsument erwartet, wenn er ein Unterhaltungprogramm anschaut". Dem stimmt auch John Corcoran, Analyst für Aktienwerte im Internet- und Digital-Medien-Bereich zu. Er glaubt jedoch, dass sich die Situation in den nächsten zwei Jahren drastisch verbessern wird.

FĂĽr Microsoft geht es um mehr als reine Werbung fĂĽr MSN. Die Redmonder versuchen mit exklusiven Webcast-Aktionen, fĂĽr ihren Windows Media Player Boden gegenĂĽber dem RealPlayer gut zu machen. Die Techologie von RealNetworks wird nach Firmenangaben bei derzeit 85 Prozent aller im Internet verfĂĽgbaren Streams eingesetzt. Entsprechend spielte RealNetworks-Sprecherin Erika Schaeffer die Bedeutung des Madonna-Web-Konzerts herunter. "Die Konsumenten werden letztlich die Technologie nutzen, die den meisten Inhalt bietet", sagte sie gegenĂĽber CNet.

Auf der Madonna-Seite bei MSN soll noch bis zum 12. Dezember ein Konzertmitschnitt abrufbar sein, ebenso die Musikvideos zu "Music" und "Don't Tell Me". Um sich völlig in Madonna-Stimmung zu bringen, kann man obendrein eine "Madonna-Oberfläche" für den Windows Media Player herunterladen. (nij)