Großbritannien: Erneut parlamentarische Rüge für Überwachungsgesetz

Für das geplante Überwachungsgesetz IPB läuft es auf seiner ersten Runde durchs britische Parlament nicht gut. Nun hat der zweite Ausschuss nach einer intensiven Prüfung massive Kritik geäußert. An mehreren Stellen müsse dringend nachgearbeitet werden.

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Großbritannien: Nächste parlamentarische Rüge für Überwachungsgesetz

(Bild: Diliff, CC BY-SA 2.5/dpa/heise online)

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Nach dem Ausschuss für Wissenschaft und Technologie hat nun auch der Ausschuss für Geheimdienste und Sicherheit des britischen Parlaments unerwartet scharf das geplante Überwachungsgesetz der Regierung kritisiert. Insgesamt liefere das sogenannte Investigatory Powers Bill nicht die Klarheit, die im Bereich der Geheimdienstarbeit so dringend nötig sei, beklagen der Abgeordneten: "Der Entwurf scheint unter Zeitmangel und nach ungenügender Vorbereitung entstanden zu sein." Zwar sei man sich des Zeitdrucks bewusst, der auf der Regierung laste, trotzdem dränge man auf eine vollständige und klare juristische Grundlage für die Geheimdienstarbeit.

Das Gremium hat sich auf jene Bereiche des Gesetzentwurfs konzentriert, die sich auf die Kompetenzen der Geheimdienste beziehen und fordert wesentliche Änderungen in gleich mehreren Bereichen. So schreiben die Parlamentarier, dass sie allgemeingültige Regeln zum Datenschutz erwartet hatten. Stattdessen behandle der Entwurf dieses wichtig Thema eher stückweise, was die Schutzmaßnahmen untergrabe. Deswegen müsse ein ganzer Teil ergänzt werden, der sich übergeordnet dem Datenschutz widme. Dieser Teil solle das Rückgrat des Gesetzes bilden, um den herum die außergewöhnlichen Kompetenzen der Geheimdienste begründet werden.

In Bezug auf die Regeln zur sogenannten Gerätemanipulation ("Equipment Interference") kritisiert der Ausschuss, dass nur der Zugriff auf Geräte zur Informationsgewinnung (Computer Network Exploitation) geregelt werde. Eingriffe aus einem anderen Zweck müssten weiter unter Rückgriff auf mehr als 20 Jahre alte Regeln erfolgen, sollten aber eigentlich auch erfasst werden. Außerdem habe man nicht genug Argumente für massenhafte Gerätemanipulationen ("‘Bulk’ Equipment Interference") – die "gezielte" sollte ausreichen.

Gleichermaßen fordern die Abgeordneten, die Regeln für den Zugriff auf massenhafte Personendaten (etwa Reisedaten) aus dem Gesetz zu entfernen. Die Mehrheit solcher Daten sei von keinem Interesse für Geheimdienste und stamme von Unbeteiligten. Darüber hinaus bezeichnet der Ausschuss noch das Herangehen an die Überwachung von Kommunikationsdaten als widersprüchlich und verwirrend. Hier müssten ausreichende Schutzmechanismen nachgetragen werden. In weiteren Punkten verlangt das Gremium dringende Nacharbeiten der Regierung.

Der Bericht aus dem Geheimdienstausschuss – der vom ehemaligen Generalstaatsanwalt Dominic Grieve aus der regierenden Conservative Party geleitet wird – ist bereits der zweite aus dem Parlament, der nicht mit Kritik spart. Vergangene Woche hatte der Ausschuss für Wissenschaft und Technologie ebenfalls mangelnde Klarheit in dem Entwurf des Überwachungsesetzes angeprangert. Der war im November 2015 von Innenministerin Theresa May vorgestellt worden und soll das umstrittene Überwachungsgesetz DRIP ersetzen, das in diesem Jahr ausläuft. Am Donnerstag wird nun der Abschlussbericht eines eigenes für die Prüfung des neuen Gesetzentwurfs gebildeten gemeinsamen Ausschusses von Ober- und Unterhaus erwartet. (mho)