Karneval vs. Datenschutz: Patientenakten aus der Konfetti-Kanone

Zu Konfetti verarbeitete Patientenakten eines Thüringer Klinikums sorgten nach dem Karnevalsumzug auch bei Datenschützern für Stimmung: Auf den Schnipseln waren Patientendaten deutlich lesbar.

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Karneval vs. Datenschutz: Patientenakten aus der Konfetti-Kanone

(Bild: dpa, Michael Reichel)

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Von
  • dpa

Beim Straßenkarneval in Dermbach (Wartburgkreis) sind zerschredderte Patientenakten als Konfetti unters Volk gebracht worden. Auf den nicht fachgerecht zerkleinerten Papierschnipseln seien personenbezogene Daten wie Namen, Adressen und Telefonnummern zu lesen, sagte der Landesdatenschutzbeauftragte Lutz Hasse am Mittwoch und bestätigte entsprechende Medienberichte.

Eine Anwohnerin habe beim Straßenfegen nach dem Karnevalsumzug zerschredderte Patientenunterlagen gefunden, auf denen der Name ihrer Schwester erkennbar war. Hasse kündigte am Abend ein Verwaltungs- und Bußgeldverfahren wegen des Verstoßes gegen Datenschutzrecht an.

Nach Angaben des Klinikums Bad Salzungen handelt es sich möglicherweise um Papiere aus einer Außenstelle des vom Klinikum betriebenen medizinischen Versorgungszentrums. Eine am Mittwoch veranlasste Prüfung habe ergeben, "dass unter Missachtung der Vorschriften patientenbezogene Papiere nicht ordnungsgemäß entsorgt wurden", heißt es in einer Erklärung des Klinikums.

Geschreddertes Material aus dem Versorgungszentrum in Kaltennordheim sei nicht bis auf die vorgeschriebene Endgröße zerkleinert und aus den Praxisräumen entfernt worden. "Die Vermutung liegt nahe, dass dieses von dort den Weg auf die Dermbacher Straßen fand", heißt es in der Erklärung. Im Klinikum selbst habe es keine Unregelmäßigkeiten gegeben, wie eine Überprüfung ergeben habe. Auf den in der Konfettikanone gelandeten Schnipseln sollen auch Namen der Ärzte erkennbar gewesen sein.

Das Krankenhaus hat den Landesdatenschutzbeauftragten nach eigenen Angaben unverzüglich über den Vorfall informiert. Hasse schickte noch am Mittwoch zwei Mitarbeiterinnen nach Dermbach, um den Vorfall vor Ort zu untersuchen. Die Polizei ermittelt nach eigenen Angaben nicht wegen des Vorfalls. Es liege keine Strafanzeige vor, sagte ein Sprecher der Landespolizeiinspektion Suhl.

In Thüringen ist der Skandal um ein wildes Aktenlager im nahe gelegenen Immelborn noch nicht vergessen. Dort waren im Sommer 2013 unter anderem auch sensible Unterlagen aus Arztpraxen gefunden worden. Die Umstände des Aktenfunds und die Rolle des Thüringer Datenschutzbeauftragten dabei beschäftigt einen Untersuchungsausschuss des Landtags. (axk)