Diskussionen über ZFS-Dateisystem in Linux-Distribution Ubuntu 16.04 LTS

Die kommende Ubuntu-Version 16.04 soll das leistungsfähige Solaris-Dateisystem ZFS offiziell unterstützen. Das verletzt aber womöglich die Lizenz von Linux-Kernel oder ZFS. Unter Umständen hat das aber keine Folgen.

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Diskussionen um Integration des ZFS-Dateisystems in Ubuntu 16.04

(Bild: zfsonlinux.org)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Thorsten Leemhuis
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Der Kernel der für April angekündigten nächsten Ubuntu-Version 16.04 LTS mit Langzeit-Support wird das ursprünglich für Solaris entwickelte Dateisystem ZFS direkt unterstützen. ZFS ist ein leistungsfähiges Dateisystem, das Dateien und Massenspeicher mit bis zu 16 Exabyte (16 Millionen Terabyte) verwalten kann und Volume-Management bereits integriert. Allerdings wird derzeit diskutiert, ob die Integration in das Kernel-Paket von Ubuntu womöglich gegen die Lizenzen verstößt, die Nutzung, Vertrieb und Anpassung des Linux-Kernels und des Kernel-Codes von ZFS regeln.

Das ZFS-Modul steckt jetzt im selben Paket wie der Kernel und seine Module.

Der Linux-Kernel unterliegt nämlich der GNU General Public License Version 2 (GPLv2), der Quellcode des ZFS-Dateisystems hingegen der Common Development and Distribution License (CDDL) 1.0. Laut Ansicht der Free Software Foundation (FSF), die die GPLv2 geschaffen hat, sind die beiden Lizenzen inkompatibel zueinander: Ein "unter der GPL stehendes Modul und ein unter der CDDL stehendes Modul könnten daher nicht gelinkt werden", heißt es. Ob diese Interpretation korrekt ist und wie sie im Einzelfall auszulegen ist, wird seit Jahren immer wieder diskutiert.

Ubuntu 15.10 und einige andere Distributionen mit ZFS-Support umschiffen die Problematik, indem sie lediglich den Kernel-Quellcode zur ZFS-Unterstützung installieren; ferner richten sie alles ein, damit DKMS (Dynamic Kernel Module Support) aus dem Code auf dem jeweiligen System automatisch ein passendes ZFS-Kernel-Modul baut.

Auf diesem Weg umgehen Ubuntu und andere Linux-Distributionen bereits seit Jahren die Lizenzproblematik beim Einsatz des Kernel-Moduls, das zum proprietären Grafiktreibers von Nvidia gehört. Das dynamische Bauen der Module geht aber hin und wieder schief – beispielsweise wenn der Compiler unterbrochen wird, nicht arbeitet oder das Modul aus welchen Gründen auch immer nicht kompilieren kann.

ZFS soll ein wichtiges Feature für den Container-Betrieb werden.

(Bild: blog.dustinkirkland.com )

Bei Ubuntu 16.04 LTS soll ZFS laut Canonical-Mitarbeiter Dustin Kirkland ein wichtiges Feature für den Container-Betrieb werden. Daher wollten die Ubuntu-Macher die Fehlerquelle des Selbst-Kompilierens offenbar eliminieren, indem sie ein bereits übersetztes ZFS-Modul in das Kernel-Paket integriert haben. Die Entwickler haben zudem die Quellen des ZFS-Codes für den Linux-Kernel in das Git-Depot eingepflegt, aus dem die Kernel-Pakete der Distribution entsteht.

Diese Schritte sind allerdings womöglich nicht konform mit Punkt 2b der GPLv2, die sicherstellen sollen, dass Modifikationen an GPLv2-Code unter eben dieser Lizenz für alle verfügbar sind. Dieser Punkt stellt bei kompatiblen, weniger restriktiven Lizenzen kein Problem dar, daher kann beispielsweise Code, der unter der modernen BSD-Lizenz steht, problemlos in die Quellen des Linux-Kernel einfließen.

Bei der CDDL ist die Integration ein Problem, sofern die Lizenz tatsächlich inkompatibel mit der GPLv2 ist. Mit dieser Schwierigkeit plagen sich auch die Macher der Linux-Kernel-Portierung des ZFS-Codes schon länger herum. Die Juristen von Canonical stehen mittlerweile auf dem Standpunkt, dass das aktuelle Vorgehen, wie es bereits in Vorabversionen von Ubuntu 16.04 praktiziert wird, mit beiden Lizenzen vereinbar ist. Das schreibt zumindest Canonical-Mitarbeiter Dustin Kirkland in einem kürzlich veröffentlichten Blog-Eintrag.

Kirkland hatte den Beitrag geschrieben, nachdem der langjährige Linux-Entwickler Matthew Garrett das Vorgehen von Canonical in einem Tweet kritisiert hatte, woraufhin Diskussionen bei Twitter und anderen sozialen Medien entstanden. In dem Zug setzten die Software Freedom Conservancy (SFC) einen Tweet ab, sie würde die CDDL/GPLv2-Problematik rund um ZFS nach wie vor untersuchen und die Entwicklungen beobachten.

Ob die Diskussionen irgendwelche Folgen haben, bleibt abzuwarten. Womöglich bleibt die Situation schlicht ungeklärt, bis ein Copyright-Inhaber des Linux-Kernels die Sache vor Gericht bringt. Das ist allerdings etwas, was eher selten und oft erst nach Klärungsversuchen hinter verschlossenen Türen passiert; ein Beispiel hierfür ist die Klage wegen einer vermeintlichen GPL-Verletzung durch VMware.

Auch enthalten viele Android-Installationen und andere Embedded-Linuxe proprietäre Kernel-Treiber, die womöglich auch eine GPL-Verletzung darstellen. Auch hiergegen ist bislang niemand vor Gericht gegangen. (thl)