Erster europäischer Kunde für Shine-Filter: Mobilfunkprovider Three will Werbung blocken

Das umstrittene Filterunternehmen Shine hat den ersten Kunden in Europa. Ein britischer Mobilfunkprovider will mit Internetfiltern Werbung blocken. Gleichzeitig will der Provider aber gegen Bezahlung Werbung weiter ausliefern.

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Erster europäischer Kunde für Shine-Filter: Mobilfunkprovider Three will Werbung blocken

Three-Verkaufsladen

(Bild: threemediacentre.co.uk)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
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"Irrelevante und exzessive Mobilanzeigen nerven Kunden und beeinträchtigen die Zufriedenheit mit dem mobilen Internet", erklärt Three-Manager Tom Malleschitz. Deshalb habe der Provider eine Partnerschaft mit dem US- israelischen Anbieter Shine geschlossen, der providerseitig mit Techniken wie Deep Packet Inspection Werbung aus dem Datenstrom herausfiltert, bevor sie auf das Smartphone eines Kunden gelangen kann. Wann und wie das Filtern beginnen soll, ist noch unklar.

Die Ankündigung sorgt für Aufregung in der Online-Werbebranche. Für sie ist Shine – neben dem Adblock-Anbieter Eyeo – die derzeit größte Bedrohung. So hat der Präsident des Interactive Advertising Bureau (IAB) Randall Rothenburg auf einer Konferenz Ende Januar das Unternehmen als "unmoralisch" und "unethisch" beschimpft und es mit einem Schutzgelderpresser gleichgesetzt.

In der offiziellen Ankündigung gibt Three noch keine Details bekannt. Das britische Unternehmen nennt aber drei Ziele, die es zusammen mit Shine erreichen will: Zum einen sollen nicht mehr Mobilfunkkunden für die Auslieferung von Werbung zahlen, sondern die Werbetreibenden. Zum zweiten soll die Privatsphäre der Nutzer gewahrt bleiben. Als dritten Punkt nennt Three, dass Kunden weiterhin für sie relevante Werbung ausgeliefert bekommen sollen, exzessive und nervende Werbung hingegen nicht.

Diese drei Punkte deuten daraufhin, dass der Provider keineswegs nur Werbung blockieren, sondern selbst eine kommerzielle Plattform zwischen seine Kunden und die der Werbeindustrie installieren will. So hatte auch Shines erster Kunde, das irische Unternehmen Digicell, bei der Installation des Werbefilters für seine Kunden in Jamaika von Konzernen wie Google, Yahoo und Facebook Zahlungen gefordert, wenn sie weiter Werbung ausliefern wollten. Doch keiner der US-Konzerne ist bisher öffentlich auf dieses Angebot eingegangen.

Der Verweis auf den Anspruch auf personalisierte Werbung deutet zudem darauf hin, dass Three eine ähnliche Technik wie die bei US-Providern eingesetzten Supercookies etablieren will, mit der Mobilfunknutzer unabhängig von dem verwendeten Browser zu Werbezwecken identifiziert werden können. Die Unternehmen verschaffen sich so eine neue Einnahmequelle, indem sie selbst die Personalisierung im Auftrag der Werbeindustrie übernehmen.

Neben Three hatten zuvor die britischen Provider EE und O2 angekündigt, Pläne zum Werbeblocken zu prüfen. Konkrete Ankündigungen gibt es hier aber noch nicht. Insbesondere mit Videos und Animationen angereicherte Werbung verschlingt laut verschiedenen Untersuchungen einen großen Teil des Datenbudgets eines normalen Smartphone-Nutzers, auch die Akkulaufzeit leidet. Brancheninitiativen wie die LEAN-Initiative des IAB, die den Werbe-Wildwuchs einschränken sollen, sind aber allenfalls noch im Anfangsstadium.

Ungeklärt ist aber, ob das providerseitige Filtern in Europa überhaupt legal sein kann. Der irische Adblocking-Spezialist Pagefair weist weist in seinem Blog darauf hin, dass die Shine-Technik wohl gegen die Single-Market-Richtinie der EU verstoßen wird – sofern nicht neue Gesetze neue Lücken öffnen. Oliver von Wersch vom Online-Vermarkterkreis im Branchenverband BVDW gibt sich für den deutschen Markt optimistisch. "Wir halten das Modell von Shine in Deutschland für nicht machbar, da es gegen die gelten gesetzlichen Vorschriften verstoßen würde", erklärte er im Gespräch mit heise online. (anw)