Ist der US-Solarboom eine Blase?

Regierungen in vielen Ländern unterstützen den Ausbau der Sonnenenergie. In Amerika deutet sich nun aber eine Überhitzung des Marktes an.

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Von
  • Richard Martin

Regierungen in vielen Ländern unterstützen den Ausbau der Sonnenenergie. In Amerika deutet sich nun aber eine Überhitzung des Marktes an.

Eigentlich sprechen alle Zeichen dafür, dass 2016 zu einem hervorragenden Jahr für die Firmen der US-Solarbranche werden könnte. Im Dezember verlängerte der Kongress die Steuererleichterungen für Solaranlagen auf Bundesebene bis ins Jahr 2022, was Analysten veranlasste, ein starkes Wachstum vorherzusagen.

Auch die Preise für Solarmodule sinken weiter, selbst wenn die CO2-Reduktionsziele, die auf dem Klimagipfel in Paris ausgehandelt wurden, zu einem Nachfrageschub führen könnten. Verschiedene Untersuchungen sagen zudem voraus, dass die Kosten für Solartechnik bald auf das Preisniveau der konventionellen Stromversorgung absinken könnten – die sogenannte Netzparität wäre damit erreicht.

Aufseiten der Investoren haben sich all die positiven Nachrichten aber anscheinend noch nicht herumgesprochen. Erst kürzlich sanken die Aktien des führenden US-Solarausrüsters SolarCity auf einen neuen Niedrigstand; anderen Sonnenstromunternehmen erging es an der Wall Street nicht viel besser.

Zudem ist unklar, ob die staatlichen Subventionen noch lange so reichlich fließen, wie bisher. So beschloss der Bundesstaat Nevada eine starke Reduktion der Einspeisevergütungen, die Besitzer von Dachsolaranlagen erhalten können. Kalifornien und Hawaii, zwei der größten Solarmärkte der USA, veränderten ihre Einspeisevergütungssysteme ebenfalls. Im ganzen Land gibt es bis zu 20 Staaten, die Einschnitte planen. Das wiederum könnte die Wirtschaftlichkeit des Gesamtsektors gefährden.

Diese Unsicherheit sorgt dafür, dass manche Beobachter das Geschäftsmodell der Solaranbieter in Zweifel ziehen. Die Firmen selbst warnen ebenfalls. Ohne Einspeisevergütung lohne sich eine Dachsolaranlage für Endkunden nicht, meinte etwa SolarCity-Chef Lyndon Rive kürzlich in einem Interview.

Hinzu kommt: Die rosigen Versprechen eines baldigen Erreichens der Netzparität kalkulieren typischerweise ein, dass Einspeisevergütungen und andere staatliche Subventionen bestehen bleiben. GTM Research veröffentlichte im Februar eine Studie, laut der die Netzparität bei Dachsolaranlagen in 20 US-Bundesstaaten bereits erreicht ist – und bis 2020 sollen es 22 sein. Das gilt aber nur dann, wenn staatliche Hilfen und aktuelle Einspeisevergütungen eingerechnet werden.

Ohne sie sieht das Bild ganz anders aus. Würde in jedem US-Staat eine 50 Dollar im Monat betragende Gebühr für jeden Solaranlagenbesitzer eingeführt, wie es viele Stromkonzerne wünschen, wäre die Netzparität derzeit nur in zwei Staaten erreicht. Kritiker der momentanen Subventionssituation sagen, der aktuelle Solarboom sei ein "künstlicher Markt" – der zusammenbrech, sobald die Regierung nichts mehr hinzugibt.

Doch trotz aller Turbulenzen: Auf lange Sicht dürfte sich der Solarmarkt in den USA positiv entwickeln – mit und ohne Subventionen. Experten schätzen, dass in den nächsten zehn Jahren zusätzliche Kapazitäten im Bereich von 89 Gigawatt geschaffen werden müssen, um neue Vorgaben für die Verwendung erneuerbarer Energieformen einzuhalten, die die US-Bundesstaaten durchsetzen wollen.

Auch der Preisverfall von 10 Prozent pro Jahr für Solarmodule soll sich laut einer Studie von Forschern der Oxford University noch bis in die nächste Dekade hinziehen. 20 Prozent des gesamten Weltenergiebedarfs werden bis 2027 wohl von Solarenergie gedeckt werden. Sinkende Kosten in Verbindung mit neuartigen Batteriesystemen dürften die Technik für (fast) jedermann wirtschaftlich tragfähig machen – auch ohne Einspeisevergütung. (bsc)