Google-Manager leitet Firma für DNA-Tests gegen Krebs

Jeff Huber verlor seine Frau an den Darmkrebs. Nun schafft er mit dem Start-up Grail neue Bluttests, die Menschenleben retten könnten.

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Von
  • Antonio Regalado

Jeff Huber verlor seine Frau an den Darmkrebs. Nun schafft er mit dem Start-up Grail neue Bluttests, die Menschenleben retten könnten.

Eine junge US-Firma will in den nächsten Jahren neuartige Diagnostikmethoden gegen den Krebs entwickeln. Chef von Grail ist Jeff Huber, ein ehemaliger leitender Google-Manager. Seine Mission ist persönlicher Natur: Er verlor erst im November seine Frau Laura, die an Darmkrebs starb. "Das ist ein wichtiger Grund dafür, dass ich die Sache jetzt anfange", so Huber in einem Interview.

Das Start-up Grail wurde im November vom DNA-Sequenzierungsgiganten Illumina aus der Taufe gehoben – in Verbindung mit Arch Venture Partners, Sutter Hill, Microsoft-Gründer Bill Gates und Amazon-Chef Jeff Bezos. 100 Millionen US-Dollar wurden investiert.

Die Tests, die Grail entwickeln will, werden als "flüssige Biopsien" bezeichnet. Sie sollen jährlich durchgeführt werden, um Menschen auf mögliche Krebserkrankungen zu untersuchen. Dazu kommen schnelle DNA-Sequenzierungsmaschine zum Einsatz, die nach jenem genetischen Material suchen, das selbst winzige Tumore in den Blutkreislauf abgeben.

Bei Google leitete Huber einst den wichtigen Bereich Maps und Commerce und berichtete direkt an Konzernchef Larry Page. 2013 verließ er diesen Posten und landete schließlich bei Google X, dem Forschungsarm des Konzerns.

Als Chef von Grail muss Huber nun Dinge leisten, die ganz anders sind als bei Google. Das Start-up und seine Partner wollen gigantische klinische Studien durchführen, um zu belegen, dass ihre Bluttests funktionieren – und müssen außerdem Zugriff auf Blutproben Zehntausender Krebspatienten erhalten.

Das bedeutet, dass Huber Partnerschaften mit untereinander konkurrierenden Kliniken eingehen muss. Auch der diplomatische Aspekt ist nicht zu vernachlässigen, die Krebspolitik. Hier steht sich die Wissenschaft in den USA teils selbst im Weg, wie Vizepräsident Joe Biden kürzlich sagte.

Huber hat aber schon länger mit der Gentechnikbranche zu tun. Er sitzt seit 2014 im Illumina-Aufsichtsrat. Doch seine persönliche Geschichte scheint das beste Argument für die Annahme seines neuen Jobs zu sein. "Ich hatte mich schon zuvor mit der Biologie und Wissenschaft dahinter beschäftigt – und dann gab es diese schmerzliche Erfahrung, dass wir einen besseren Weg finden müssen", so Huber zu einer Nachrichtenagentur.

Die Tumorart, die Hubers Frau auf dem Gewissen hat, der Darmkrebs, scheint sich für die flüssige Biopsie besonders gut zu eignen. 2014 führten Forscher an der Johns Hopkins University sie bereits an 1000 Krebspatienten durch. Von 15 Krebsarten, die überprüft wurden, war keine einfacher zu erkennen.

Während andere Tumore, etwa im Gehirn, deutlich schwerer zu ermitteln sind, gelang es bei fortgeschrittenem Darmkrebs in 100 Prozent der Fälle. Wichtig für die Früherkennung: Krebssignaturen ließen sich in rund 70 Prozent der Fälle erkennen, in denen Tumore noch räumlich begrenzt waren.

Das heißt: Hätte es solche Tests gegeben, hätte das das Leben von Hubers Frau vielleicht retten können. Ihr Krebs wurde erst entdeckt, nachdem er auf den Brust und Halsbereich übergesprungen war. "Sie ist eine von Millionen solcher Geschichten", sagte Huber einem Magazin. "Sie hätte vor den Metastasen operiert werden können – bevor der Krebs sich weiterentwickelte und mutierte, bevor er aggressiver wurde."

Huber hat bei Grail auch noch eine andere Aufgabe: Er muss den Hype um die neue Technik managen. Noch ist nämlich nicht bewiesen, dass sie Patienten wirklich hilft. Konkurrenten von Grail mussten sich bereits mediale Kritik gefallen lassen. (bsc)