Militärkonferenz: Strahlenwaffen müssen nicht nur zerstören

Die DWT-Konferenz zur Sicherheitsforschung präsentierte eine komplexe Welt: Innere und äußere Sicherheit lassen sich ebenso schwer unterscheiden wie Technik, um jene zu zerstören, die Zerstörungen verhindern sollen.

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Fraunhofer IAF Quantenkaskadenlaser

Der am Fraunhofer IAF entwickelte Quantenkaskadenlaser soll geringe Spuren von unterschiedlichen Gefahrstoffen aus der Distanz detektieren können.

(Bild: Fraunhofer IAF)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Lassen sich innere und äußere Sicherheit noch voneinander trennen? Nein, sagte Uwe Wiemken, ehemaliger Leiter des Fraunhofer-Instituts für Naturwissenschaftlich-technische Trendanalysen (INT) auf der Konferenz Angewandte Forschung für Verteidigung und Sicherheit in Deutschland in Bonn. Mit dieser These rannte er offene Türen ein – zumindest im Hause Rainer Schuwirths, General a. D. und Vorsitzender der Deutschen Wehrtechnischen Gesellschaft (DWT), die die Tagung organisiert hatte. Das sei zwar kein grundlegend neuer Gedanke, sagte Schuwirth, gleichwohl noch zu wenig berücksichtigt.

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Wiemken erläuterte, die zivile Technikentwicklung verändere die Gesellschaft seit mehreren Jahrzehnten, das werde nicht aufhören. Zugleich lösten sich die Grenzen der Forschungsdisziplinen auf, Neues passiere mehr und mehr an den Grenzlinien. Dabei werde die Gesellschaft aber immer mehr mit ethischen Fragen konfrontiert und sei gezwungen, permanent auf neue Entwicklungen zu reagieren. "Wir rennen hinterher", sagte Wiemken. Es sei notwendig, wieder nach vorne zu kommen und die Veränderungen zu steuern.

Angesichts "disruptiver Techniken" sei eigentlich ein time-out angesagt, schlug Wiemken vor, um in Ruhe darüber nachzudenken, was wir damit anfangen wollen. Doch solange es keinen international akzeptierten Schiedsrichter gibt, der so eine Denkpause gewähren könnte, bleibt wohl nur, sich auf die veränderten gesellschaftlichen Entscheidungprozesse einzustellen. Mit Ausnahme vielleicht der Cyberkriegführung sei "Hightech keine Domäne der Militärtechnik mehr".

Für Wiemkens Thesen hatte die Konferenz reichlich Anschauung geboten. So lassen sich zur Abwehr von Drohnenangriffen Aspekte der inneren und äußeren Sicherheit ebenso wenig auseinanderhalten wie etwa bei der Untersuchung von Sprengfallen, mit denen Polizei und Militär gleichermaßen konfrontiert sein können. Für beide kann es interessant sein, genauere Informationen über den Inhalt eines verdächtigen Gegenstands zu erfahren. Bildgebende Verfahren stoßen hier an ihre Grenzen, da mit ihnen zwar die Form der verborgenen Objekte bestimmt werden kann, sich aber nur wenig über ihre Beschaffenheit ermitteln lässt. Dominik Wild entwickelt daher an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg ein Laserbohrverfahren, bei dem zunächst ein 150 Mikrometer großes Loch in die Hülle einer möglichen Bombe gebrannt wird, um dann den Inhalt spektroskopisch zu bestimmen.

Der Laser darf natürlich nicht den Sprengstoff zünden. Bei militärisch verwendeten sekundären Sprengstoffen sei das kein Problem, sagt Wild. Peroxide und "hausgemachte" Sprengstoffe wie TATP, AN oder Ureanitrat seien dagegen empfindlicher. Ein Test mit TATP sei jedoch bereits gut gelungen. Wild arbeitet mit einem gepulsten 1,4-Watt-Laser mit 1064 Nanometern Wellenlänge, der derzeit aus einem Abstand von 15 Zentimetern auf das zu untersuchende Objekt gerichtet wird. Für die Vermeidung einer Zündung sei aber nicht allein die Leistung des Lasers entscheidend, sondern auch die Pulsung und andere Parameter.

Frank Fuchs vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik (IAF) richtet seinen Laser aus einem größeren Abstand von bis zu 30 Metern auf die Untersuchungsobjekte. Er arbeitet daher mit Wellenlängen im ferneren Infrarot zwischen 3,7 und 12 Mikrometern, um das atmosphärische Fenster in diesem Spektralbereich zu nutzen. "Außerdem haben fast alle organischen Substanzen in diesem Bereich charakteristische Muster", sagt er. Das ist wichtig, geht es bei seinen Forschungsvorhaben doch um die abbildende Ferndetektion möglichst aller Explosivstoffe mittels Rückstreuspektroskopie.

22 Meter beträgt die Entfernung, aus der Frank Duschek am DLR-Institut für Technische Physik den Laser auf seine Proben richtet. Hier geht es nicht um Sprengstoffe, sondern um die Erkennung bio-organischer Gefahrstoffe mittels laserinduzierter Fluoreszenz. Die Moleküle werden durch den Laserbeschuss mit zwei verschiedenen Wellenlängen (280 und 355 Nanometer) zur Fluoreszenz angeregt. Aus den dabei entstehenden spektralen Mustern wie auch der Abklingdauer der Fluoreszenz lassen sich Rückschlüsse auf die Art der Stoffe ziehen. Die Substanzen lassen sich zwar nicht eindeutig identifizieren, so Duschek, aber die Unterscheidung zwischen Pflanzen, Ölen, Chemikalien oder Bakterien/Pilzen/Enzymen/Aminosäuren gelinge mit mehr als 92 Prozent Treffsicherheit.

Der Einsatz von Strahlenwaffen muss also nicht zwangsläufig Zerstörungen bewirken. Er kann sie unter Umständen auch verhindern. (anw)