Digitale Signatur mit Hindernissen

Intern ja, extern nein: Im Unterschied zu verwaltungsinternen Vorgängen gibt es noch einige Hürden bei der elektronischen Erledigung von Behördengängen.

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Von
  • Richard Sietmann

Vor einem Jahr besiegelten Niedersachsens Finanzminister Heinrich Aller und Telekom-Vorstand Josef Brauner den Vertrag, der die Einführung des elektronischen Signierens in der niedersächsischen Finanzverwaltung regelt – dem Ereignis angemessen rechtskräftig mit einer digitalen Signaturkarte. Heute sind im Land der Welfen bereits 9.000 Bedienstete des Haushalts-, Rechnungs- und Kassenwesens mit solch einer elektronischen Unterschriftskarte ausgestattet; bis Ende des Jahres werden es rund 15.000 sein.

Rund 700 Dienststellen, in denen Landesmittel eingenommen, überwiesen und ausgegeben werden, wickeln die Zahlungsvorgänge nicht mehr in Papierform, sondern am PC vollelektronisch ab. Das verkürzt die Bearbeitungszeit einer herkömmlichen Kassenanordnung, die von einer autorisierten Amtsperson handschriftlich unterschrieben werden musste, bevor sie auf den Dienstweg ging, von zehn auf ein bis zwei Tage. Diese Zahlen gab Niedersachsens Finanzminister auf der OmniCard 2001 bekannt, der dreitägigen Konferenz mit begleitender Ausstellung, die derzeit in Berlin stattfindet. An der Konferenz nehmen rund 300 Entwickler und Anwender intelligenter Chipkarten ("SmartCards") teil.

Aller machte keinen Hehl daraus, welche Kräfte ihn treiben. Angesichts der notwendigen Konsolidierung der überschuldeten öffentlichen Haushalte bei gleichzeitigen Steuerentlastungen zur Belebung der Konjunktur stellt sich ihm schon die Frage, wie viel die staatliche Verwaltung künftig noch kosten darf und welchen Beitrag die Informationstechnik zur Kostendämpfung leisten kann, erklärte der Minister. Bei einem Haushaltsvolumen von 42 Milliarden Mark erwartet er auf Grund der Steuerreform allein für dieses Jahr "Mindereinnahmen von rund 1,8 Milliarden Mark". Da sind die 100 Mark pro Arbeitsplatz und Jahr für die Software und die von der Telekom-Tochter Telesec erbrachten Zertifikatsdienstleistungen sowie die einmaligen Hardware-Aufwendungen für den Kartenleser an jedem Arbeitsplatz gut angelegt. "Die Kosten der digitalen Signatur", meinte Aller, "bleiben ungefähr in der Größenordnung einer privaten Kreditkarte."

Im Rahmen des landesweiten Projekts Finanzamt 2003 hofft Aller, den bislang verwaltungsinternen Einsatz der Chipkarten auch auf die Kommunikation mit den Bürgern auszuweiten. Schon heute können über das ELSTER-Verfahren ELektronische STeuerERklärungen erstellt und eingereicht werden. Doch ohne eine verbindliche handschriftliche Signatur auf einem gesonderten Papierformular mit einer Kurzfassung der Erklärung sind diese noch nicht rechtsgültig. Diesen Medienbruch würde die Signaturkarte in der Hand des Steuerpflichtigen vermeiden – ein Massenmarkt, auf den die SmartCard-Hersteller schon lange warten.

Doch ob den Bürgern die von einem TrustCenter quasi als Notariat beglaubigte Signaturkarte 50 oder 80 Mark jährlich (für das Zertifikat) wert ist, zuzüglich der etwa 120 Mark für die Software und den Kartenleser, nur um den Postweg im Rechtsverkehr mit Behörden oder Banken zu vermeiden, darüber gab es auf der OmniCard doch erhebliche Zweifel. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Bürger das bezahlt", schätzt Peter Mandos, Geschäftsführer der Berliner D-Trust GmbH, einer TrustCenter-Tochter der Bundesdruckerei, die Lage realistisch ein. Und auch Sabine Kockskämper, Geschäftsführerin des TC TrustCenter, einem Gemeinschaftsunternehmen der vier größten deutschen Privatbanken, befürchtet, "diese Geschichten müssen von denjenigen gesponsert werden, die den Nutzen davon haben".

"Eine Behörde", lautet indes Finanzminister Allers Credo, sei "erst dann ein kundenfreundliches Dienstleistungsunternehmen, wenn es seine Dienstleistungen auch online bereitstellen kann." Die ganz normale Kundenfreundlichkeit im persönlichen Kontakt zwischen Bürgern und öffentlich Bediensteten war ihm in der Begeisterung für die kostensparende neue Technik offenbar aus dem Blickfeld geraten. (Richard Sietmann) / (jk)