EU-Kartellrechtsuntersuchung: Geoblocking grassiert im Netz

Die EU-Kommission hat erste Ergebnisse ihrer kartellrechtlichen Prüfung des E-Commerce-Sektors veröffentlicht. Geoblocking ist demnach gerade bei Anbietern digitaler Inhalte sehr weit verbreitet und "alltäglich".

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EU-Kartellrechtsuntersuchung: Geoblocking grassiert im Netz

(Bild: EU-Kommission)

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Von ihrem Ziel, einen digitalen Binnenmarkt zu schaffen, ist die EU-Kommission noch weit entfernt. Dies bestätigen jetzt erste Resultate der kartellrechtlichen Untersuchung des elektronischen Handels, die die Kommission im Mai einleitete. Online-Verkäufer grenzen demnach Kunden aus anderen Mitgliedsstaaten im großen Maß aus

Für die Analyse hat die Kommission insgesamt 1400 Anbieter digitaler Online-Inhalte befragt. 68 Prozent von ihnen gaben an, Nutzern aus anderen EU-Ländern den Zugang zu ihren Diensten durch Geoblocking zu verwehren. Dafür werten sie in der Regel deren IP-Adresse aus, durch die der Standort eines Rechners oder Smartphones ermittelt werden kann. 59 Prozent davon beteuerten, dass sie dazu vertraglich durch die Rechteinhaber verpflichtet seien. Hauptsächlich gehe es dabei um TV- und Kinofilme sowie Sportsendungen.

Zudem setzen 38 Prozent der beteiligten Einzelhändler, die Gebrauchsgüter wie Bekleidung, Schuhe, Sportartikel oder Unterhaltungselektronik über das Internet verkaufen, auf Geoblocking. Sie weigern sich meist schlicht, Ware ins Ausland zu liefern. Teils lehnen sie es auch ab, Zahlungen aus anderen Mitgliedsstaaten zu akzeptieren. Seltener ist hier die Praxis verbreitet, Nutzer gar nicht auf ihre Webseite zu lassen oder auf andere Plattformen weiterzuleiten. Die Mehrzahl der Fälle beruht laut der Kommission "auf einseitigen Geschäftsentscheidungen" der Verkäufer, 12 Prozent der Händler brächten aber auch vertragliche Schranken für grenzüberschreitenden E-Commerce von Produkten ihres Sortiments ins Spiel.

Die Ergebnisse wertet die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager nicht automatisch als Kartellrechtsverstoß. Sie unterstrich aber zugleich: "Wenn Geoblocking auf Vereinbarungen zurückzuführen ist, müssen wir genau prüfen, ob ein wettbewerbsschädigendes Verhalten vorliegt, dem wir mit den Instrumenten der Wettbewerbspolitik begegnen können."

Die Erkenntnisse will die Kommission nun im Verlauf der weiteren Sektoruntersuchung genauer beleuchten. Sie prüft in einem Kartellverfahren bereits die Lizenzverträge europäischer Pay-TV-Sender mit US-Filmstudios auf Bestimmungen, die EU-Bürger daran hindern, Pay-TV-Dienste grenzüberschreitend zu nutzen. Parallel sollen die Resultate in die Strategie für einen digitalen Binnenmarkt einfließen, mit der Hindernisse für den grenzüberschreitenden elektronischen Handel abgebaut werden soll. Eine Verordnung zur "grenzüberschreitenden Portabilität" von Inhaltsdiensten im Internet hat die Kommission im Dezember auf den Weg gebracht. (anw)