Noch ein weiter Weg zum E-Government

Der Einsatz von moderner Informationstechnik in der Verwaltung soll zu mehr Bürgernähe und Transparenz führen.

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Von
  • Matthias Schröter
  • dpa

Einen Personalausweis online bestellen, die Einkommenssteuererklärung übers Datennetz verschicken oder die standesamtliche Trauung per Web-Cam weltweit übertragen lassen: Das sind die ersten Signale in Deutschlands Behörden für eine grundlegende Umwälzung der Verwaltung.

Im Jargon spricht man dabei von "E-Government", was für "Electronic Government" steht, die elektronische Verwaltung. Sie soll mehr Bürgernähe bringen. Eckard Schindler, Experte bei der Unternehmensberatung KPMG in Hamburg, sagt: "Das wird die Verwaltungen ähnlich verändern, wie bei der Einführung der elektronischen Datenverarbeitung."

E-Government steht für die Modernisierung der Verwaltung mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechniken. Besserer Kontakt mit den Bürgern und der elektronische Austausch von Informationen und Dokumenten zwischen Behörden gehören dazu. Jörn von Lucke, Wirtschaftsinformatiker beim Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung in Speyer, beschreibt das elektronische Verwalten unter anderem so: "Wer per E-Mail mit einer Behörde Kontakt aufnimmt, der kommt auch nicht in die Gefahr, von unfreundlichen Beamten schlecht bedient zu werden."

Inzwischen hat fast jede Kommune ein Internetangebot, allerdings bieten nur wenige echte Transaktionen an. Denn ohne eine Unterschrift im Amt bekommt man selbst beim fortschrittlichen Mannheimer Internetauftritt keinen Personalausweis. Allerdings können die Mannheimer ihren Antrag am heimischen PC ausfüllen und der Stadt per E-Mail zuschicken. Mit einem Sachbearbeiter wird anschließend noch ein Termin ausgemacht – zur Unterschrift und Fotoübergabe. Lange Wartezeiten in den Amtsstuben entfallen dadurch.

Richtig funktionieren wird E-Government in der Bundesrepublik aber erst, wenn "eine Online-Signatur als gleichberechtigt mit einer persönlichen Unterschrift anerkannt wird", sagt von Lucke. Erst am 16. August verabschiedete das Bundeskabinett einen Entwurf für ein Gesetz zur elektronischen Unterschrift. Es soll 2001 vom Bundestag verabschiedet werden. Dann brauchen die Mannheimer für einen Personalausweis gar nicht mehr in die Amtsstube.

In einer Studie hat Experte Schindler Behörden der Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen zur Entwicklung des E-Government befragt: Beinahe zwei Drittel erwarten davon eine bessere Zusammenarbeit in den Verwaltungen sowie mehr Bürgernähe. 60 Prozent fühlen sich allerdings noch als Nachzügler. Außerdem fand er heraus, dass bislang lediglich in 21 Prozent der Behörden alle Mitarbeiter einen Internetzugriff haben.

Schindler glaubt nicht, dass der persönliche Kundenkontakt ganz wegfällt. Es wird ganz normale Amtsbesuche geben – aber auch Telefonate, Video-Konferenzen oder ausschließlich der Weg per E-Mail. Er erwartet, dass die Bürger in drei Jahren deutliche Verbesserungen im Behördenverkehr genießen. In zehn Jahren werde sich die Struktur der Verwaltung dann auch verändert haben.

Eine Poststelle braucht die Stadtverwaltung dann nicht mehr. Faxgeräte und die letzten Schreibmaschinen werden abgeschafft. Alle Vorgänge werden über zentrale Computerstationen laufen. Die Selbstverantwortung der Bürger wachse, meint von Lucke. Im Datennetz könnten sie alle Informationen abrufen und seien nicht auf die Auskunft der Beamten angewiesen.

Deutschland sieht der Verwaltungswissenschaftler von Lucke in der E-Government-Entwicklung noch nicht weit. In England könne man inzwischen eine Lohnsteuererklärung elektronisch abgeben. Wer diesen Weg wähle erhalte vom Staat als Anreiz sogar zehn Pfund (rund 30 Mark) Rabatt. Zwar ist auch in Deutschland die elektronische Steuererklärung möglich, doch müssen parallel dazu wie bisher die Belege und Formulare an das Amt geschickt werden. (Matthias Schröter, dpa) (chr)