Werbeblocker: Eyeo gewinnt vor Gericht gegen "Süddeutsche Zeitung"

Zum fünften Mal hat ein Landgericht entschieden, dass der Vertrieb des Werbeblockers Adblock Plus legal ist. Derweil sperren immer mehr Verleger Nutzer von Werbeblockern aus.

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Werbeblocker: Eyeo gewinnt vor Gericht gegen "Südddeutsche Zeitung"

(Bild: c't)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Torsten Kleinz

Die Zivilkammer des Landgerichts München hat vergangene Woche eine Klage des Süddeutschen Verlags gegen die Kölner Firma Eyeo abgewiesen, mit dem dieser den Vertrieb des Werbeblockers Adblock Plus unterbinden wollte. Der Verlag wirft Eyeo vor, den Vertrieb von Werbung auf der Website süddeutsche.de gezielt zu behindern und so jährlich Schäden im "mittleren sechsstelligen Euro-Bereich" zu verursachen. Eyeo greife in den impliziten Vertrag zwischen Verlag und Leser ein, der die Anzeige kostenlos abrufbarer Artikel vorsehe.

Eyeo hingegen meinte, seine Software diene dazu, dass die Nutzer ihre informationelle Selbstbestimmung durchsetzen könnten. Nur wenn sie Adblocker und ähnliche Programme verwenden, könnten sie sie verhindern, dass die Werbeindustrie sie trackt oder Webserver schädliche Programme aufspielten. Zudem stehe es dem Verlag frei, seine Inhalte anders zu monetarisieren. Eyeo sei auch nicht daran interessiert, die Werbefinanzierung komplett zu unterbinden, da das Unternehmen in seinem Acceptable-Ads-Programms an den Werbeumsätzen der Vertragspartner beteiligt sei.

Die Richter wollten der Argumentation des Verlags nur teilweise folgen. Zwar stellten sie in der heise online vorliegenden Urteilsbegründung (Aktenzeichen 33 O 5017/15) fest, dass Eyeo und der Süddeutsche Verlag tatsächlich konkurrierten, wodurch nach dem Wettbewerbsrecht geklagt werden könne – dieser Punkt war bei vorangegangenen Klagen anderer Medienhäuser strittig. Doch gleichzeitig sah das Landgericht keine gezielte Behinderung des Süddeutschen Verlags. Ein gebe auch kein faktisches Vertragsverhältnis, das den Leser verpflichte, Werbung anzuschauen.

Auch einen tiefen Eingriff in die Kommunikation zwischen Verlag und Lesern wollten die Richter nicht feststellen. So hatte der Verlag argumentiert, dass der Werbeblocker nicht nur Werbung, sondern auch Copyright-Hinweise und Links auf das Impressum entfernt habe. Dies erklärte Eyeo damit, dass die betroffenen Bereiche vom Verlag technisch als Werbung gekennzeichnet gewesen seien. Die Filter seien ohnehin korrigiert worden.

Die Entscheidung kommt nicht überraschend. Zuvor hatten bereits Landgerichte in Hamburg, Köln und München für Eyeo entschieden. Mehrere Medienhäuser haben bereits angekündigt, den Streit durch den Instanzenweg zu führen. Sie erhoffen vom Bundesgerichtshof eine Korrektur der Entscheidung in Sachen "Fernsehfee", durch die Werbeblocker prinzipiell für legal erklärt wurden. Auch auf anderer Ebene gehen Medienhäuser gegen Adblocker vor. Der Verlagskonzern Axel Springer hatte zuletzt zumindest die Verbreitung von Filterregeln unterbinden lassen, die die Umgehung der auf bild.de eingesetzten Adblocker-Sperre ermöglichen.

Immer mehr Webseiten greifen wegen der zunehmenden Verbreitung von Adblockern und Anti-Tracking-Techniken mittlerweile zu technischen Gegenmaßnahmen: Sie sperren die Nutzer solcher Programme von ihren kostenlosen Angeboten aus oder fordern sie zumindest auf, bestimmte Websites freizuschalten. So haben französische Verleger eine gemeinsame Aktion zur Blockade von Adblockern gestartet, schwedische Verleger wollen im Sommer nachziehen. Auch Paywalls werden immer verbreiteter. So sind seit vergangenem Jahr auch viele Inhalte auf süddeutsche.de zahlenden Kunden vorbehalten. (anw)